Aber vielleicht beruhigt dich ja bis dahin die Tatsache, dass dieses – wie auch die meisten Schiffe unserer Flotte – von gemischten Besatzungen aus Larojanern, Lemurern und Terranern geflogen werden. Beispielsweise sind es derzeit zwei terranische Piloten, die diesen Riesenkasten im Moment steuern.“
„Darauf bin ich schon sehr gespannt, Thure. Jedoch ist dein Schiff, das den Namen unserer Sonne trägt, ganz anders geformt als dieser Raumkreuzer. Das kann ich schließlich auf den seitlichen Monitoren und der Risszeichnung dort an der Wand erkennen.“
„Das stimmt, Admiral. Meine SOL hat die Form einer kleinen Kugel und ihr Durchmesser beträgt nur 100 Meter. Und es gibt noch eine ganze Reihe von Schwesterschiffen, die inzwischen zu einem 1.500 Meter durchmessenden Mutterschiff namens FREYA gehören“, erklärte der Kommandant der SOL sogleich.
„Danke, dass ihr uns so umfassend Auskunft geben wollt. Mir scheint, dass wir sehr vieles aufzuholen und zu lernen haben, worauf ich mich schon sehr freue. Aber vorher muss ich mich wohl doch ein wenig ausruhen“, erwiderte die inzwischen immer müder wirkende Anführerin der Aquanauten jetzt mit leiser Stimme.
„Ja, das musst du wirklich“, ergriff jetzt Botschafterin Rhea das Wort. „Außerdem erreichen wir in Kürze unser Ziel. Und für alles andere ist später noch ausreichend Zeit. Ich bin mir sicher, dass ihr euch rasch auf TERRA einleben werdet. Und wenn ihr erstmal eure Hypnoschulungen hinter euch habt, werdet ihr zudem über das zukünftig notwendige Wissen verfügen, nach dem du und deine Leute so dringend streben.
Keine Angst, die von mir gerade erwähnte Hypnoschulung ist nur eine von den Larojanern erfundene Methode, mit der ihr in kurzer Zeit alles Wichtige lernen könnt“, fuhr Rhea lächelnd in Aylas Richtung fort, die bei den letzten Worten der mandoranischen Botschafterin jedoch bereits erschöpft in ihrem bequemen Kontursessel eingeschlafen war.
Kapitel 6 Ein neuer Anfang
Zwei Tage später erhielten die dank der Mediziner mittlerweile körperlich gestärkten und ausgeruhten Aquanauten im neu errichteten Sanitätszentrum des Raumhafens Nellis Besuch. Und, wie schon von Senior Commander Niome-Pan vermutet, ließ es sich der JDEF-Oberbefehlshaber Kendo-Khar nicht nehmen, die wieder ins Leben zurückgekehrten Aquanauten persönlich zu begrüßen.
„Herzlich willkommen auf dem terranischen Festland“, sagte er, während er freundlich in die Runde der im großen Konferenzraum des Sanitätszentrums versammelten 80 Aquanauten blickte, die auch an diesem Tag wieder ihre dunkelblauen Ganzkörperschwimmanzüge aus einem neoprenartigen Material trugen. Nur hatten sie diesmal – wohl der recht kühlen Temperaturen wegen – zusätzlich noch hüftlange Stoffjacken übergestreift, an deren Krägen unterschiedliche, ziemlich winzige Metallabzeichen unter einem goldenen Miniaturdreizack befestigt waren.
„Wie mir die behandelnden Ärzte heute Morgen mitgeteilt haben, geht es euch den Umständen entsprechend schon wieder besser, auch wenn ihr euch in den kommenden Wochen noch weiter erholen und nicht überanstrengen solltet. Das gilt übrigens auch für die heutige Unterredung. Falls es euch also zu viel wird, sagt es bitte. Dann brechen wir nämlich ab und setzen unsere Gespräche zu einem späteren Zeitpunkt fort.
Darüber hinaus hoffe ich sehr, dass ihr die per Hypnoschulung übermittelten ersten Informationen zur Menschheitsgeschichte inzwischen einigermaßen verdaut habt. Ich weiß aber auch, dass ihr euch bei uns noch immer ein bisschen verloren fühlt und sicher noch viele Fragen offengeblieben sind.
Deshalb werde ich bei diesem ersten Zusammentreffen auch von einigen Angehörigen meiner JDEF begleitet, die ihr anschließend und in den kommenden Tagen noch in aller Ruhe ausfragen könnt. Von mir im Moment nur soviel – ich bin sehr froh, dass wir euch gesund aus euren Kältetanks befreien konnten. Denn wie mir unsere Ingenieure inzwischen mitgeteilt haben, hätte die zwar im Moment noch intakte energetische Versorgung eurer Überlebenseinrichtungen bereits in wenigen Monaten versagt.
Doch jetzt würde ich zuerst einmal gerne wissen, wer von euch Admiral Ayla ist. Ich habe mir nämlich mit den hier Anwesenden einige Gedanken darüber gemacht, wo wir euch vielleicht künftig unterbringen könnten. Natürlich nur, wenn ihr dem von meinen engen Freunden Fürstin Mora und ihrem Ehemann Fürst Alex ausgearbeiteten Vorschlag zustimmt, über den wir später noch ausführlicher reden müssen.“
„Ich bin Ayla – und das ist mein Stellvertreter, Admiral Kami“, sagte eine junge Frau, die im selben Moment von ihrem Platz am langen Versammlungstisch aufstand und auf den Mann neben ihr zeigte. Ähnlich wie ihre Begleiterinnen und Begleiter trug sie eine kupferfarbene Kurzhaarfrisur, die sehr gut zu ihrer alabasterfarbenen Haut und zu ihren moosgrünen Augen passte.
Und wie alle anderen Aquanauten war sie mit einem enganliegenden und ziemlich körperbetonenden dunkelblauen Stretchanzug aus einem synthetischen Material bekleidet. Als der Großfürst der hübschen Admiralin entgegenkam und ihre gut geschnittenen Gesichtszüge betrachtete, ergriff Ayla spontan Kendos Hand.
„Oberbefehlshaber, ich danke Ihnen sehr dafür, dass wir von Ihren Frauen und Männern gerettet und bislang so ausgezeichnet betreut wurden. Auch wenn meine Kameraden und ich eigentlich darauf gehofft hatten, dass die Nachfahren unserer Auswanderer diejenigen wären, die als Erste an unsere Schleusen klopfen würden. Jedoch weiß ich nach der freundlicherweise gewährten ersten Informationsschulung auch, dass dies wohl eher ein Wunschgedanke war.“
„Gut, Admiral Ayla. Aber eines sollten wir – euer Einverständnis vorausgesetzt – ab sofort gleich mal weglassen. Wir gehen hier alle eher unkonventionell miteinander um – und daher bitte ich euch alle, auf die unter Freunden unüblichen steifen Anreden zu verzichten. Ich hoffe nämlich sehr, dass auch ihr unsere Freunde werden wollt.“
Als die zustimmend nickende Admiralin wieder Platz genommen hatte, fuhr der larojanische Großfürst mit einem verhaltenen Lächeln im Gesicht fort:
„Also, ich fang‘ dann schon mal mit meiner Vorstellung an. Ich heiße Kendo-Khar, meinetwegen dürft ihr mich aber auch als „Boss“ oder als „Alter Krieger“ bezeichnen, wie das meine liebe Freundin Mora hin und wieder tut. Ihren Ehemann Alex habt ihr ja bereits kennengelernt. Und im Moment sehe ich, dass sich seine Gattin Mora kaum noch bremsen kann, um persönlich mit euch zu reden. Also Fürstin, komm nach vorne und leg los.“
„Jaja, Boss – du kannst es ja nicht lassen, mir meine Sünden immer wieder aufs Brot zu schmieren. Und als „Alten Krieger“, habe ich dich bisher höchstens mal in deiner Abwesenheit bezeichnet. Aber gut, ich bin’s ja gewohnt, bei euch immer den Witzbold geben zu müssen. Aber, wie sagtest du neulich doch so treffend: Das dient der Motivation und ...“
Noch ehe Mora Kranz fortfahren konnte, wurde sie in diesem Augenblick vom glucksenden Lachen der Admiralin unterbrochen, das von einem schmunzelnden Raunen ihrer Leute begleitet wurde.
„Tut mir leid, Fürstin, aber sowas sind wir nicht gewohnt. Trotzdem finde ich es sehr erfrischend, wie ihr miteinander Umgang pflegt. Bei uns in TERRA AQUA wäre es nämlich undenkbar gewesen, derart mit einem Vorgesetzten zu sprechen.“
„Dann ist’s ja gut, dass dir mein Anschauungsunterricht so gut gefallen hat. Doch nun zum Thema Unterbringung, das mein befehlshabender Oberschlaumeier soeben erwähnte. Der von meinem Mann und mir entworfene Plan wird allerdings nur funktionieren, wenn ich noch ein paar Parameter zu eurer früheren Lebensweise erfahre. Darf ich euch also später ein paar diesbezügliche Fragen stellen?“
„Das geht in Ordnung, Fürstin. Frag‘ uns ruhig. Wir werden dir die gewünschten Informationen geben“, entgegnete Ayla sofort, wobei sie noch immer erfolglos versuchte, wieder ein halbwegs ernstes Gesicht aufzusetzen.
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