Wir kommen unbewaffnet und werden auch unsere Kampfroboter vor der Schleuse zurücklassen. Lass uns also drinnen miteinander weiterreden und die Lebenserhaltungseinrichtung deines biologischen Körpers überprüfen“, funkte jetzt Oberst Thure-Pan zurück, wobei es ihm noch immer sichtbar schwerfiel, das gerade Gehörte gedanklich zu verdauen.
Nachdem sich das Holobild in diesem Moment verflüchtigte, öffnete sich gleich danach das zwischen den Felssäulen befindliche Tor, das sich bei näherem Hinsehen als Eingang in eine Druckschleuse entpuppte.
„Tretet ein, euch wird nichts geschehen“, hörten die beiden Lemurer die Aquanautin jetzt auf der Kom-Frequenz ihrer Funkgeräte. „Wartet in der Schleuse, bis der Druckausgleich hergestellt und das Meerwasser abgepumpt ist. Danach werde ich das zweite Schott für euch öffnen und unseren inneren Schutzschirm kurz deaktivieren.“
Als Thure-Pan und seine Schwester wenig später durch das inzwischen zur Seite gefahrene Innenschott traten, baute sich das Hologramm der Aquanautin erneut vor ihnen auf.
„Ihr könnt eure Druckanzüge jetzt ablegen. Das Luftgemisch in dieser Anlage ist für euch atembar. Und da kommen auch schon meine Medobots, die euch kurz untersuchen werden. Habt keine Sorge – sie werden euch nichts tun.“
„Ist das zu fassen?“, murmelte Thure-Pan, während er genauso, wie seine Schwester zuließ, dass ihm die herbeigekommenen Roboter eine metallisch glänzende Haube aufsetzten, die offensichtlich Gedankensignale erfassen und drahtlos an einen Rechner übertragen konnte.
„Ja, Bruder. Das, was wir hier vor uns sehen, ist tatsächlich kaum zu glauben“, erwiderte Niome-Pan, als sie sich während der Prozedur in dem nur schwach erhellten und offensichtlich als Kommandozentrale genutzten Raum umschaute.
„Diese Haube scheint so etwas Ähnliches wie ein Hirnwellendetektor zu sein. Es prickelt zwar ein bisschen, aber ich vertraue der Admiralin, dass man uns damit nicht vorsätzlich verletzen will. Dennoch sollten wir Viktor und den anderen möglichst rasch Bescheid geben, damit niemand auf die Idee kommt, uns heraushauen zu müssen.“
„Sieh mal einer an – anscheinend scheint ihr Menschen von heute der Gewaltanwendung gegenüber immer noch nicht völlig abgeneigt zu sein. Um Missverständnissen vorzubeugen, gestatte ich euch deshalb gleich, Verbindung mit euren Leuten aufzunehmen. Zumal mir die Computerauswertung eurer Gedanken gezeigt hat, dass ihr offenbar die Wahrheit sprecht“, wandte sich das Hologramm jetzt wieder an die beiden Besucher.
„Wie viele von euch sind hier unten noch als biologische Lebensformen konserviert?“, fragte Senior Commander Niome-Pan, nachdem die Medo-Roboter sie und ihren Bruder wieder von den silbern glänzenden Kopfhauben befreit hatten. Dann fügte sie zur Erklärung hinzu:
„Wir machen uns nämlich Sorgen, dass ihr diese Einrichtung nicht mehr allzu lange mit Energie versorgen könnt. Und um dieses Problem zu beheben und eure biologischen Lebensformen wiederzuerwecken, werden wir Hilfe durch unsere Ingenieure und Mediziner herbeirufen müssen.“
„Im Prinzip stimmt zwar, was du sagst, Niome – aber noch reicht die Energie völlig aus. Zumal wir genau aus diesem Grund die äußeren Feldschirme unseres Habitats schon vor langem abgeschaltet und auf diese Weise den Energieverbrauch drastisch gedrosselt haben.
Zu deiner Frage nach unserer Anzahl – hier unten befinden sich außer mir noch weitere 79 Aquanauten der früheren Kernbesatzung, die seit langer Zeit auf ihre Wiedererweckung durch unsere ehemals in den Weltraum abgereisten Schwestern und Brüder warten.
Stattdessen seid nun ihr zu uns gekommen. Und daher halte ich es für erforderlich, dass wir von Angesicht zu Angesicht mit euch reden. Außer für meinen biologischen Körper, habe ich deshalb soeben die Wiederbelebungsprozedur von drei weiteren meiner Gefährten eingeleitet. Nur wird deren Wiedererweckung ein wenig Zeit in Anspruch nehmen.
Es wäre jedoch hilfreich, wenn ihr bis dahin eure Techniker und Mediziner herbeirufen könntet. Wir verfügen bei uns nämlich nur über wenige Technikandroiden und nur einen Arzt, die das komplizierte Erweckungsprogramm nicht alleine steuern können.“
„Das machen wir gerne, Admiral Ayla – ich kümmere mich sofort darum“, entgegnete Oberst Thure-Pan umgehend. „Und ich freue mich schon darauf dich und deine Kameraden persönlich zu treffen“, ergänzte seine Schwester Niome gleich anschließend, ehe sie noch hinzufügte:
„Ich sende jetzt eine unverschlüsselte Nachricht per Hyperfunk an unsere beiden Schiffe – du kannst also mithören und du brauchst auch den Schutzschirm deiner Zentrale nicht erneut einzuschalten. Wir haben daheim auf unserer Basis an Land ein Lazarettschiff in Bereitschaft, von dem ich gleich Hilfe anfordern werde.“
Schon kurz darauf alarmierte der inzwischen von Niome-Pan informierte und danach auf sein Schiff zurückgekehrte Viktor Thule die JDEF-Einsatzbasis Amerika, wo er sich vom diensthabenden Operationsoffizier direkt zu General Blackhorse durchstellen ließ.
„Medizinischer Notfall, Bart. Wir haben auf dem früheren Raumhafen tatsächlich im Kälteschlaf befindliche Überlebende einer von den alten Lemurern abstammenden Spezies gefunden. Da die Wiederbelebungsprozedur in ihrem Habitat bereits angelaufen ist, benötigen wir schnellstens medizinische, aber auch technische Unterstützung. Dafür brauchen wir mindestens zwei Shuttles der THIKAL-X mit erfahrenen Ärzten und Energietechnikern hier bei uns vor Ort.
Außerdem wäre ich froh, wenn ihr Alex Kranz und vielleicht noch ein paar andere Teleporter mitbringen könntet – die Beiboote der THIKAL-X sind für einen Unterwassereinsatz in rund 4.000 Meter Tiefe ja nicht ausreichend gehärtet. Ein Transport der Leute, die sich selber Aquanauten nennen, wird daher ohne Teleporter nur schwer durchzuführen sein.“
„Verstanden, CONDOR-X. Ich veranlasse sofort alles Nötige. Zudem rufe ich bei Alex daheim an und bitte ihn um seine Begleitung. Außerdem kommen auch meine Verlobte Amal und ich selber zu euch raus.
Wir nehmen die THIKAL-X als Ganzes, auch wenn die Zahl der zu betreuenden Personen nicht allzu groß ist. Wird allerdings noch ‘ne Zeitlang dauern, bis wir bei euch eintreffen.“
„Okay, General. Der von unserer holografischen Ansprechpartnerin Admiral Ayla eingeleitete Erweckungsprozess der ersten drei Aquanauten wird sich noch einige Stunden hinziehen. Ich begebe mich jetzt mit unseren Bordärzten und unseren Wissenschaftlern Jack Grant und Thomas Berger in die Anlage. Doch zuvor rufe ich noch die THERRA-X zurück. Meldet euch bei Kommodore Brigid-Thor, wenn ihr im Anflug seid. Wir sehen uns dann später.“
„Alles klar, Viktor. Wir beeilen uns – ich hoffe, dass wir in rund zwei bis drei Stunden bei euch sein können.“
So, wie angekündigt, erreichte die THIKAL-X gut zweieinhalb Stunden nach diesem offen geführten Gespräch das Einsatzgebiet.
Nachdem das riesige Schiff neben der Position der THERRA-X auf Warteposition ging, lief die vorgesehen Bergeoperation unverzüglich an. Zunächst transportierten der auf der THIKAL-X mitgereiste Alexander Kranz sowie die Mandoranerin Amal das medizinische und technische Personal inklusive Equipment in die Enklave der Aquanauten. Schließlich hoffte man, das Rätsel um die Aquanauten, nach deren Wiederbelebung möglichst rasch zu lösen.
Kapitel 5 Das Rätsel von TERRUM AQUA
In Begleitung von Professor Jack Grant und Dr. Herbert Schmidt, dem stellvertretenden Bordarzt der MHORA-X, rematerialisierte Alexander Kranz als Erster in der Unterwasserenklave.
Nur wenige Minuten später trafen die mit ihrem Linsenschiff eilends aus Washington herbeigeeilten und von der THIKAL-X aufgenommenen mandoranischen Botschafter Rhea und Ares mit ersten terranischen Ärzten und Ingenieuren ebenfalls per Teleportation in der Kommandoeinrichtung der Aquanauten ein.
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