Maria S.
Wenn nicht heute, vielleicht irgendwann
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Inhaltsverzeichnis
Titel Maria S. Wenn nicht heute, vielleicht irgendwann Dieses ebook wurde erstellt bei
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Kapitel 30
Kapitel 31
Kapitel 32
Kapitel 33
Kapitel 34
Impressum neobooks
Es war der erste kalte Tag in diesem Januar. Ich war noch unentschlossen, ob ich, wie manchmal, diesen Spaziergang genießen können würde oder ob es mir nach den ersten hundert Metern lästig fallen würde. Am Feldweg angelangt, hörte ich Stimmen. Sie kamen aus Richtung des letzten Hauses, etwa hundert Meter hinter mir liegend. Ich sah hin und erkannte die vermutlichen Hausbewohner. Den Mann hatte ich noch nie gesehen, die Frau jedoch schon das ein oder andere Mal, wenn ich, wie heute, mit dem Hund unterwegs war. Etwas irritiert setzte ich meinen Weg fort. Irritiert deshalb, weil ich mir seit Anbeginn meiner aktiven Gehirnaktivität nicht vorstellen kann, weshalb Menschen spazieren gehen, einfach so. Ich hasse diese Art von Zeitvertreib, es sei denn, sie erfüllt irgendeinen Zweck, z.B. eben dem Hund die nötige Bewegung zu verschaffen. Der Weg gabelte sich nun und während ich links an dem mit Bäumen bewachsenen Stück Land vorbei ging, nahm das Ehepaar den rechten Weg. Sie passierten das kleine bewachsene Stück Land rechts und bogen dann links ab. Ich ging nach rechts, sodass sich unsere Wege kreuzten. Ich gab meinen Hund Kommandos, damit er die Leute nicht belästigen würde. Einen kurzen Moment lang, sah ich mir die beiden an. Er, in den vierzigern, stattliche Figur, eher der helle Typ mit noch vollem, blonden Haar. Sie, im selben Alter, schlank, braune Kurzhaarfrisur. Soweit ich mich erinnere grüßte nur sie, rieb sich die Hände und murmelte etwas davon, dass es kalt sei und sie ihre Handschuhe vergessen hätte. Als sie an mir vorüber waren, sah ich ihnen noch kurz hinterher und fragte mich, wohin die beiden wollten. Der Weg, dem sie nun folgten, endete in etwa fünfhundert Metern. Als Einwohner dieses Ortes mussten sie das wissen. Eine Weile sinnierte ich über diesen Umstand vor mich hin. Gingen sie den Weg bis zum Ende und dann wieder zurück zum Haus? Das wäre ein kurzer Spaziergang, kaum der Mühe wert, sich überhaupt anzuziehen. Oder gingen sie den Weg bis zum Ende und dann zurück und dann weiter woanders lang. Auch dies schien mir abwegig. Dann hätten sie ja direkt einen anderen Weg nehmen können. Wie auch immer, ich konnte dieses Rätsel nicht lösen und beschäftigte mich noch kurz mit der Frau, der ich ja schon öfter begegnet war und der Tatsache, dass sie einen merkwürdigen Eindruck auf mich hinterlassen hatte. Sie war mir aufgefallen, auch heute wieder. Eine seltsame Stimme, die Klangfarbe heiser . Außerdem Unsicherheit und eine Art Vermeidungshaltung. Ich hatte das Gefühl, sie wollte von mir lieber nicht gesehen werden. Der Moment unserer kurzen Begegnung sollte schnell vorüber sein, dies wünschte sie. Da dieser Moment nun aber stattfand, dies war nun eben nicht mehr zu vermeiden gewesen, wollte sie sehr freundlich sein, mir positiv auffallen. Ich kann nicht erklären, wie ich darauf kam, aber es war so.
Ich setzte meinen Weg fort und wandte mich bald schon wieder meinen eigenen Gedanken zu: War es richtig, mein altes Auto wegzugeben und ein Neueres zu finanzieren? Die Wäsche, ich muss endlich die Wäsche zusammen nehmen und weg sortieren und dann mindestens eine weitere Maschine anstellen. Sonntag, und ich werde es wieder nicht schaffen, den ganzen Tag im Bett zu verbringen. Wann habe ich das zum letzten Mal gemacht, ich kann mich nicht erinnern. Welchen Weg gehe ich jetzt mit dem Hund weiter. Keine Option gefällt mir so richtig aber ich entscheide mich für den Waldweg. Ich fühle mich mutig genug dafür heute. Es läuft auch alles gut, sogar Stöckchen werfen gönnen wir uns heute, denn wir haben endlich mal Zeit dafür. Gringo sprintet los und schnappt sich den Stock, hält einen Moment inne. Der Moment, bevor er dann mit Stöckchen im Maul zu mir zurück sprintet. Doch das tut er nicht. Ich bin für einen kurzen Moment irritiert, dann bricht die wohl bekannte Panik in mir aus. Ich sehe mich um, dann Gringo sieht an mir vorbei, fixiert einen Punkt, der hinter mir ist. Doch da ist nichts. Ich rufe ihn, fordere ihn auf, weiter zu spielen. Es würde schon reichen, wenn er jetzt einfach nur zu mir käme. Doch er starrt einfach weiter und reagiert nicht. Die Nadel auf der Panikskala am Limit. Ich drehe mich um, und gehe in die andere Richtung, in Richtung Straße. Autos, Leben und Menschen. Seltsam ist, dass ich nie renne. Auch wenn mein Herz fast berstet und ich nur noch ein Rauschen in meinen Ohren höre. Ich renne nie, so lange ich nicht sehe, wovor genau ich überhaupt weg rennen könnte. Stattdessen mit ein paar schnellen, sicheren und zielgerichteten Bewegungen das Handy aus der Tasche und der Schutzhülle fummeln und schnell jemanden anrufen. Immerhin folgt mir jetzt wenigstens Gringo und er erschrickt, genau wie ich, als plötzlich rechte Hand hinter einem Hügel Vögel in die Luft schnellen. Ein paar Sekunden später steht meine Facetimeverbindung und das beruhigt mich sofort. Ich verlasse den Wald und werde hier so bald nicht mehr umher spazieren.
Den Rest des Tages verbrachte ich mit meiner Familie, bestehend aus meiner Tochter Alisar und meinem Mann Eliah. Gringo und zwei Katzen. Ein beschaulicher, ruhiger Sonntag. Eine glückliche Familie.
Der Frühling kam früh in diesem Jahr. Das kam mir gerade Recht: mein wetterbedingtes Stimmungstief hielt sich schon viel zu lange. Endlich wieder mehr Licht, mehr Bewegung, mehr frische Luft, mehr Grün. Ich mutierte so langsam wieder zu einem einigermaßen zufriedenem Menschen. Gut für mich und gut für meine Umwelt.
Bis Mitte Juni verlief mein Leben in gewohnten Bahnen: Arbeiten, Familie, Freunde, Einkaufen, Putzen. Mindestens einen Panikanfall im Monat. Ansonsten keine besonderen Vorkommnisse.
Die Frau und ihren Mann hatte ich seit Januar nicht wieder gesehen, obwohl ich täglich mit Gringo an ihrem Haus vorbei spazierte. Bis zu diesem Tag im Juni. Es war ein sehr heißer Tag, und ich hatte die Runde mit Gringo bewusst auf den späten Nachmittag verschoben, weil ich uns allen die beißende Mittagshitze ersparen wollte: Alisar, mir und auch dem Hund. Alisar, kurz vor ihrem 4.ten Geburtstag bestand darauf, ihr Laufrad mitzunehmen. Ich versuchte, ihr das Laufrad auszureden, weil ich aufgeschürfte Knie befürchtete. Eine lange Hose bei den Temperaturen undenkbar. Sie ließ sich selbstverständlich nicht davon abbringen das Laufrad mitzunehmen. Auf Grund der Wärme waren wir relativ langsam unterwegs und ich dachte schon, meine Sturzfantasien würden sich vielleicht doch nicht bewahrheiten. Und dann, auf Höhe genau des Hauses, die Straße leicht bergab, sodass Alisar mit viel Schwung an mir vorbei schoss, wurde meine Prophezeihung war. Alisar verlor die Kontrolle und fiel. Die Zeit nach dem Aufprall, ich lief zu ihr und zählte die Sekunden, die vergingen, bis ihr grelles Schreien erklang um abschätzen zu können, wie schwerwiegend dieser Sturz sein würde.
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