Diese war, durch den mittlerweile hoch am Himmel stehenden Vollmond, fast taghell erleuchtet. Schnell waren die trockenen Äste in der Mitte aufgeschichtet und Gigi holte einen Zettel aus ihrer Hosentasche. Auf diesem stand der, von den Frauen formulierte, Wunsch. Andri öffnete feierlich die Weinflasche und füllte die drei Pappbecher, die sie auf einen Baumstumpf abgestellt hatte mit dem dunkelroten Wein. Hastig tranken die drei den ersten Becher leer. Nachdem sie sich erneut zugeprostet hatten, genehmigten sie sich gleich noch einen weiteren Schluck, um sich in Stimmung zu bringen. Evi zündete ein Streichholz an und versuchte das Feuer zu entfachen. Der erste, der zweite und auch der dritte Versuch misslangen und das Gekichere begann von neuem. Sicher auch wegen des Rotweins, denn der begann so langsam seine Wirkung zu zeigen begann. "Na das fängt ja gut an." meinte Gigi und hatte zur Sicherheit ein Feuerzeug mitgebracht. Sie schnippte mit es an und hielt die Flamme an das Holz, das nun endlich anfing zu brennen. "So!" meinte Evi. "Das Hexenfeuer brennt!" und konnte vor lachen kaum stehen. Mutig durch den Alkohol, begann Evi sich die Kleider vom Leib zu reißen und meinte: "So Mädels, ihr auch! Wenn uns das Universum jetzt nicht bemerkt, dann weiß ich auch nicht weiter." Schließlich standen die drei splitterfasernackt Hand in Hand um das Feuer und Andri las feierlich den Herzenswunsch der Frauen laut vor: "Liebes Universum, bitte hilf uns. Wir wissen nicht mehr weiter. Erfülle uns den Wunsch nach einem Haus, in dem wir in Frieden leben können. In dem wir unsere Pläne, von Freiheit und Unabhängigkeit, ohne unsere Partner verwirklichen können. Das haben wir uns alle drei im Laufe unseres Lebens verdient. Wir möchten in unseren letzten Lebensjahren nur noch glücklich sein. So ist es und so soll es sein!" Dabei erhoben sie ihre Hände zum Himmel, so als würde der Wunsch von ihren nach oben gerichteten Handflächen aufsteigen. Plötzlich waren Sirenen zu hören und blaue Lichter blitzten zwischen den Bäumen auf. Erschrocken raffte das Trio seine Klamotten, die Flasche und die Becher zusammen. Sie begannen panisch durch den Wald zu laufen, bis hin zum See. Auf der andern Seite lag die Pension, in der sie für dieses Wochenende ihre Zimmer gebucht hatten. "Los wir schwimmen rüber, so können wir unsere Spuren verwischen." flüsterte Andri verschwörerisch. "Du spinnst wohl! Da saufen wir sicher ab." meinte Gigi. In diesem Moment raschelte es hinter ihnen im Gebüsch. Vor Schreck sprangen sie nackt, wie sie immer noch waren, ins Wasser. Zum Glück war es eine helle, warme Sommernacht und das andere Ufer war nicht weit entfernt. Auf der anderen Seite angekommen, krochen sie durch den Uferschlamm und liefen im Schutz der Sträucher, die im Garten der Pension standen, bis zur Eingangstür. Schlagartig wurde ihnen ihre Situation bewusst. Sie standen nackt, mit Schlamm beschmiert frierend und ohne Schlüssel, vor der verschlossenen Tür. Gigi fand zuerst wieder Worte: "So ein ein Mist. Ich wusste doch, dass das eine bescheuerte Idee war. Was machen wir jetzt?" "Mooooment." flüsterte Evi, die am ganzen Körper zitterte, vor Kälte und Aufregung. "Ich glaube, ich habe die Balkontür vorhin offengelassen weil es zu warm war." Die Frauen schlichen um die Ecke der Pension in Richtung von Evis Balkon, der Gott sei Dank im Erdgeschoss lag. So gelangten die drei doch noch ins Haus. Nach einer heißen Dusche fielen sie erschöpft in ihre Betten. Am nächsten Morgen, noch vor dem Frühstück, machten sie sich auf den Weg zur anderen Seite des Sees. Sie hofften, dass noch niemand ihre Handys und ihre Klamotten, die sie in der Nacht am anderen Ufer zurücklassen mussten, gefunden hatte. Sie hatten Glück. Alles war noch da. Nachdem sie ihre Sachen eingesammelt hatten liefen sie zurück zur Pension, um zu frühstücken. Die alte Dame, die ihnen gestern die Schlüssel ausgehändigt hatte, war gerade dabei den dampfenden Kaffee auf den Frühstückstisch zu stellen und begrüßte die drei Frauen freundlich."Guten Morgen, die Damen. Ich hoffe sie haben gut geschlafen. Um ein Uhr in der Nacht heulte die Sirene. Es gab wohl einen Brand im Wald heute Nacht und die Feuerwehr musste ausrücken." Evi, Gigi und Andri bekamen rote Köpfe und meinten scheinheilig sie hätten geschlafen wie Babys und nichts gehört. Die alte Frau und ihr Mann, der mittlerweile auch dazugekommen war, erzählten den dreien, dass sie die einzigen und wohl letzten Gäste in der kleinen Pension am See wären. Sie selbst hätten keine Kinder und die Arbeit würde ihnen über den Kopf wachsen. Sie hatten darum beschlossen, in ihre kleine Eigentumswohnung, in die Stadt zu ziehen. Sie würden schon seit einem Jahr einen Pächter suchen, aber hätten bis jetzt noch kein Glück gehabt. Alle Interessenten nahmen Abstand, da zu viel renoviert werden musste. Die Pension war ihnen wohl auch nicht zeitgemäß genug mit dem alten Mobiliar und dem großen Garten, der viel zusätzliche Arbeit bedeutete. Sie müssten wohl morgen abschließen und das Haus mit den beiden kleinen, angrenzenden Gäste-Bungalows erst einmal leerstehen lassen. "Was würde die Pacht denn kosten?" fragte Gigi geistesgegenwärtig. "Ach wir dachten an 600 Euro." meinte der Mann. "Wir haben alles was wir brauchen und so einiges zurückgelegt. Unsere Eigentumswohnung in der Stadt ist auch bezahlt. Wir haben keine Erben und sind schon beide fast 80 Jahre alt." Er nahm seine Frau zärtlich in den Arm, küsste sie auf die Stirn und meinte: "Hauptsache wir haben uns, nicht wahr Schätzchen?" "Also 600 Euro im Monat?" fragte Andri ungläubig? "Ja 600 Euro." bestätigten die beiden. "Ich glaube sie haben soeben neue Pächter gefunden." sagte Gigi, nachdem sie in die Gesichter ihrer zustimmend nickenden Schwestern geschaut hatte. Die beiden alten Leute sahen sich verdutzt an. In den nächsten Stunden wurde das Haus, die Zimmer, der herrliche Garten und die beiden kleinen Gäste-Bungalows besichtigt. Das Anwesen war geradezu geschaffen für das Vorhaben der drei Schwestern. Bei einer Tasse Kaffee und einem großen Stück Apfelkuchen erzählten die drei Frauen von ihrem Plan. Die beiden Alten waren über den Mut der drei Frauen, in deren Alter noch einmal durchzustarten, erstaunt. "Bitte wartet einen Moment, wir möchten uns kurz beraten." sagte die alte Frau. Die Schwestern hofften, dass die beiden es sich nicht doch noch anders überlegen würden und schauten mit bangen Gefühlen zur Tür. Diese öffnete sich schon kurze Zeit später wieder. Mit feierlichen Gesichtern und einem Lächeln auf den Lippen, machten die beiden alten Leute dem Trio ein unglaubliches Angebot. "Wir haben beschlossen, da wir keine Erben haben und wir es großartig finden was ihr hier vorhabt, euch als unsere Erben einzusetzen. Wir wollen nicht das der Staat unser Lebenswerk bekommt wenn wir tot sind. Die einzige Bedingung ist, dass wir zwei Mal im Jahr für einige Tage hier Urlaub machen dürfen. Die erste Pacht ist selbstverständlich erst fällig, wenn ihr die Umbau- und Renovierungsarbeiten abgeschlossen habt."Sprachlos, mit offenen Mündern, saßen die drei auf ihren Stühlen. "Na was ist, steht der Deal?" fragten die beiden alten Leute. Evi hatte sich zuerst gefangen und sprang von ihrem Stuhl auf, gefolgt von den anderen beiden. Sie fielen den Besitzern der Pension um den Hals und konnten ihr Glück nicht fassen. In dieser Nacht gingen die drei Frauen noch einmal in den Wald zu der kleinen Lichtung und dankten dem Universum für die umgehende Lieferung ihres Wunsches. Diesmal ohne Feuer und Wein. Dafür aber mit gefüllten Sektgläsern, die sie dem Universum im Licht des Mondes, zum Dank entgegenhielten. Am nächsten Tag teilten sie Meggy mit, dass diese nicht weiter nach einem Haus suchen müsse. Nachdem der Pachtvertrag geschlossen war, zogen die drei bei Nacht und Nebel zu Hause aus. Mit nur einem Koffer, in dem sich das Nötigste befand und einer Nachricht an ihre Partner: "Tschüss, ich bin dann mal weg". Sie zogen vorübergehend in eine winzige Dachwohnung in Meggys Haus. Dort würden sie bis zum Abschluss der Renovierungsarbeiten, in der alten Pension, wohnen. Meggys einzige Bedingung war, dass sie selbst in das Haus der Schwestern einziehen würde, wenn sie in Rente ging. Am ersten Morgen in ihrem Asyl, saßen alle drei gemeinsam an Meggys Frühstückstisch. Jede hatte ihre eigene Tasse, die ihnen ein unbekannter vor einiger Zeit hatte zukommen lassen, auf den Tisch gestellt. Meggy kam mit einer großen Kanne Kaffee und ihrer Tasse in die Küche. Die drei Schwestern schauten sich verwundert an. "Du hast die gleiche Tasse wie wir!" stellte Gigi fest. "Ja ich weiß!" sagte Meggy und zwinkerte den anderen zu. Die Frauen saßen nächtelang über den Hausplänen und überlegten, wie sie die Räume am besten aufteilen und nutzen könnten. Sie stellten eine Liste von Materialien zusammen, die sie für die Renovierung und evtl. Umbauten benötigen würden und kalkulierten die Kosten. Da war Meggys Erfahrung, in puncto Immobilien, eine sehr große Hilfe. Jede von ihnen plante zunächst ihr eigenes Reich. Andri wollte in einem der kleinen Bungalows eine Kinder-Tagesstätte für ca. 10-15 Kinder einrichten und die Räume ausschließlich mit Naturmaterialien ausstatten. Die Kinder sollten wieder lernen die Natur und ihre Ressourcen zu schätzen. Auch sollte ein Stück Garten als Spielwiese und Streichelzoo genutzt werden. Jedes Kind würde ein eigenes Pflegetier bekommen, um frühzeitig zu lernen Verantwortung für ein Lebewesen zu übernehmen. Evis Traum war ein kleines Restaurant incl. Außenbereich im Lounge-Charakter, mit maximal zehn kleinen Tischen. Dort wollte sie nachmittags Kaffee und selbstgebackenen Kuchen an Wanderer verkaufen. Abends sollte es eine Straußen-Wirtschaft sein, in der Wein, Kellerbier und kleine, kalte Gerichten wie Kochkäse und Wurstplatten usw. gereicht werden würden. Gigi war die einzige im Trio die nicht darauf angewiesen war regelmäßig Geld zu verdienen, da sie schon Rente bezog. Sie wollte sich unter dem Dach des Haupthauses ein Atelier einrichten. Endlich einmal im Leben ihre Kreativität ausleben! Malen, schreiben, Schmuck herstellen, nähen und vieles mehr. Diese Dinge sollten dann in dem zweiten kleinen Bungalow ausgestellt und verkauft werden. Ein Raum würde dann auch als Ausstellungsraum für Hobbykünstler zu mieten sein und wäre somit eine zusätzliche Geldquelle. Das Haupthaus verfügte im ersten Stock über insgesamt sieben große, voll möblierte Doppelzimmer und sieben Einzelzimmer, alle mit eigenem Bad. Einem großen Frühstücksraum im Erdgeschoss und zwei Gasträumen. Davon einer, mit einer kleinen Bar und ein weiterer mit einer sehr gepflegten Edelstahl-Küche, die schätzungsweise nicht älter als fünf Jahre alt war. Also reichlich Platz um jeder der Frauen ein eigenes kleines Reich zu erschaffen. Der große Frühstücksraum, der direkt an die Küche grenzte, sollte als Gemeinschaftsraum mit gemütlichen Möbeln ausgestattet werden. Ein Gastraum würde als Esszimmer dienen. Der, in dem sich die Bar befand, war ideal für Evis Zwecke, wenn das Wetter nicht gerade zum draußen sitzen einladen würde. Der Außenbereich grenzte direkt an den See und war in einen parkähnlichen Garten und einen Nutzgarten aufgeteilt. Alles in allem wartete eine Menge Arbeit und so einiges an Kosten auf die drei Frauen. Da Evi und Andri noch Vollzeit arbeiteten, würde es doppelt schwer werden die ganzen Arbeiten in angemessener Zeit zu stemmen. So langsam bekamen die drei doch ein bisschen Bauchschmerzen. Es kamen Zweifel bei ihnen auf, ob sie sich mit diesem Projekt nicht übernommen hatten. Aber der Pachtvertrag war unterschrieben. Außerdem wollten sie das Universum nicht enttäuschen, das ihnen mit der Erfüllung ihres Wunsches so großes Vertrauen geschenkt hatte.
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