1 ...8 9 10 12 13 14 ...29 "In Indien scheint man auf eine eigenartige Weise auf die Probe gestellt zu werden. Solche Andeutungen standen auch in meinem Reiseführer."
"Ist das dann - spirituell??"
"Nenne es, wie du willst. Auf jeden Fall wird man hier mit seinen Schattenseiten konfrontiert. Ich denke, wir sollten uns auf weitere unvorhergesehene Zwischenfälle einstellen! Das mit der Prüfung bedeutet wohl, daß wir uns selbst und unser Handeln hinterfragen sollen, zum Beispiel diesen totalen Gegensatz zwischen unserem Hotel hier und den Menschen in den Slums. Vielleicht sollten wir generell mehr spenden? Den Zehnten?"
"Oh je! Ich will aber Urlaub, und nicht dauernd irgendwelche skurrilen Prüfungen! Außerdem haben wir uns mal so einen Luxusaufenthalt verdient!" war Ariette etwas konsterniert.
"Weißt du, was morgen mit uns passiert? Oder mit dem Rest der Welt? Das weiß nur der liebe Gott!"
"Ja, eigentlich hast du Recht! Es ist schon besser, daß wir unsere Zukunft nicht im voraus wissen."
< Seht, ihr habt die Botschaft dahinter erkannt !> tönte eine wohlklingende Stimme wie aus dem Nichts. Es war niemand zu sehen.
"Wer hat da gerade gesprochen?" fragte Ariette erstaunt.
"Ich habe es auch gehört! Vielleicht war es ja nochmals der Mann in Gelb vor dem Fahrstuhl??"
< Genau !>
"Langsam wird mir das ganze unheimlich!" meinte Alan und warf sich angezogen rücklings auf das Doppelbett, mit seinem weißen Hemd und seiner anthrazitfarbenen feinen Hose.
"Paß auf, daß dein Hemd nicht zerknittert!"
"Ach was, komm, leg dich neben mich. Jetzt entspannen wir ein bißchen!"
< Entspannung ist gut, Meditation noch besser !>
"Hallo, Stimme aus dem Nichts, sind Sie der Mann in Gelb von vorhin, vor dem Fahrstuhl?" sagte Ariette etwas vorlaut.
Aber es kam keine Antwort mehr.
"Ein Spuk-Hotel? Willkommen in old England, immerhin war Indien ja lange genug unter britischer Besatzung." meinte Alan.
< Freiheit ist ein hohes Gut der Menschen !>
"Zeig dich, Person hinter der Stimme!" sagte Alan leicht ironisch.
< In Varanasi, später. In Varanasi !>
"In Varanasi!! Ausgerechnet Varanasi!" Ariette lachte laut. "Scherzbold!"
Agra, die Stadt des Taj Mahal, verschiedener anderer Mausoleen, des Agra Fort und verschiedener Chemiefabriken sowie einem Haufen mysteriöser und krimineller Schwarzhändler, wartete auf Emilio Zappatoni, besser gesagt korrupte Geschäftsleute, die mit allem möglichem handelten, und eben auch dubiosen Elektronikschaltkreisen und -modulen, wo keiner so genau wußte, für was diese denn nun wirklich gedacht waren. Aber Geschäft war Geschäft, und es wurden keine Fragen gestellt. In Indien gibt es ebenfalls Korruption, und es sind nicht alle Leute so spirituell oder "heilig", wie es in manchen Hippie-Köpfen vielleicht existiert. Nein, Indien bleibt das Land der Gegensätze, und die eigenen Eigenschaften werden hier gleichsam einem Vergrößerungsglas verstärkt und hervorgehoben, im Positiven wie im Negativen.
"Shish Shashi, hallo, ich bin's, Zäppi! Ich bin soeben in Agra angekommen, mit einem Lastwagen voller Elektronik und sonstigem Elektro-Plumpatsch! Ich parke jetzt in der Nehru Road beim Bahnhof Agra-City, und dann können wir den Krempel ausladen." sagte Emilio.
"Hey, Zäppi, super! Schön, deine Stimme zu hören! - Was ist denn bitteschön ?" fragte Shish.
"Plumpatsch, ähh, das ist Zeugs oder Ware!"
"Ach so, verstehe. Bei uns in Tokio haben wir auch so ein paar Spezialwörter, die verstehen die Leute aus den anderen Präfekturen auch nicht."
"Bleibst du länger in Indien?"
"Voraussichtlich drei Monate. Geschäftlich. Und mein Englisch muß ich noch etwas aufbessern. Hier spricht ja niemand japanisch, außer ein paar Touristen."
"Allerdings, Shishi. Also, Nehru Road Nr. 8, neben dem Kolonialwarenhändler, oder was das eben ist. Ich warte in dem Straßencafé daneben und lese Zeitung. Wie du aussiehst, weißt du ja. Ach nein, ich habe mich ja jetzt liften lassen wie Berlusconi, also, ich sehe zwanzig Jahre jünger aus!"
"O.K. Immer noch zu Scherzen aufgelegt wie früher! Du hast dich nicht verändert!"
"Nein. Evils, Basford und McKilleran sitzen zwar jetzt lebenslänglich im Knast, aber ich bin frei! Mich haben sie nicht erwischt, diese FBI-Typen! Haha!"
"Super! Aber trotzdem wachsam bleiben, wer weiß??"
"Shishi, du bist manchmal etwas zu ängstlich!"
"Nein, Zäppi, einfach nur vorsichtig. Das Leben kann gefährlich sein wie ein Kugelfisch - ein falscher Bissen, und du bist tot."
"Also gut, du weißt, wo ich bin. Der Lastwagen steht dann im Hof bei einem Kompagnon von Evils, da fahr ich jetzt rein! Dieser blöde Linksverkehr! Sehr gewöhnungsbedürftig!"
"Immerhin schaffst du es, dich im Wahnsinnsverkehr Indiens zu behaupten! Das will schon was heißen!"
"Danke für die Blumen! Also, bis dann. Ciao!"
"Wiederhören, Emilio!"
Nach circa einer Viertelstunde erschien Zappatoni mit einem großen Lastwagen rumpelnd im Hof, wie vereinbart. Auf der Ladepritsche waren ziemlich viele Holzkisten verstaut, in denen wiederum kleinere Verpackungseinheiten waren. Die Kisten trugen die simple Aufschrift . Klang alles sehr unscheinbar und normal.
Wenn ein Erdbeben passiert, breiten sich bereits vor dem Hauptbeben ganz feine Schwingungen über den Erdboden bzw. den Untergrund aus, die in Tieren und Menschen eine Angstreaktion auslösen. Diese geraten dann in Panik und sind somit offen für unterschwellige Manipulationen. Diese Schwingungen ließen sich inzwischen künstlich produzieren... Und was hatte jetzt Emilio Zappatoni damit zu tun?? Geologe war er nicht, nein, er war ursprünglich gelernter Pilot für Frachtflugzeuge.
"Skin-Nation-Rassist-Blondschopf des Fünfecks, Zuarbeiter des dritten im August 2012 über den Jordan gegangenen Hochverräters, vortreten!"
"Jawohl! Stets zu Diensten!"
"Nach unseren Recherchen sind Sie in einem Nazi-Untergrundterrornetzwerk mit dem oben genannten Namen aktiv, Sie haben Kontakte zu US-amerikanischen als auch zu bayerischen Nazis, die die Welt massiv gefährden! Was haben Sie dazu zu sagen? Gestehen Sie!"
"Nichts."
"Wie - nichts?"
"Ich habe dazu nichts zu sagen!"
"Hey Kamerad - dich erwartet der elektrische Stuhl!"
"Na und?"
"Checkst du deine Lage etwa nicht?"
"Ich bin bereit, für meine Ideale zu sterben!"
"Kein bißchen Reue? Der mit der angeblich weißen Weste, der die gefälschten Fake-Verträge über den Farbkopierer geschoben und den großen Bluff inszeniert hat, um den Nazis einen scheinbaren Vorsprung zu verschaffen und Leander und Angela auszubooten?"
"Lassen Sie mich mit diesen elendigen Israel-Kooperateuren Leander und Angela, mit diesen Ultra-Zionisten, in Ruhe! Ende der Fahnenstange!"
"Wie Sie meinen. Strafmaßverminderung auf lebenslänglich ohne Todesstrafe ist nur möglich, wenn Sie jetzt vollkommen auspacken! Voll und ganz!"
"Für wen halten Sie mich denn? Ich verrate niemand! Niemand meiner Leute !"
"Gut. Wie Sie wünschen. Dann sagen Sie es später so vor Gericht."
"Das scheiß 'Juden- und Niggerpack' muß endlich weg von der Erde, jawohl! Weg, weg, weg!"
"Ist das Ihr letztes Wort?"
"Vielleicht - vielleicht auch nicht."
"Wir haben Ihre Computer und sämtliche Verbindungsdaten gefilzt. Sie haben keine Chance - außer der Strafmaßminderung von der Todesstrafe auf lebenslänglichen Knast."
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