Benno Wunder
Abschied mit schwarzer Rose
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Inhaltsverzeichnis
Titel Benno Wunder Abschied mit schwarzer Rose Dieses ebook wurde erstellt bei
Kapitel 1: Rauswurf
Kapitel 2: Neustart in Passau
Kapitel 3: Blumentopf mit Ventilator
Kapitel 4: Von Tag zu Tag
Kapitel 5: Besuch meiner Schwester
Kapitel 6: Memoiren eines Zerstörten
Kapitel 7: Betrug
Kapitel 8: Ausflug zur Donauschlinge
Kapitel 9: Sehnsucht
Kapitel 10: Rhonda Heidi Carlsson
Kapitel 11: Terminabsage
Kapitel 12: Mehr Schmerz als Freude
Kapitel 13: Sie nannte mich Schlappschwanz
Kapitel 14: Den Inn entlang
Kapitel 15: Ein neuer Auftrag
Kapitel 16: Mein Freund Bernhard
Kapitel 17: Hoffnung
Kapitel 18: Am Abgrund
Impressum neobooks
Benno Wunder
Abschied mit schwarzer Rose
Roman
Impressum
Texte © Copyright by Benno Wunder
benno-wunder@gmx.de
Bildmaterial © Copyright by Benno Wunder
Alle Rechte vorbehalten
Aus dem Inhalt: Wieder und wieder beteuerte Herbert, es war ein Unfall, eine Verkettung unglücklicher Ereignisse. Wenn Marie nicht verächtlich auf seinen schlaffen Penis geblickt, ihn ausgelacht und Schlappschwanz genannt hätte, wäre ihm die Hand nicht ausgerutscht. Niemals zuvor und niemals danach schlug er eine Frau. Es war kein harter Schlag. Von so einem Schlag fällt niemand um. Marie stürzte, weil sie im selben Moment einen Schritt zur Seite machte und deshalb nur auf einem Bein stand. Hart schlug ihr Kopf auf einen Bettpfosten. Im Bruchteil einer Sekunde hatte er Maries Leben ausgelöscht und sein eigenes ruiniert. Herbert verlor alles: Seine Frau, seine Tochter, sein Haus, seine Stelle als Prokurist und achtzehn Jahre pralles Leben. In einer weit entfernten Stadt versuchte er als Unternehmensberater ein neues Leben zu beginnen; ein einsames Leben, denn mehr ließ die Schuld, die er auf sich geladen hatte, nicht zu.
Personen und Namen sind frei erfunden. Jegliche Übereinstimmung mit der realen Welt ist zufällig und nicht beabsichtigt.
Über Benno Wunder: Benno Wunder ist ein Pseudonym. Nach Stationen in Stuttgart, Tübingen, München, Dortmund, Princeton, Basel, Bangalore und New York lebt der Autor am Bodensee.
Abschied mit schwarzer Rose ist ein neuer Roman des Autors von Ein zerrissenes Leben und Liebevoller Samenraub.
Gartenarbeit, so lästig sie oft war, machte mir heute Spaß. Ich freute mich über die Amsel, die zutraulich um mich herum hüpfte, während ich den Rasen mähte. Natürlich ging es dem Vogel nicht um meine Glückseligkeit, sondern um Insekten und Würmer, die ich durch den Grünschnitt frei legte.
Plötzlich war der Strom weg. Julia, fünfzehn war sie seit ein paar Tagen, hatte den Stecker gezogen, damit ich sie hören konnte. Von der Türschwelle zur Terrasse rief sie:
„Papa, die Polizei will etwas von dir.“
„Was?“, fragte ich zurück.
„Die Polizei.“
„Was will die denn?“
„Das weiß ich doch nicht“, antwortete sie in einem ruppigen Tonfall.
„Ja, klar, blöde Frage.“ Ich klopfte Gras von meinen Hosenbeinen und machte mich auf den Weg zum Haus. Auf der Terrasse setzte ich meinen Sonnenhut ab, zog meine Gartenschuhe aus und schlüpfte in meine Slippers.
Freundlich grüßend näherte ich mich den beiden Polizisten, die in der Diele auf mich warteten.
„Sind Sie Herbert Tahler?“, fragte mich der Ältere, hielt mir seinen Ausweis vor die Augen und stellte sich als Kriminalkommissar Zander vor. Mit der Hand auf seinen jüngeren Kollegen weisend, sagte er, „Kriminalobermeister Rizzi.“
„Ja, was kann ich für Sie tun“, fragte ich.
Herr Rizzi blätterte in seinem Notizbüchlein, hob den Blick und fragte mich: „Können Sie sich an den siebten April neunzehnhundertsiebenundachtzig erinnern?“
Scheiße, dachte ich, und gab ein nachdenkliches „Mhm“ von mir. Dann wiederholte ich das Datum: „Siebter April neunzehnhundertsiebenundachtzig, das ist über zwanzig Jahre her. Warum wollen Sie das wissen?“
„Fragen stellen wir“, belehrte mich Kommissar Zander.
„Zu jener Zeit war ich vermutlich in Hoboken bei New York“, antwortete ich.
„Geht es etwas präziser als vermutlich“, fragte der Obermeister bissig. „Was machten sie in Newboken?“
„Hoboken“, korrigierte ich, „Hoboken bei New York. Ich arbeitete bei der Firma Sternfeld & Son .“
„Haben sie aus jener Zeit ein Dokument mit Datum, eine Kopie ihres Arbeitsvertrags?“
„Ich müsste meine alten Unterlagen durchsuchen“, antwortete ich. „Aber warum?“
„Suchen Sie“, forderte mich der Kommissar auf, gab mir seine Karte und sagte, er wolle mich in drei Tagen auf seiner Dienststelle sehen.
Kaum waren die Polizisten weg, kam Heidi zu mir und fragte, was die Kripo von mir wollte.
„Das frage ich mich auch. Sie wollten wissen, wo ich mich am siebten April neunzehnhundertsiebenundachtzig aufhielt.“
„Ha! Das liegt lange zurück“, sagte Heidi. Einen Augenblick später fragte sie: „Kannst du dich erinnern, wo du damals warst?“
„Vermutlich in Hoboken“, log ich. „Vielleicht finde ich in dem Ordner mit den alten Dokumenten eine Kopie meines Arbeitsvertrags mit Sternfeld & Son .“
Von meiner Antwort beruhigt ging Heidi zurück in die Küche zu der Maispoularde, die im Backofen schmorte.
Wie kann die Kripo nach zwanzig Jahren mich verdächtigen?, fragte ich mich, als ich auf der Terrasse meine Gartenschuhe anzog. Auch während ich das letzte Stück Rasen mähte, ging mir diese Frage ständig durch den Kopf. Wie sollte ich mich verhalten? Ich könnte den Naiven spielen und lügen. Oder sollte ich die Wahrheit sagen und endlich einen Schlussstrich unter den verdammten siebten April neunzehnhundertsiebenundachtzig ziehen. Oh je, das wird nicht gut enden.
Beim gemeinsamen Abendessen überspielte ich meinen Kummer, lobte Heidi überschwänglich für die köstliche Maispoularde und erzählte dann eine lustige Geschichte aus meiner Schulzeit: „Als wir in der Physikstunde den Antrieb von Raketen behandelten, sollten wir mit Luftballons den Rückstoß demonstrieren. Wir bliesen die Ballons auf und ließen sie frei. Die ausströmende Luft trieb sie durch das Klassenzimmer. Es war eine Gaudi; einige Schüler johlten, andere kreischten. Auf einmal schwebte ein aufgeblasenes Kondom durch den Raum.“
Heidi und Julia lachten.
„Ehrlich?“, fragte Heidi, „oder machst du einen Scherz?“
„Kein Scherz“, antwortete ich.
„Hast du das Kondom aufgeblasen?“, fragte Julia.
„Nein, dazu fehlte mir der Mut. Meine Mutter hätte mich umgebracht. Mein Freund Bernhard war der lustige Vogel; der schreckte vor nichts zurück.“
„Wie alt ward ihr damals?“, fragte Heidi.
„Sechzehn, siebzehn“, antwortete ich. „Leider fand Herr Hornschuh, unser Physiklehrer, das Kondom überhaupt nicht lustig. Bernhard bekam einen Eintrag ins Klassenbuch und musste wegen sittlicher Verfehlung zum Schulrektor. Der schiss ihn zusammen, brummte ihm vier Stunden Arrest auf und einen Hausaufsatz über das Thema Anstand und Sitte .“
Julia verging das Lachen. „Das ist ziemlich hart“, meinte sie.
„Damals ging es in der Schule strenger zu als jetzt“, erklärte ich. „Die älteren Lehrer kamen aus einer Zeit, in der die Menschen nicht so frei leben konnten wie wir heute.“
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