Sie haben noch sein Geburtsfest mit ihm gefeiert, und dann sind sie zurückgekehrt in die Residenz des Nun’thain. Die jetzt wieder die eines Mar’thain ist, der Haushofmeister platzt fast vor Stolz. Obwohl, sind sie jetzt immer noch Hoheiten? Selima hat laut gelacht, nein, sie sind jetzt maranische Durchlauchten, aber wehe, wenn er sie so anredet. Weil Hoheiten bleiben sie auch, sie kommen dann ja gar nicht mehr zum Essen, bis er fertig ist mit seinem Spruch. Ihre Durchlauchten, die Hoheiten Prinz Mereno und Prinzessin Selima, Mar’thain und Mar’thaini von Beth’narn, unterlegt mit ganz unmajestätischem Magenknurren. Und Kirinis Kreischen, die hat nämlich auch Hunger, und sie tut es ein wenig lautstarker kund als ihre Eltern.
Sie haben gesessen bei ihrem Nachtmahl und sich gefreut darauf, gleich noch ein Bad zu nehmen im Becken ihres Badehauses, als der Haushofmeister einen Boten angekündigt hat. Ein Reiter aus einer Oase in der Wüste im Norden, und er hat eine Nachricht gebracht, der sie nicht viel Bedeutung beigemessen haben. Der Brunnen auf der Oase, auf der einst die weißen Schwestern gelebt haben, ist leer. Es ist ein asonischer Brunnen, wie die in den anderen Oasen, ihr Wasserstand ist immer gleich, er steigt nicht an, er fällt nicht ab, das Wasser ist immer klar und frisch. Aber das Becken dieses Brunnens ist geleert, schon halb gefüllt mit hereingewehtem Sand, die hohen kahlen Stämme mit den breiten Blättern, an denen die Früchte wachsen, die in der Sonne getrocknet süß wie Honig und ebenso klebrig werden, sind verdorrt, und die Statue des Melak und sein Altar sind umgefallen und halb versunken im sandigen Boden. Das Recht auf das Wasser der Oase ist noch nicht wieder vergeben worden, es lebt niemand dort, die Bewohner der anderen Oasen wachen darüber, dass sich auch niemand einnistet, es steht nur dem Nun’thain von Narn’kalar zu, er bestimmt, wer dort lebt. Der jetzt der Mar’thain von Beth’narn ist, und er hat dem Boten gedankt und ihm gesagt, sie brauchen die Oase nicht. Sie liegt abseits der grünen Perlenschnur der anderen, es werden noch genug der Früchte geerntet, die auf Schnüre gezogen wie Armreife getrocknet und verkauft werden, und es macht die Wüste sicherer für sie, weil sich jetzt dort niemand mehr niederlassen kann, der unerwünscht ist im Land. Sie haben nie wieder etwas gehört von dem Pferdehändler, der gelebt hat auf der letzten, er wird umgekommen sein in der Wüste mit seiner Familie, aber sie wissen es nicht sicher. Sie haben früher manchmal Spuren gefunden, wenn sie auf der Oase nachgesehen haben, als ob getrunken worden ist vom Wasser, aber sie haben nie jemanden gefunden dort. Sie sollen halt auch weiterhin ab und zu nachsehen, ob sie immer noch unbewohnt ist, aber sie ist kein Verlust für Beth’narn.
Dass sie das Badehaus der Residenz nicht mehr benutzen können schon eher, das Wasser ist heißer geworden, es brennt auf der Haut und sie rötet sich, wenn man hineinsteigt. Es dampft stärker, und als sie versucht haben, es abzusperren mit dem Schieber hinter den Kiemen des Fischkopfs, durch den es hineinläuft, damit es vielleicht ein wenig abkühlt, hat der Druck des Wassers, das sich dahinter gestaut hat, den Schieber mitsamt dem Fischkopf weggesprengt. Mereno und Selima haben geseufzt, ihr schönes Badehaus, aber sie haben es aufgegeben. Sie werden wieder vorlieb nehmen mit dem hölzernen Trog in der Kammer hinter der Küche, und die Tür des Badehauses ist versperrt worden mit eisernen Stangen. Es ist zu gefährlich, es leben Kinder in der Residenz, sie können sich verbrühen an dem heißen Wasser. Und wenn sie nur ihre kleinen Hände hineintauchen, es wird eine schmerzhafte Erfahrung werden für sie. Vielleicht kühlt die Quelle wieder ab, sie werden es sehen an dem Wasser, das durch den Überlauf in das Kiesbett läuft, dann werden sie es wieder öffnen. Wieder zusammen liegen darin, und Selima auf lustige Einfälle kommen.
Und auch Ginjen und Danima haben geseufzt, als sie angekommen sind zur Feier der Jahreswende, sie haben sich gefreut darauf, wieder einmal gemeinsam im warmen Wasser zu liegen. Sie werden ein eigenes Badehaus haben, wenn ihre Residenz fertig gebaut ist, aber es wird noch etwas dauern. Das Jahr ist kein gutes gewesen, die Männer sind ausgeritten in die Schlacht, manche haben sich immer noch nicht wieder erholt davon. Mereno hat sparsam sein müssen mit Plättchen, er hat sie lieber weggegeben, um Getreide und Gemüse zu kaufen für die Bewohner seines Landes. In Narn’kalar ist kaum ein Feld bestellt worden, sie sind zu einer schlechten Zeit abgerückt in die Schlacht. In Beth’anu ist es besser gewesen, dort sind mehr Männer zurückgeblieben, und der Mar’thain von Beth’nindra kennt die Sorge nicht, weil es in seinem Land keine Entsatzarmee gibt. Er hat ein stehendes Herr von fünfzehn Einheiten, und noch einmal zehn, die zu den Waffen gerufen werden, wenn er in den Krieg zieht, es sind genug Männer zurückgeblieben auf den Feldern im Südwesten seines Landes, Mereno hat genug Nahrung kaufen können, damit die Menschen in Narn’kalar nicht hungern müssen. Ginjen hat ihm Gold angeboten aus der Truhe, die jetzt in seinem Schreibzimmer steht, sie haben immer noch genug davon, aber Mereno hat es nicht nehmen wollen. Sie würden vielleicht zuviel davon in Umlauf bringen, die Preise steigen, das würde es für alle nur noch schlimmer machen. Und wenn es trotzdem nicht reicht, macht er eine Anleihe bei ihm, aber in Rasi, sie ernten zweimal im Jahr, weil das Gras an den sumpfigen Ufern nicht so sehr angewiesen ist auf Sonne und Regen wie Getreide, sie pflanzen es das erste Mal zur ersten Tag- und Nachtgleiche, sie ernten kurz nach dem längsten Tag, und dann können sie noch einmal pflanzen, die zweite Ernte wird eingebracht im zehnten Mond, und sie wird nicht verkauft, sie wird eingelagert in Fässern, damit sie genug haben in der dunklen Jahreszeit.
Aber auch sie berichten, dass die Quelle, die ihr Badehaus einmal speisen soll, sich verändert hat. Sie riecht jetzt stärker, und auch sie ist heißer geworden, einer der Männer, die die Steine setzen für die Mauern ihrer Residenz, hat sich verbrüht, als er seine Hände hat säubern wollen. Die Quelle läuft einfach aus einem Loch im Felsen und versickert in dem Erdreich darunter, es ist jetzt heiß und matschig, aber die Männer benutzen sie gern zum Säubern der Hände, weil es die Haut nicht rau und rissig macht wie das Wasser des Brunnens. Ihn haben sie zuerst gegraben und gemauert, weil sie ihn brauchen, er ist klar und frisch, immer gut gefüllt, aber sehr kalt. Und jetzt macht sich Mereno doch ein wenig Sorgen, er verbringt viel Zeit in seinem Leseraum, vielleicht findet er irgendwo beschrieben, was vorgeht mit dem Land.
Aber er weiß nicht so recht, wo er beginnen soll mit der Suche, wie er nennen soll, was vorgeht, es gibt einfach zu viele Bücher, in denen er nachsehen kann. Und er ist sehr abgelenkt, im ersten Mond durch Kirinis Geburtsfest, sie wird ein Jahr alt, dann kommt die überraschende Nachricht von Ginjen, dass Tonwins Frau Obida einem kleinen Jungen das Leben geschenkt hat. Mereno hat geprustet, dieser Tonwin. Sehen kann er nicht mehr, aber das, worauf es ankommt, findet er scheint’s auch ohne Augenlicht. Und so krank wird er ja nicht mehr gewesen sein, als er zurückgekommen ist aus der Schlacht, das kann Selima ausrechnen, ohne ihre Finger zu Hilfe zu nehmen. Er wird Wanjen heißen, der kleine Brudersohn, nach dem ihrer Brüder, der nicht zurechtgekommen ist in ihrer neuen Heimat.
Im dritten Mond feiern sie Waniris erstes Geburtsfest, sie ist ein liebes kleines Mädchen, sie hat aufgeholt, was ihr gefehlt hat bei ihrer Geburt. Sie kann schon laufen an Tenjens Händen, sie lacht und plappert, wenn er mit ihr spielt, und er liebt sie heiß und innig, seine kleine Schwester. Sogar fast mehr als Dorimi, aber er freut sich, sie wiederzusehen, als sie ankommen in der Feste des Thain zur ersten Tag- und Nachtgleiche. Mereno und Ginjen nehmen nicht mehr teil an der Sitzung des Kronrats, sie sind jetzt ein eigenes Land und nur geladene Gäste zur Feier, aber sie freuen sich, die wiederzusehen, an deren Seite sie gekämpft und gelitten haben im letzten Jahr. Das große Tor im Norden hat sich doch noch einmal geöffnet, nicht weit, nur ein kleiner Spalt, um die Wagen mit den Geschenken hindurchzulassen, die die Männer, die regieren in Tien’sa im Namen des neuen Shat’a‘drak, auf den Weg gebracht haben für ihre Bezwinger. Kostbare schimmernde Stoffe, Messer, Gabeln und Löffel aus Gold, Säbel mit silbernen Griffen mit den seltsamen gebogenen Klingen, Schüsseln und Platten aus einem weißen Lehm, bemalt mit einem blauen Muster, und durchscheinende Steine. Wie Saf’fa oder Roni, sie sind grün, aber auch sie funkeln und strahlen im Schein der Sonne. Und eine Statue wie die, die auf Mirinis Truhe steht, ein Tier, das erinnert an die großen Echsen im See mit Flügeln auf dem Rücken, aber sie ist geschlagen aus einem roten Stein, rot wie die Tiere auf den Bannern aus Tien’sa. Und Kisten mit Barren aus Gold und Kupfer, geprägt mit einem Siegel, das ihnen fremd ist, es ähnelt den Tieren auf den Bannern. Mar’thain Kastir erzählt Tenaro beim Nachtmahl, dass auch in seiner Feste Wagen angekommen sind aus Tien’sa, seine Statue ist grün wie Mirinis, und dabei gelegen haben Nachrichten, zierliche Buchstaben getrieben in hauchdünne Scheiben aus Kupfer. Dass die Wagen ein Tribut sind für die Bezwinger von Tien’sa, Geschenke des jungen Shat’a‘drak, um sie sich gewogen zu machen, und dass sie sie erhalten werden in jedem Jahr, bis er sein zwanzigstes Lebensjahr erreicht. Er ist erst sechs, er kann nicht laufen, aber sein Geist ist klar, und er bittet darum, Vertreter senden zu dürfen an ihre Sitze, damit sie ihnen berichten können, was vorgeht in Tien’sa, damit sie nicht fürchten, noch einmal angegriffen zu werden von den Reitern mit den roten Kappen.
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