Es ist ein langer Weg zur Feste des Thain, fünf Tage länger als damals, als sie noch die Abkürzung über den See haben nehmen können. Mereno hat es nie gern getan, er hat das Schaukeln des Bootes schlecht vertragen, gesessen auf einer Rolle Seil mit einem Eimer zwischen seinen Füßen, und auch Ginjen hat einmal so gesessen. Da ist er noch nicht ganz gesund gewesen nach seinem Kampf mit einer der großen Echsen, die gelebt haben im See, später ist es ihm selten einmal so gegangen. Aber es ist keine Abkürzung mehr, sie müssen jetzt herumsegeln um die große lange Erhebung, die mitten im See liegt zwischen Beth’narn und Beth’kalar, und es ist gefährlicher als damals, weil das Wasser immer noch nicht zur Ruhe gekommen ist. Manchmal wallt es auf an einer Stelle, wie Wasser, das in einem eisernen Topf über dem Feuer kocht, dann trägt es nicht mehr, ein Boot sinkt wie ein Stein. Oder ein hoher Wasserstrahl schießt empor, siedend heiß, er dampft in der Luft, die ihn umgibt. Das Wasser steht nicht mehr so hoch wie einst, obwohl nicht mehr viel fehlt, bis es seinen alten Stand erreicht hat, die Bäche und Flüsse aus den Ländern an seinen Ufern plätschern manchmal sanft herab über flach abfallende Hänge, manchmal stürzen sie in glitzernden Fällen, wo die Ufer steiler sind, und im Nordwesten, wo ein tapferer Mann, der das Nordufer des Sees erkundet hat, wo es von Wüste umgeben ist, einmal beschrieben hat, dass es eine Stelle gibt, an der das Wasser heller ist als im restlichen See, über einen weiten Bogen aus Fels, das Donnern des fallenden Wasser ist fast einen halben Tagesritt weit zu hören. An seinem nordöstlichen Ufer, wo die Wüste in Beth’draket endet, ist ein großes Stück weggebrochen, viel Land verloren gegangen, es ist ersetzt worden durch einen breiten Strom, der aus der Richtung des Drat’kalar heranfließt, wo er sich in der Weite der Wüste verliert. Er speist den See mit seinem Zufluss, das Wasser steigt, weil es nicht abfließt, der Abfluss des Kalar’terla liegt noch fast drei Längen darüber, die Tenjen’sa-Brücke führt über das trockene Bett des ehemals wilden Flusses. Er wird Ir’kalar genannt, ohne Wasser, aber er bleibt nicht lange leer, es gibt genug kleine Flüsse und Bäche, die ihn speisen, an der Grenze zu Beth’nindra ist er schon fast wieder der breite Strom, der er einst gewesen ist. Es leben wieder Fische im See, aber keine großen Echsen mehr, sie haben nicht eine lebend gefunden nach der großen Erschütterung.
Es hat harmlos begonnen, mit ein wenig Wasser, das nicht mehr dort gewesen ist, wo es hat sein sollen. In dem Jahr, in dem Tenaro Thain geworden ist, Mereno ist mit seiner Familie gerade erst heimgekehrt nach der zweiten Tag- und Nachtgleiche, als Tenaro vier Fliegen gefangen hat mit einem Tropfen Honig. Wie sein Vater es gern genannt hat und herzhaft gelacht dabei, die Jagd auf die wilden schwarzen Schweine, aber sie haben diesmal nicht alle Jungtiere getötet, sie haben sie lebend gefangen und mitgenommen, zwei Bauern am Rand des Drat’kalar wollen versuchen, sie aufzuziehen wie Ziegen, damit es nicht nur nach den Jagden Rauchfleisch gibt. Tenaros Geburtsfest, er wird sechsundzwanzig, und das schönste Geschenk hat ihm Mirini gemacht, sie trägt wieder ein Kind. Die Sitzung des Kronrats, die erste, die Tenaro leitet als Thain, sie haben nicht gesprochen über Steuern und Abgaben, nur darüber, wie es den Menschen ergangen ist seit der großen Schlacht. Über die Verwundeten, über die Familien, die den Mann, den Vater verloren haben, ob es ihnen gut geht, und darüber, ob es genug Nahrung gibt im Land, um die Menschen durch die dunkle Jahreszeit zu bringen, die jetzt bald kommt. Tenaro erlässt dem Nun’thain von Beth’draket seine Steuerpflicht für die nächsten zehn Jahre, weil die Provinz viele gute Männer verloren hat, als sie den Vorstoß eines Reitertrupps auf die Stellung des Thain aufgehalten haben. Sie haben sein Leben gerettet damit, ihren Thain haben sie trotzdem verloren zwei Monde später. Er ernennt Andero, seinen jungen Schwestergatten, zum neuen Nun’thain von Anu’betain, und lacht, fast das erste Mal seit dem Tode seines Vaters, als er seine Krone vom Tisch stößt, als er vor ihm auf das Knie sinkt. Tollpatsch bleibt eben Tollpatsch, aber er hat bewiesen, dass er auch anders kann.
Und als letztes, als vierte Fliege, hat er wahr gemacht, über was er nachgedacht hat im Haus der Bewahrer von Melak, als sie ihnen erzählt haben, warum Beth’narn einen Fürsten hat anstelle eines Mar’thain und ein anderes Siegel als das, was ihnen gegeben worden ist von Daikim. Er entlässt Narn’kalar aus dem Bund der Provinzen von Beth’anu, und er ruft Mereno aus zum Mar’thain von Beth’narn. Er übergibt ihm die vierzackige Krone, sie ist wie alle Kronen der drei Länder aus Eisen gemacht. Mar’thain Kastir hat lange kramen müssen, bis er seine gefunden hat, die als Muster gedient hat, sie hat gelegen in einer Truhe, in der das alte Spielzeug seiner Söhne aufbewahrt wird, er trägt sie selten, sie ist ihm zu schwer. Das alte Siegel, der vierzackige im sechszackigen Stern, und ein neues Banner, Mereno hat es sich gewünscht, ein blauer sechszackiger Stern auf weißem Tuch und darin ein weißer vierzackiger, das Zeichen des Zweitgeborenen, blau und weiß sind von alters her die Farben Beth’narns gewesen. Mit einem blauen Rand an der freien Seite, wenn Mereno darunter reitet, und einem blutroten, wenn es der Marun von Beth’lai ist. Das Land, auf dem die Marunan liegt, ist ein Teil von Beth’narn gewesen, als es zu Narn’kalar geworden ist, Thain Deramo hat es an Ginjen gegeben als Dank, weil er seinem Brudersohn das Leben gerettet hat. Es kehrt zurück in die neue alte Maran, Tenaro hat es so besprochen mit Mereno und Ginjen. Nicht in der alten Grenze, Beth’kalar bleibt als Baran bei Beth’anu, sie haben festgelegt die Mitte des Sees und die Ostseite des Abflusses des Kalar’terla. Sie wird keine Bedeutung haben, es ist eine offene Grenze, so wie es auch die zu der Maran Beth’nindra ist. Sie sind drei, aber sie sind vereint unter Daikims Sternen.
Sie sind geritten unter den neuen Bannern auf dem Weg zurück nach Hause, die Krieger ihrer Garden haben sich ein wenig beklommen gefühlt in ihren neuen Überwürfen, blau und weiß sind einst die Farben ihres Feindes gewesen, es sind noch einige unter ihnen, die gekämpft haben in den Schlachten gegen die Krieger aus Beth’narn. Sie werden sich gewöhnen daran, es sind die Männer, die sie führen, denen ihre Treue gilt, nicht das Geflatter über ihnen. Sie sind über Land geritten, über die schöne neue Brücke, und sie haben geschlafen in Ginjens Haus in Ter’sa. Danima und Selima in dem großen Bett im Schlafzimmer, mit ihren Töchtern an ihren Seiten, Tenjen in seinem eigenen Bett unter dem Säbel, der Lanze und der Peitsche, die Prinz Kasrim ihm geschenkt hat, und Ginjen und Mereno auf dem Fell in der Halle vor dem Feuer. Mit den Füßen gestützt auf den breiten Kopf des Untiers, und sie haben noch einen Becher Wein getrunken vor dem Einschlafen. Ginjen hat leise gelacht, er ist geboren als ‘sa, als erster Sohn des Da’in, er hat dreiundzwanzig Jahre seines Lebens verbracht unter seiner Herrschaft, jetzt lebt er gerade einmal zwei Jahre in seiner neuen Heimat und dient schon dem zweiten Herrn. Wobei ihm der eine so lieb ist wie der andere, aber er ist noch nicht einmal fünfundzwanzig, er wird es erst übermorgen sein, jetzt muss gut sein damit. Sonst rebelliert er gegen die neue Herrschaft und schwingt sich selbst auf zum Herrscher, dabei hat er noch nicht einmal gelernt, ein Marun zu sein. Er ist immer noch ein Da’in, das hat er gelernt. Und Mereno hat sich mit Wein bekleckert vor Lachen, und wie will er ihm das Schwert aus der Hand schlagen, wenn er nicht weiß, eins zu führen? Denn das tut man, wenn man einem Herrscher sein Reich abnimmt. Aber er hat es gut gemacht bis jetzt, er wird es auch weiterhin tun, soviel anders regiert ein Marun nicht als ein Da’in. Und wenn er nicht mehr weiter weiß, kann er ja ihn fragen, er ist zwar erst dreiundzwanzig, aber nichtsdestotrotz sein Landesvater. Und dann haben sie sich lachend in ihre Decken gewickelt und sind eingeschlafen. Und sie haben wunderbar geschlafen auf dem dicken weichen Fell des Untiers, das Ginjen einst nur mit einem Dolch getötet hat an den Hängen der Betain’it’Dromar, bevor es seinen Bruder Tonwin hat fressen können.
Читать дальше