Nach einer erfolgreichen Tour geben wir die Räder ab und gehen kurz zum Duschen ins Hostel. Nichts wäre mir jetzt lieber als in einen kühlen Pool zu springen. Ach, was wäre ein Luxushotel jetzt schön. Dima sagt, ich solle den Bikini anziehen, da er gelesen hat, man könne gegen Aufpreis im Hardrock Hotel den Infinity Pool benutzen. Wow, denke ich mir, das lasse ich mir nicht zweimal sagen. Los geht’s zum wenige Gehminuten entfernten Hardrock Hotel. Der Mann an der Rezeption ist leider nicht der Meinung, dass unser Plan aufginge. Man könnte eine Nacht buchen und dann auch den Pool benutzen, aber sonst wäre da nichts zu machen. Dima recherchiert nochmal den gelesenen Artikel und revidiert seine Aussage mir gegenüber. Es ist ein Artikel über Poolcrashing in Panama City mit einer Wegbeschreibung zum Pool im Hardrock Hotel und wie man diesen am besten crasht (Crashen bedeutet sich Zugang zum Poolbereich zu verschaffen, obwohl man kein Hotelgast ist. Sondern dies nur vorgibt.). Da wir jetzt aber schon so dämlich gefragt haben, kommt das nun nicht mehr in Frage. Im Artikel wird noch ein anderes Fünfsterne Hotel empfohlen, das Trump. Auch hier gibt es wieder eine ausführliche Beschreibung zum Pool und zur Bar, da man ja natürlich auch was zu Trinken bestellen muss, um selbstsicher zu wirken. Als wir am Hotel ankommen, machen sich aber die Charaktereigenschaften des deutschen Schissers und des russischen Spießers wieder breit. Was ist, wenn uns jemand fragt und erwischt – wie peinlich das wäre und so weiter und so fort. Wir fragen einfach, das ist ehrlich und...klappt wieder nicht. Okay, letzter Versuch und diesmal ohne Fragen, da jetzt nach dem ganzen Gelaufe die Sehnsucht nach einem Pool noch größer ist als das schlechte Gewissen. Es gibt noch eine weitere Empfehlung im Artikel - der Pool im Meray soll sehr schön und einfach zu „crashen“ sein. Diesmal schwören wir uns es durchzuziehen. Einfach ganz selbstbewusst reingehen, die Rolltreppe hochfahren und nach links in den Fahrstuhl. Klingt doch einfach – also los. Völlig selbstüberzeugt und nur nicht die Leute an der Rezeption anschauend gehen wir in Richtung Rolltreppe. Da diese erst losfährt, wenn jemand draufsteht, gehen wir, wie in Deutschland und Russland üblich, zur Rechten. Wie groß ist unsere Überraschung als diese plötzlich in die falsche Richtung fährt. Erschrocken und kreischend poltern wir runter. Der Rezeptionist kommt uns auch schon entgegengelaufen und zeigt auf die andere Treppe. Na das hat ja prima funktioniert mit dem selbstsicheren und unauffälligen Verhalten. Ich kann nicht mehr aushalten vor Lachen und pruste los. Mein Bauch tut schon weh und ich kann mich kaum einkriegen. Dima zerrt mich auf die andere Rolltreppe und da wir nicht zurückgehalten werden, schaffen wir es bis zum Pool. Ist das herrlich – zwar kein Infinity Pool im fünfundzwanzigsten Stock, aber ein Pool mit Aussicht auf ein paar Hochhäuser von unten. Wir ordern Drinks und Burger mit Pommes und freuen uns wie kleine Kinder, dass wir den Pool crashen konnten. Dass es am Ende eine ganz normale Bar mit öffentlichem Pool war, soll hier unerwähnt bleiben.
Erkenntnisse des Tages: Pool crashen ist erlaubt, wenn es heiß ist. Sonnencreme sollte am ganzen Körper aufgetragen werden, um rotstichige Muster an Ohren und Knien zu vermeiden. Der Weg ist das Ziel – auch wenn er mit dem Rad über eine Autobahn führt.
Tag Vier - Oder auch: Affen glotzen in Panama City
Heute ist unser letzter Tag in Panama. Das Sportprogramm auf russischer Seite darf natürlich nicht fehlen, während ich mich genüsslich nochmal umdrehe. Etwas Gutes hat dieser Fitnesswahn ja – Haare auf dem Boden gibt es keine mehr, wenn Dima mit dem Bodenturnen bei einer Luftfeuchtigkeit von neunzig Prozent fertig ist. Der Vielfraß bekommt wieder sein Monster Frühstück und der Tag kann starten.
Zunächst Packen – schön ordentlich und alles faltend im russischen Rucksack, chaotisch und stopfend im deutschen. Wir haben noch sechs Stunden Zeit bis zum Weiterflug nach Quito und wollen die Zeit nutzen um in den Parque Metropolitana zu fahren, einen knapp drei Quadratkilometer großen Nationalpark mit Regenwald nördlich der Innenstadt. Wir starten zu Fuß und nach ganzen fünfhundert Metern bin ich durch die hohe Luftfeuchtigkeit so kaputt und nass geschwitzt, dass wir schließlich doch in ein Taxi steigen – drei Dollar – was kostet die Welt. Auf in den Park, den Dschungel in der Stadt, zum Affen glotzen, wie es Dima liebevoll nennt. Wir stapfen auf den festgetretenen Pfaden den Monkey Trail entlang und starren nur nach oben, um ja kein Faultier oder Affen zu verpassen. Leider stolpern wir mehr, als dass wir irgendein Tier zu Gesicht bekommen. So muss es im Dschungel sein: Sträucher, Bäume, Büsche und dichtes Grün. Lianen hängen zwischen den Bäumen und es fehlt nur noch Tarzan, der mit seinem berühmten Ruf nach Jane schreit. Von seinem Affenfreund Cheeta leider keine Spur.
Plötzlich ein Rascheln. Gespannt starren wir ins Dickicht und sehen eine riesige Ratte ohne Schwanz – Wahnsinn. Und da...noch eine. Immerhin es gibt hier also doch Tiere. Nach anschließender Recherche wissen wir, dass es sich hier um Agutis gehandelt hat, die zur Gattung der Nager gehören. Ah ja. Weiter geht es die Pfade entlang und die Aussicht auf Panama am höchsten Mirador (auf hundertfünfzig Meter) ist lohnenswert und sehr schön. Von der Skyline, über die Bucht bis zum Kanal ist alles dabei und umrahmt von einem satten Grün ist es das perfekte Fotomotiv. Nach zwei Stunden Hügel rauf und Hügel runter, drei Miradores später und zehn weiteren schwanzlosen Ratten, geht es einmal komplett durchgeweicht zurück in die Stadt.
Dima hat schon wieder Hunger – Überraschung. Also erstmal einen fetten Burrito vom Food Market eingeschoben und dann, achja, dann hat er immer noch Hunger und isst noch ein riesiges Eis mit Früchten. Alles was auf meiner „auf keinen Fall essen, weil Bakteriengefahr“ Liste steht verleibt er sich in weniger als zehn Minuten ein. Ich sehe schon die Salmonellen durch seinen Bauch tanzen. Aber die Russen scheinen mit einem Magen-Darm-Trakt aus Stahl gesegnet zu sein.
Um unser Taxi zum Flughafen nicht zu verpassen, bringe ich meinen ausgehungerten Freund dazu, dass wir uns wieder Richtung Hostel bewegen. Ich brauche wohl nicht extra zu erwähnen, dass das vorbestellte Taxi nicht kommt. Vergesst das also mit dem Taxi bestellen, und winkt einfach eins von der Straße ran.
Auf geht’s zum Flughafen, um unseren ersten Flug (viele weitere werden noch folgen) mit Avianca zu starten. Alles ganz OK solange man nichts von dem Essen probiert und nicht in der Reihe vor dem Notausgang sitzt, wo die Sitze so gerade sind, dass wir Angst haben, vorne über zu kippen. In Bogota landen wir zwischen und auch hier werden wir noch das ein oder andere Mal auf unserer Reise zu finden sein. Wir sind auf dem gesamten Flughafen die einzigen Menschen, die stellenweise krebsrot sind und nicht schokobraun. So verlieren wir uns wenigstens nicht so schnell aus den Augen.
Nach einem kurzen Bummel am Flughafen geht’s nach Quito. Ebenfalls Reihe vor dem Notausgang, aber wir kommen pünktlich an. Natürlich hatten wir uns vorher einen Abholservice organisiert - wir sind noch nicht so weit, es zu lassen.
Quito dient nur als kurzer Zwischenstopp, da es von hier dann weiter auf die Galapagosinseln geht. Sie gehören zu Ecuador, wenn sie auch tausend Kilometer vom Festland entfernt liegen. Die Galapagosinseln sind ein Traum, den ich mir schon immer erfüllen wollte und da auch Quito einiges zu bieten hat, werden wir ein paar Tage hier verbringen. Es liegt auf 2800 Metern und ich bin gespannt wie unsere Körper mit der Höhe umgehen. Zwischen Bergen und Vulkanen gebettet soll es eine sehr schöne koloniale Altstadt haben. Außerdem liegt es nur zwanzig Kilometer südlich vom Äquator und somit verläuft hier der Mittelpunkt der Welt (La mitad del mundo). Genügend Gründe für einen Abstecher also. Auch für Quito gibt es einige Warnungen vor Überfällen und Raub im Reiseführer – das hatten wir ja schon. Ich werde ruhiger was meine Ängste angeht, der Respekt bleibt dennoch und weiterhin gilt das Motto: Auge bleib wachsam. Während Dima diesen Satz liest – sehe ich wie er seine Augen verdreht.
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