Wie der Gernert, Dreschert, Eckert, Hilbert, so hatten die verschiedenen Leiter und Vorsteher der übrigen Betriebsarten in den anderen Teilhabern des Gemeindegrundes ihre Helfer und außerdem unfreie Knechtezur Verfügung. Der Knecht hieß der Schackert , von dem keltischen Schack, ein Wort, das in der gleichen Bedeutung im Englischen Jack sich erhalten hat. Der französische Schack wird Jacques geschrieben und Schack gesprochen. Die großen mittelalterlichen Bauernaufstände in Frankreich wurden in der Geschichte mit Schackerie bezeichnet. Seit uralten Zeiten hat der Schack in England die Nebenbedeutung dummer Teufel oder toller Jack. In Frankreich bezeichnete man mit Schack den Bauern. Der Schack nahm in der sozialen Rangordnung die unterste Stufe ein, denn er war ein Höriger, ein Leibeigener, ein Sklave. Im Besitze aller Rechte waren nur die eigentlichen freien Gemeindegenossen. Die vornehmen Kelten, die einst ein eigenes abgegrenztes Haus mit Hof und eigenem größeren Grundbesitz hatten, waren die Humbert (von hom, deutsch Heim). Als die Thüringer das Land besetzten, traten sie an die Stelle der Humbert. Jeder Freie bekam je nach seinem Rang ein mehr oder weniger großes Grundeigentum, dem da und dort je nach dem Rang und Stand der Besitzer ganze Ortschaften der Ureinwohner als Untertanen untergeordnet wurden. Der diesen verbliebene Gemeindegrund wurde unter den Gemeindegenossen Jahr um Jahr zur persönlichen Nutznießung durch das Los verteilt und ein solcher Streifen (Feld, Wiese oder Gartenland) hieß und heißt in den um Mainberg liegenden Ortschaften heute noch die Lah, im Englischen Label genannt. Die Losbesitzer wurden Lahnert oder Lehnert genannt, woraus dann in Altbayern die Lahner und Lehner geworden sind. Aus der Keltenzeit ist noch ein anderer Ausdruck geblieben. Die Kelten nannten sich nämlich nach der Unterwerfung durch die Deutschen selbst die Goidil , das heißt die Schutzbefohlenen. Aus dem Goidil ist der deutsche Godel, der Schutzbefohlene, geworden, eine Bezeichnung, die heute noch unsere Bauern ihren Patenkindern geben. Im Laufe der Jahrhunderte wurden aber durch Gewalt, List und Tücke auch die deutschen Bauern selbst zum Stande der Godel herabgedrückt und die also zusammengeworfene Masse die armen Leute genannt. Außer diesen gab es auf dem Lande nur mehr die herrschenden Stände der Adeligen und Geistlichen, bis die französische Revolution den armen Schack befreite und damit auch den Anfang zur Befreiung des deutschen Michel machte.
Die Viehzuchtstand bei den Kelten in hohem Ansehen. Zeugnis geben dafür ihre Münzen, die meist nur die Bilder von Pferden und Rindern zeigen. Die Zucht, Pflege und Dressur der Pferde, die bei den Kelten sehr wichtig war, weil ihre Kriegsmannen meist beritten waren, oblag dem Rossert . Von dem keltischen Roos, wie heute noch in Altbayern allgemein das Pferd genannt wird, stammt das englische Horse = Pferd. Neben dem Rossert erscheint der Schelbert , der den Schel, d. h. den Beschälhengst hielt, während der Bullert oder Bollert den Gemeindebullen hatte. Bull bezeichnet heute noch im Englischen den Stier und der John Bull einen englischen Charakterzug. Die Kuh hieß Bott. Sie wurde wegen des Fleisches, der Milch und Haut sehr geschätzt. (Vergleiche auch den folgenden Abschnitt über die Milchwirtschaft und bei der Aufzählung der Handwerker den Schuhmacher.) Eine besondere Aufgabe hatte der Lippert oder Leippert, der lippert, d. h. die Pferde, Stiere und Schweine verschneidet. Das Wort lippeln ist heute noch für das Beschneiden der Pferde und Stiere in Altbayern und Österreich im Gebrauch. — Der Lempert war der Schafzüchter. Lempert stammt vom keltischen Läm, englisch Lamb. Lampel heißt heute noch in Altbayern das Schaf, lammern Junge werfen. — Der Name Burkert stammt von Burk = Schwein. Burkert war wie der Dauschert oder Tauschert (von Dausch = Mutterschwein) der Schweinezüchter, ein damals wie heute noch angesehener Beruf. Selbst Fürsten erhielten bei den Iren den Ehrentitel Schweinehirten. Sie führten das Schwein (den Eber) als Talisman. Viele von diesen Glücksschweinchen wurden in Irland in der Neuzeit aufgefunden und aufbewahrt. Schwein heißt, im Englischen wie im Französischen immer noch Pork. Die Kelten waren schon damals große Feinschmecker und die feinen Römer der Kaiserzeit bezogen von den Galliern geräucherte Schweineschinken und Kapaunen. — Der Eberhalter hat bei den Thüringern den Namen Ebert oder Abert erhalten. — Hierher gehört noch der Impert , der die Imp (die Bienen) zu besorgen und den Honig zu sammeln hatte, der nicht bloß den Zucker ersetzte, sondern auch, mit Wasser vermischt, ein gärendes Getränke, den heute noch von den Altbayern gerne getrunkenen Meth gab. Meth ist ein keltisches Wort, das im Englischen Mead geschrieben wird. Ein notwendiger Schutz für Tiere, Pflanzen und Menschen ward durch den Göpfert geboten. Denn sein Beruf bestand in der Bekämpfung des Ungeziefers, namentlich der Wespenplage, die früher in Franken eine arge Landplage war. Die Wespe hieß Göp oder Gäp und hat heute noch im Französischen den gleichen Namen (Guepe, sprich Gep). Der Göpfert war auch der Schärmauser, ein Beruf, der noch heute in der Schweiz existiert.
Die Geflügelzuchtstand bei den Kelten besonders hoch. Das Huhn war bei einzelnen Keltenstämmen sogar ein heiliges Tier, aus dessen Verhalten bei der Fütterung und aus dessen Eingeweiden auch die römischen Auguren im Krieg wie im Frieden ihre Weissagungen schöpften. Von den Inselbretonen, einem keltischen Stamm, berichtet uns Julius Cäsar, dass sie das Huhn aus Ehrfurcht vor dem heiligen Vogel nicht aßen. Bei den Kelten unserer Gegend wurde die Hühnerzucht ebenfalls gepflegt. Das beweist der Umstand, dass es einen besonderen Schuckert gab, der der Schuck, d. i. der jungen Brut, die heute noch im Englischen ähnlich (chick), während die Gluckhenne chuck heißt, seine besondere Aufmerksamkeit zu widmen hatte. Das keltische Boll ist auch das Stammwort für das französische poule , das Huhn, und das englische pullet , das kleine Huhn. Unsere Hausfrauen locken die Hühnerschar heute noch mit dem Rufe: Bulle, Bulle. Von der Verehrung, die das Huhn bei den Kelten wie bei den Römern genoss, zeugt heute noch der Hahn auf den Kirchtürmen. Das Huhn diente auch den geschickten keltischen Metallarbeitern als Modell zu Trinkgefäßen, die später auch in den christlichen Kirchen als Wasserbehälter beim Gottesdienst in Gebrauch standen. Noch heute heißt die Öffnung eines solchen Gefäßes der Hahn. Das Wort Boll in dieser Bedeutung hat sich in mehreren Sprachen erhalten und bezeichnet im Englischen die Schale (Bowle) und den Becher (Bole), im Italienischen die Blase (Bolla). Bezeichnend ist auch, dass kochen im Englischen heute noch boil heißt; französisch bouillir , die Fleischbrühe bouilion ; italienisch boilire , far boile kochen. Auch die Kochkunst der Franzosen ist ein keltisches Erbstück. Außer den Hühnern wurde auch der Gans und Ente die Fürsorge zugewendet. — Der Wiebert hatte seinen Titel von der Wieb (der Gänsehut), der Duckert von der Duck (der Ente), die heute noch ganz gleich im Englischen lautet. Auch bei uns haben sich diese keltischen Worte erhalten. Denn Wieb oder Wieberle ist der Lockruf für die Gänse, Bolle oder Buttle für die Enten und Hühner. Die Ableitung des Wortes Weib von Wieb (Gans) ist dagegen ein schlechter Witz, Weib stammt von weben.
Besondere Beachtung bei den Kelten war der Weidewirtschaftzugewendet, über die der Häbert oder Hebert gesetzt war. Das Wort stammt von dem keltischen Hay = Heide. Hay heißt im Englischen das Heim und wird wie bei uns in Franken Hä gesprochen. Der Name Häbert existiert noch im Englischen als Hayward (sprich Häwerd) und bedeutet den Heidewart, den Hirten. Von Hay stammt auch die Häbe oder das Häberle (die Geiß oder Kitz). Der Hebert war in Gallien (Frankreich), wo sich der Name gleich anderen bei uns vorkommenden keltischen Namen vielfach erhalten hat, als Gemeindehirte und Flurschütz tätig. Die Kelten hielten, wie heute noch ihre Nachkommen, die Franzosen, große Hammelherden. Denn sie liebten das Hammelfleisch. Zudem kleideten sie sich in Wollstoffe. Die Schafe begnügten sich mit mageren Weiden und lieferten den Dung für die jährlich brach liegenden Felder sowie für die nach der Heuernte betriebenen Wiesen. Das Schaf hieß Schip (englisch sheep ), der Schäfer Schipert , der auch hölzerne Löffel fertigte. Noch heute heißt der Löffel, womit er den Schafen Salz reicht, die Schippe. — Der Wiedert hatte die Obsorge über die Wied, das heißt die Weidenpflanzungen. Er musste das Schneiden, Sammeln und Verteilen der Weiden überwachen. Die Verwendung der Wied war ein wichtiger Zweig der Wirtschaft. Die Korbflechterei lieferte die Körbe für das Haus und den Verkehr. Der Korb ist heute noch in Franken ein allgemeines Arbeits- und Transportmittel. Flechtwerk aus Weiden und anderen Zweigen diente auch beim Hausbau zur Aufführung der Wände, wofür die Ausgrabungen des Herrn Dr. Frickhinger mit Ries zeugen. Der Widert hieß in den Gegenden, wo die Weiden zum Teil durch andere Zweige ersetzt werden mussten, auch Buschert . (Bush heißt im Englischen Gebüsch.) Die Korbflechterei hat sich von den Kelten als Heimarbeit bei den Bauern in unserem Frankenlande wie in Frankreich erhalten. Bei uns ist eine Bauernfrau ohne Huckelkorb kaum zu denken.
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