Schlägt nun die Kirchenglocke während des
Sterbegeläutes, so sagt man überall, es ringe ein Sterbender
mit dem Tode. Im Jeverlande sagt man überdies,
wenn am Sonntag mittag das Geläute für eine
Beerdigung am Montag stattfinde, so werde in dieser
Woche noch eine zweite Beerdigung vor sich gehen. –
Schlägt die Turmuhr an Sonn- und Festtagen während
des Wandlungskleppens, so gibts im Kirchspiel in
derselben Woche eine Leiche (Münsterld.), oder wie
es in Wildeshausen heißt: Schlägt die Betglocke zugleich
mit der Stundenglocke, so stirbt jemand. –
Klingen die Kirchenglocken besonders hell, so stirbt
bald jemand in der Gemeinde. – Ist zwischen Weihnachten
und Neujahr (Holle: in den Zwölften, richtiger
Neunten) das Kirchhofstor wegen einer Beerdigung
geöffnet, oder steht in dieser Zeit ein Grab offen,
so wird es im nächsten Jahre viele Leichen geben. –
Wenn ein offenes Grab von selbst wieder einfällt, so
muß aus der nächsten Verwandtschaft bald wieder
einer sterben (Holle). – Derjenige, an welchen im
letzten Augenblicke ein Sterbender denkt, bekommt
sofort ein Zeichen des Todes. – In einer Familie zu
Oldenburg kündigte sich der Tod eines Verwandten
immer dadurch an, daß Saiten auf dem Klavier sprangen.
22.
Vom e i g e n e n K ö r p e r . Beißen jemanden die
A u g e n , so muß er weinen. – Wer T r ä n e n auf
etwas Totes fallen läßt, bekommt die Auszehrung. –
Wem das rechte O h r klingt, von dem wird Gutes gesprochen,
wem das linke, von dem Schlechtes. Doch
heißt es auch umgekehrt (Ammerld.):
Rechtet Ohr – schlechtet Ohr,
Linket Ohr – klinket (?) Ohr.
Wenn von einem Schlechtes gesprochen wird, so
nimmt der Mann den linken Rockzipfel, die Frau den
linken Schürzenzipfel in den Mund und beißt darauf,
dann beißt sich der Verläumder auf die Zunge
(Ammerld.). Wenn man schnell auf den Finger spuckt
und ihn hinter das Ohr hält, so muß der Verläumder
sich benässen (Ammerld.). Dasselbe tritt ein, wenn
der Verläumdete sich in den Ellenbogen beißt (versuchs
einer!). – Juckt einem die N a s e , so erfährt
man etwas neues. – Wenn jemand beim Erzählen
niest, so spricht er die Wahrheit (Oldenbg.). – Wer
am frühen Morgen niest, dem passiert am Tage etwas
Unangenehmes (Delmenh.); wie andere sagen (Oldenbg.),
bekommt man etwas geschenkt, oder: wenn
man des Morgens dreimal nüchtern niest, bekommt
man den Tag etwas Neues zu hören oder hat den Tag
über Glück. – Glaubt man Terpentin zu riechen, so
riecht man seinen eigenen Sarg (Blexen). – Wenn auf
der Tenne unter dem Bodenloch oder Balkenhol
B l u t s tropfen stehen, so wird bald einer vom Boden
stürzen. – »Wenn meine Frau Nasenbluten hat, so
kommen immer nur drei Blutstropfen hervor, und es
ist stets ein sicheres Zeichen, daß bald jemand aus der
Familie sterben muß« (Wildeshsn., Jever). Dasselbe
gilt, wenn jemanden nur e i n Blutstropfen aus der
Nase dringt (und dieser auf die Hand fällt, Oldenbg.).
– Ist jemand krank im Hause und einem Angehörigen
fallen e i n i g e Blutstropfen aus der Nase
(kein eigentliches Nasenbluten), so muß der Kranke
sterben (Langförden). – Aus Löningen wird folgende
eigentümliche Geschichte berichtet: »Vor vielen Jahren
ertranken bei Bunnen zwei Männer, indem sie auf
der zugefrorenen Hase einbrachen. Die nach langer
Zeit aufgefundenen Leichen waren nicht mehr zu erkennen.
Da brachte man sie mit der hinterbliebenen
Witwe eines der Verunglückten in Berührung. Alsbald
floß der einen Leiche warmes rotes Blut aus der
Nase und hieran erkannte man die betreffende Leiche
als die des Mannes dieser Witwe.« Der Berichterstatter
schließt: »Eigenes Blut fließt noch nach dem
Tode.« – »Spitze Naes' und spitzet K i n n , dar sitt
de lebendige Düwel in.«
23.
Juckt einem die linke H a n d , so nimmt man Geld
ein, juckt die rechte, so gibt man Geld aus. – Juckt die
innere Handfläche, so bekommt man Schätze
(Saterld.). – Weiße Flecke auf den Fingernägeln bedeuten
Glück, namentlich Geschenke, neue Kleider;
wenn die Nägel blühen, blüht auch das Glück; dunkle
Flecke bedeuten Unglück (Bösel). In gewissen Kreisen
deutet man die weißen Flecken, vom Daumen anfangend:
Beschenkt, gekränkt, geehrt, geliebt, gehaßt.
– Rotes H a a r deutet auf unzuverlässigen, falschen
oder schlechten Charakter: »Root Haar un Ellernholt
wasset up kinen gauden Grund.« »Rotbart,
schlimme Art.« »Krus Haar, krusen Sinn, doar sitt de
Düwel dremal in.« – Wenn einem die Haut schaudert,
sagt man: »De Dod loppt mi oewer dat Graff.« – Die
Person, welche am Weihnachtsabend keinen
S c h a t t e n wirft (Blexen), oder an deren Schatten
auch nur der Kopf fehlt (Münsterld.), muß im nächsten
Jahre sterben.
24.
Von T r ä u m e n . Dem hochdeutschen Sprichworte
»Träume sind Schäume« entspricht ein plattdeutsches:
»Drom is Drogg« (Traum ist Trug), dem man
wohl noch anfügt: »Is't wäsen, is't noch,« oder: »Dat
was he vor'n Joahr, dat is he noch.« Was man träumt,
wenn man zum ersten Male in einem Hause schläft,
wird wahr, daher wünscht man einem Gaste, der zum
ersten Male in einem Hause übernachtet oder einem
neueingezogenen Mieter: »Träume was Gutes.«
Träumt man abends vor 12 Uhr, so dauert es lange,
bis der Traum sich erfüllt, wenn nach 12 Uhr, ist die
Erfüllung nahe (Jever).
25.
Im Traume gesehenes Gold- oder Silbergeld bedeutet
Glück, Kupfergeld Unglück und namentlich Streit für
den träumenden Schläfer (Jeverld.). – Im Traume Eier
finden oder haben, bedeutet Streit, Fische fangen
Glück (Friesische Wede). Dagegen sagt man auch:
Träumt man von Fischen oder von Wasser, so hat
man in den nächsten Tagen viel Ärger und Verdruß
zu erwarten (Jever). – Träumt man im Winter von
schönen Gartenfrüchten, so bedeutet dies heftige
Krankheit (Jever). – Ein Traum, der sich mit lange
verstorbenen Verwandten befaßt, bedeutet Glück
(Jever). – Träumt man von Hochzeit, so gibts einen
Todesfall, träumt man vom Sterben, so bedeutet das
Hochzeit (Oldenburg). – Wenn man träumt, man sei
auf einer Hochzeit, so gibt es Streit (Jever).
Ein Mann wollte sich keinen Zahn einsetzen lassen,
»denn«, sagte er, »ich sterbe doch bald, vor einigen
Nächten hat mir geträumt, daß mir ein kleiner Finger
abgefallen sei« (Oldenburg).
Träumt einem, daß ihm ein Zahn (Backenzahn)
ausfällt, so stirbt einer aus der Familie. Träumt man
von einem Brande, der schwarz ist und voll Rauch, so
bedeutet dies einen Sterbefall, ist der Brand hell und
ohne Rauch, so bedeutet er Hochzeit in der Familie
(Marsch). – Träumt man von Läusen, so droht ein Todesfall
in naher Verwandtschaft (Jeverld.), oder man
gewinnt Geld (Oldenbg.).
Eine Frau, die im Traume einen wunderschön blühenden
Kirschenzweig gesehen, meinte, das bedeute
Unglück (Stedgn.).
Die bekannten Traumbücher sind reich an weiteren
Traumdeutungen, gehören aber nicht dem eigentlichen
Volksaberglauben an.
26.
Vom F e u e r und L i c h t (vgl. 18, 19). Sieht man
am ersten Ostertage viele Osterfeuer, bedeutet das ein
gutes Erntejahr. – Wenn bei dem Brande eines Hauses
Vieh mit verbrennt, so brennt das neue Haus in
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