Ich will nur noch nach Hause.
In die sicheren 4 Wände.
Wo mich niemand findet.
Ich hasse mich,
hasse meine Krankheit und hasse SIE.
Du, der du urteilst.
Du, der du sagst „reiß dich mal zusammen“.
Du, der du sagst „Schultern hoch“.
Du, der du auch mal traurig bist.
Du, der du sagst „Alles wird gut“.
Du, der du auch mal schlecht geträumt hast.
Du hast nicht die leiseste Ahnung,
von meinen Gefühlen,
von meinen Gedanken,
von meinen Träumen.
Du, halte Dich zurück mit Deinen Ratschlägen.
Ey, hab ja fast gut geschlafen,
war nur dreimal wach!
Habe ich überhaupt geträumt?
Oder kommen die Erinnerungen erst wieder gegen Mittag?
Und sonst? Tinnitus? Ist da.
Kopfschmerz? Ist da.
Motivation? Schläft noch.
Tränen? Vorratsbehälter bis Oberkante gefüllt.
Gefühle?
• Schuldgefühl? Auf normal hohen Level.
• Getriebenheit? Jepp, auch da.
Stimmung? Im Keller.
OK, ein ganz normaler Morgen.
Auf einiges kann man sich halt immer verlassen.
Die Erinnerung an schlechte Träume kommt garantiert.
Manchmal halt erst etwas später.
Ist das Taktik?
Habe letzte Nacht doch geträumt.
• ziemliches Durcheinander / Chaos
• Menschen, die ich nicht sehen will
• Menschen, die mir wehtun
• Verstecken und Schüsse
Na gut, auch ein fast normaler Traum für mich.
Soweit es ist schon.
Solche Trauminhalte nenne ich schon „normal“,
obwohl sie mich jedes Mal wieder fertigmachen,
jedes Mal Schuldgefühle erzeugen, mich jedes Mal runterreißen.
Heute war ein Tag voller Fragen:
Wie lange kann ich das noch aushalten?
Wie lange werde ich meinen Job noch machen können?
Was passiert dann?
Wie werden wir über die Runden kommen?
Wer wird weiter zu mir halten?
Was wäre, wenn ich gehen könnte?
Würden die, die mir das angetan haben, an meinem Grab weinen?
Würden die überhaupt kommen?
Würden meine Frau und meine Kinder das zulassen?
Wer würde überhaupt kommen?
Werde ich mich irgendwann wieder einige Stunden lang konzentrieren können?
Werde ich irgendwann wieder der werden, der ich mal war?
Wann werde ich meine Frau
wieder unterstützen können?
Was denken eigentlich unsere Bekannten von mir?
Warum tun Eltern so was?
Was habe ich getan, dass meine Geschwister mich so behandeln?
Was ist daran schlimm, wenn man sich eine friedliche Familie wünscht?
Warum ist es immer und überall so laut?
Warum lachen jetzt alle um mich herum?
Lachen die über mich?
Viele Fragen, keine Antworten.
Ein heilloses Durcheinander.
Werde mal versuchen, die ganzen Fragen zu sortieren.
Wieder eine Frage: Wonach sortieren?
Nach der Anzahl der Wörter?
Oder chronologisch?
Nach dem Anfangswort?
Ich weiß es noch nicht.
Na ja, morgen ist auch noch ein Tag zum Grübeln oder heute Nacht?
Da, schon wieder eine.
Meine Argumente wurden stets verdreht.
Ich wurde stets belogen.
Ich wurde stets verarscht.
Ich musste stets zurückstecken.
Ich wurde stets ausgeschlossen.
Doch das BÖSE bin ich.
Ich bin das schwarze Schaf!
Die Tür zur Vergangenheit
Jeden Tag,
jede Nacht,
kommt ein Stückchen hindurch,
ein Stückchen vergessene Vergangenheit,
ein Stückchen verdrängte Vergangenheit,
ein Stückchen von mir.
Jedes Stückchen tut weh.
Jedes Stückchen schmerzt in der Seele.
Alles wird gut.
Immer wieder höre ich „Alles wird GUT“.
Nein, wird es nicht.
Immer wieder fühle ich „Alles tut WEH“.
• die Worte
• das Schweigen
• das Handeln
• das Nichtstun
• die Fragen
• die Antworten
• das Licht
• die Dunkelheit
Das alles tut immer wieder so unheimlich weh.
Ein neuer Tag eine neue Woche.
Alte Gedanken neue Tränen.
Alte Ängste neue Ausreden.
Alte Fragen keine neuen Antworten.
Neuer Mut alte Verzweiflung.
neue Kraft leider nicht.
neuer Tag WARUM?
Immer wieder höre ich „Alles wird GUT“
Nein, wird es nicht.
Immer wieder fühle ich „Alles tut WEH“
- die Worte
- das Schweigen
- das Handeln
- das nichts tun
- die Fragen
- die Antworten
- das Licht
- die Dunkelheit
das alles tut immer wieder so unheimlich weh.
Wo bitte geht‘s zum Ausgang?
Ich hab genug!
Vor acht Wochen endeten meine sechs Wochen Reha.
Das waren sechs Wochen in einer sicheren Welt.
Das waren sechs Wochen Verständnis von anderen.
Das waren sechs Wochen kein Stress.
Das waren sechs Wochen ohne Leistungsdruck.
Dann die Aussetzung zurück in die freie Wildbahn.
Das waren drei Wochen Euphorie.
Das waren fünf Wochen Resignation.
Das waren acht Wochen extremer Leistungsdruck.
Das waren acht Wochen mit vielen verständnislosen Menschen.
Das waren acht Wochen mit Versuchen erlerntes umzusetzen.
Das waren acht Wochen Misserfolge.
Das waren acht Wochen reichlich Stress.
Eben war ich wieder eine Stunde bei meiner Therapeutin.
Ihr Fazit: Es wird Zeit die Notbremse zu ziehen.
Es wird Zeit wieder mehr an mich zu denken.
Es wird Zeit dem Leistungsdruck eine Weile zu entgehen.
Es wird Zeit wieder Halt unter den Füßen zu bekommen.
Habe mich noch nie so nach einer Krankschreibung gesehnt.
Habe mich noch nie so an einem winzigen Funken Hoffnung geklammert.
Hoffentlich teilt mein Hausarzt die Meinung meiner Therapeutin.
Ist wie eine Fata Morgana,
immer wieder taucht sie auf,
immer wieder scheint sie mich zu rufen,
immer wieder glitzert sie in der Sonne.
Doch,
je mehr ich ihr entgegenkomme,
desto weiter scheint sie sich zu entfernen.
Je fester ich sie halte,
desto mehr rinnt sie mir aus den Händen.
Hoffnung?
Gibt es sie wirklich?
Mittlerweile bin ich am Ende meiner Kräfte angelangt.
Ich habe gekämpft:
• für meine Eltern und Geschwister.
• um meine Eltern und Geschwister .
• gegen meine Eltern und Geschwister.
• gegen meine Gefühle.
• gegen meine Gedanken.
• um meine Arbeit.
• um einen Platz bei einem Psychotherapeuten.
• um eine Reha.
• für meine Ziele.
• für Verständnis.
• gegen meine Depression.
Habe ich etwas erreicht?
Ein wenig schon.
Einige Kämpfe habe ich verloren, einige gewonnen.
Vor allem habe ich aber die erste Runde gegen die Depression haushoch verloren.
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