H. C. Schwarz - Hardcore

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Ergänzt von sehr persönlich gehaltenen Tagebucheinträgen wird die Geschichte eines Pornoregisseurs erzählt, der eine existenzielle Krise durchlebt, die schließlich in einem Selbstmordversuch gipfelt. Da er in seinem labilen Zustand eine Gefahr für sich und andere darstellt, landet er in der psychiatrischen Notaufnahme.
Im Zuge des sich an seine Zwangseinweisung anschließenden Entgiftungsprogramms kommen die lange verdrängten Erinnerungen an den sexuellen Missbrauch hoch, dem er als Kind ausgesetzt war. Noch während seines Aufenthalts in der Anstalt lernt er im Rahmen einer Gruppentherapie eine Frau kennen, die einer ähnlichen traumatischen Erfahrung ausgesetzt war. Sie verlieben sich ineinander und fliehen aus der psychiatrischen Klinik, um inmitten eines großen, naturbelassenen Waldes in einem alten Forsthaus gemeinsam einen Neuanfang zu wagen.
Bei dem Text «HARDCORE – Tagebuch eines missbrauchten Mannes» handelt es sich nicht nur um eine Liebesgeschichte der besonderen Art, sondern auch um den authentischen Bericht über den Weg eines Paares hin zu einer geheilten, liebevollen Sexualität. Er erzählt von der Sehnsucht eines Mannes nach innerem Frieden und von seinem Prozess der Aussöhnung mit dem Weiblichen, das in jedem Mann zuhause ist.

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Irgendwie gefiel ich mir auch in der Pose eines postmodernen Philosophen. Eine öffentliche Toilette war das perfekte Ambiente für schwermütige, gesellschaftskritische Einflüsterungen der Seele. Mir mein Klo, so wie Diogenes seine Tonne. Mein griechischer Urahn und Bruder im Geiste, wäre bestimmt stolz auf mich gewesen.

1.10 Mein Tagebuch / 4

Wie ist es

eigentlich möglich, gleichzeitig ein naturalborn Frauenversteher und ein potentieller Vergewaltiger sein?

Das ist der groteske Spagat, der mich innerlich zu zerreißen droht. Ich will die Frauen vor den bösen Männern beschützen. Also letztendlich auch vor mir selbst? Was für ein völlig verdrehtes Helfersyndrom.

Das eigentlich Verstörende in meinem Leben sind diese ganzen inneren Widersprüche. Zum Beispiel mein Job als Pornoregisseur. Ich hasse diese moderne Form der Sklaverei, bin aber schon seit meiner frühen Pubertät pornosüchtig. Im zarten Alter von 13 Jahren entdeckte ich das Versteck, in dem mein Vater sogenannte erotische Literatur sammelte.

Da waren ziemlich kranke Texte dabei, ein kriegsverherrlichender Porno zum Beispiel, der Sex und Gewalt grausam verknüpfte. Er handelte von einer Horde durchgeknallter Soldaten, die marodierend durch das Hinterland zogen, um sich an der Zivilbevölkerung für den verlorenen Krieg zu rächen. In einigen Passagen des Buches wurden Männern und Frauen während des erzwungenen Koitus die Bäuche aufgeschlitzt und die Hälse durchgeschnitten, damit ihre Arschlöcher und Mösen im Todeskampf verstärkt zuckten und krampften. Und die Monster in Uniform schwärmten anschließend über die besonders geilen Schwanzmassagen und den besonderen Kick, den sie sich auf diese Art beschafft hätten. Selbst in puncto Lustmorde an Kleinkindern, kannte dieses kranke Machwerk keine Grenzen.

So abschreckend und ekelerregend ich diese bestialischen Schilderungen auch fand, es machte dennoch sofort Klick in mir, nicht nur im Kopf, sondern auch in meinem Körper. Und ich entwickelte eine starke Abhängigkeit von solchen Bildern und Fantasien, bekam ohne brutale Wichsvorlagen schließlich keine Erektion mehr.

Bis dahin hatte ich mir die lustvollen Situationen immer selbst ausgedacht. Meine Vorstellungswelt beim Onanieren war noch erfüllt von kindlicher Naivität und dementsprechend harmlos gewesen. Sie besaß einen gewissen Touch von Unschuld. Doch nun verkümmerte meine eigene, bunte Erfindungsgabe und wurde ersetzt durch fremde, kalte Klischees. Am Ende dieses Prozesses, fühlte ich mich wie ausgebrannt und musste diese Leere täglich zwanghaft mit den Hochglanzbildern der Pornoindustrie vollstopfen.

Und dann begann diese Gewaltspirale, sie fing an sich schneller und schneller zu drehen. Ich gierte nach immer härteren Motiven, je brutaler der Sexualakt und devoter die Rolle der Frau, desto mehr geilte es mich auf. Schließlich war ich programmiert auf eine Fusion aus massiver Pfählung und knochenbrechender Kreuzigung. In meiner maßlosen Gier wurde ich zu einem sabbernden Monstrum.

Es war ein Teufelskreis aus Gier und Scham. Kaum war ich gekommen und meine Erregung verpuffte, schämte ich mich in Grund und Boden. Blutige Kastrationsfantasien quälten mich. Ich mochte kein Mann mehr sein. Ich wollte das verdorbene, todbringende Genital mit Stumpf und Stil aus mir herausschneiden, mich selbst ausweiden und meine mörderische Sexgier mit dem Feuer der Selbstzerstörung bekämpfen.

Das ging solange, bis meine Lust meine Scham erneut überwucherte und mich zurück an den Futtertrog aus geilen Abziehbildern zog. Und damit schloss sich der Teufelskreis um mich und alles ging wieder von vorne los. Eine endlose Kette aus zwanghaften Wiederholungen, aus der es kein Entkommen gab. Scham, Gier, Scham, Gier.

Seitdem bin ich ein Junkie, neben zig anderen Abhängigkeiten, die sich inzwischen dazugesellt haben, bin ich vor allem pornosüchtig. Bei Muschibildern hakt es bei mir vollständig aus. Ich höre auf zu denken, bin nur noch ein hungriger Schwanz. Ich bin verrückt nach dem geilen Scheiß.

Das Zeug hat weit mehr Suchtpotential, als die meisten User zugeben würden. Meiner Ansicht nach, ist Porno wohl einer der am meisten unterschätzen Suchtstoffe weltweit. Eine verfluchte Droge, die damals klammheimlich in mich hineinkroch, Teile meines Bewusstseins auslöschte und begann, mein Herz und mein Hirn langsam von innen her aufzufressen.

Ein hinterhältiger Parasit, der sich seit meiner Pubertät nachts in meine Träume bohrt und mich auf den Pornoplaneten entführt. Dort gibt es abertausende fickwilliger Mösen und Ärsche und Münder, allesamt dauerfeucht und scharf auf mich. Die bespringen mich im Akkord, um mich mit meinen Suchtstoff, ultrahartem Zombiesex, zu betanken.

Sexuelle Zwangsbeglückung, genitale Druckbetankung am laufenden Band, und ich reagiere selbst im Tiefschlaf mit einen Dauersteifen, lüstern sabbernd wie ein debiler Vollidiot.

Träume, die meine Sinne vernebeln, verkleben und aus denen ich mit quälender Schuld erwache, um mit zerrissenen Gefühlen den Feind in meinem Spiegel anzustarren. Obwohl ich mich dafür hasse, so willenlos und schwach zu sein und nicht Nein sagen zu können zu diesen ferngesteuerten Pornofotzen, spiele ich das böse Spiel doch freiwillig mit.

Ich hasse Porno und kann trotzdem nicht die Finger davon lassen. Er hat etwas Fesselndes, Zwingendes. Ich werde die Bilder einfach nicht mehr los. Sie werden zur Besessenheit, zu Geistern, die mich unablässig verfolgen. Sie rufen mich Tag und Nacht. Sie quengeln und befehlen, peitschen mich zurück zur schier unerschöpflichen Quelle meines Selbsthasses.

Ihr kranken Kinderlein kommt herbei, so kommt doch alle! Ich weiß wonach euch dürstet! Trinkt, sauft das Gift, das Schuld und Scham so prächtig gedeihen lässt! Und eure Gier wird sich bis ins Unermessliche steigern!

Hereinspaziert, ein Platz in der Vorhölle ist für euch reserviert. Hier werdet ihr erstklassig bedient, mit Schlüsselreizen am laufendem Band. Kommt und genießt das kunterbunte Programm, das affengeile Frauenopfer, das wir so schön lecker für euch in Szene gesetzt haben.

Kommt und rubbelt eure Schwänze blutig. Ja, wichst euch restlos um den Verstand!

1.11 Mentales Reset

Und wieder einmal

machte sich Erleichterung in mir breit. Ich war etwas losgeworden, hatte geistigen Ballast abgeworfen, einen gigantischen Bärenschiss voller nebulöser Düsternis in den Orkus namens Tagebuch gejagt.

Mal ehrlich, wem, zur Hölle, sollte ich sonst all diesen kranken Bullshit guten Gewissens anvertrauen? Bei meinen wirren Hirngespinsten, hätte doch garantiert jeder noch so abgebrühte Therapeut schreiend Reißaus genommen, oder?

Ich klappte mein geliebtes Tagebuch zu und verließ kurz mein räumlich beengtes Exil, um mir einen Kaffee zu holen. Auf dem Weg zurück in mein, nach altem Urin stinkendes Refugium, machte ich einen kurzen Abstecher an das Filmset und sah nach dem Rechten. Da ging alles seinen gewohnten Gang.

Münder gaben unartikulierte Stöhngeräusche von sich und hübsch geformte Körper klatschten rhythmisch aufeinander.

Der Kaffee schmeckte schal und abgestanden, wie alles an diesem Tag. Ich nahm noch eine gut bemessene Nase, zündete mir eine Zigarette an, inhalierte tief und zückte erneut meinen goldenen Stift.

1.12 Mein Tagebuch / 5

Unter dem Deckmantel

von Lifestyle und fadenscheiniger Liberalität wird unser natürliches Bedürfnis nach erotischem Genuss und lustvoller Freude am Körperlichen zerstört und uns eine sogenannte freie, tabulose Sexualität verkauft, die zu Lieblosigkeit und Abstumpfung führt.

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