1 ...7 8 9 11 12 13 ...16 »Ich verabscheue Gewalt, doch sie lassen mir keine andere Wahl, junge Dame.«, hörte Rick wieder die Stimme aus dem Telefon.
»Ich gebe ihnen noch eine Minute um ihre Antwort zu überdenken, danach werden meine Männer nicht mehr so nett zu ihnen sein.«
Rick konnte sehen, wie sich Samanthas Körper leicht bewegte. Nein, nicht bewegte, sondern zitterte. Jetzt war Schluss damit. Er sprang auf die Treppe, die zum Büroraum führte, nahm gleich zwei Stufen auf einmal und öffnete leise die Eingangstür. Die Männer waren so auf die Stimme fixiert, dass sie ihn nicht bemerkten. Von hinten stürzte er sich auf den Entführer mit dem Messer, denn er sollte keine Chance bekommen, Sam doch noch weh zu tun. Mit einem gekonnten Handgriff brach er ihm das Genick. Gleichzeitig holte er mit seinem Bein aus und verpasste dem anderen Mann einen Hieb in den Unterleib. Der ging mit einem schmerzverzerrten Gesicht in die Knie. Rick schnappte sich das Messer und rammte es dem am Boden liegenden Entführer mitten ins Herz. Samantha hatte immer noch die Augenbinde um. Der Anblick der getöteten Männer wäre sicher schrecklich für sie gewesen. So durchtrennte Rick erst einmal nur die Fesseln, nahm sie bei der Hand und verlies mit ihr den Raum. Auf der Treppe löste er die Augenbinde und gab ihr ein Zeichen den Mund zu halten und hier einen Augenblick zu warten. Sam zitterte nach wie vor am ganzen Körper. Rick lief noch einmal in das Zimmer, wo er die Männer getötet hatte.
Die Person, mit der sie noch vor ein paar Minuten über das Telefon kommuniziert hatten, war nicht mehr zu hören. Rick ging zum Telefon, nahm den Hörer und sagte in einem resoluten Ton:
»Sollten sie jemals wieder die Hand an Samantha Black legen, töte ich sie. Das ist ein Versprechen.«
Dann unterbrach er die Verbindung und kümmerte sich um Sam.
Sie stand immer noch wie versteinert da, als Rick sie in seine Arme nahm.
»Wir müssen sofort von hier verschwinden.«, sagte er mit sanfter Stimme.
Dann nahm er Samanthas Hand und sie verließen das Lagerhaus. Erst in seinem Auto sah er sie an. Er drehte sich zu Sam und legte eine Hand auf ihre Wange.
»Ich hatte große Angst um dich.« Ihre Blicke begegneten sich und dann beugte sich Rick zu ihr und legte seine Lippen auf ihren Mund. Sam wehrte sich nicht. Sie ließ es geschehen.
»Wohin möchtest du?«, fragte er.
Ganz leise sagte sie: »Ist mir egal, nur weg von hier.«
Sam legte den Kopf nach hinten und schloss die Augen.
Sie war am Ende ihrer Kräfte.
Verhängnisvolles Geheimnis
Sam hatte sich wieder soweit erholt, jedoch öffnete sie ihr Geschäft erst gegen 11 Uhr am nächsten Tag. Rick hatte sich zurückgezogen. Sie ließ das Geschehene Revue passieren. Es war ihr immer noch unbegreiflich, wie sich alles entwickelt hatte. Sam überlegte, was sie tun sollte.
Zunächst musste sie unbedingt mit ihrer Mutter sprechen. Sie nahm ihr Telefon und rief sie sofort an.
»Mom, wir müssen reden. Treffen wir uns zum Mittagessen in unserem Stammlokal?«
Am anderen Ende der Leitung entstand eine Pause.
»Mom, bist du noch dran?«
Sam hörte einen tiefen Atemzug.
»Ja natürlich Kleines. Über was möchtest du denn mit mir reden?«
Ihre Mutter wirkte merkwürdig, so war sie sonst nie. Jetzt machte sich Sam ernsthaft Sorgen.
»Das möchte ich am Telefon nicht sagen. Ist mit dir alles in Ordnung?«
»Doch, doch Schatz, es ist alles gut. Ich bin heute nur etwas unpässlich. Meine Migräne, du weißt schon. Vielleicht können wir es auf einem anderen Tag verschieben?«
Sam sah den Hörer verdutzt an.
»Ja, natürlich Mom. Dann gute Besserung und ruf mich an, wenn du etwas brauchst.«
Samantha legte mit einem unguten Gefühl auf. Irgendetwas stimmte hier nicht. Ihre Mutter hatte in ihrem ganzen Leben noch keine Migräne gehabt. Wollte sie ihrer Tochter damit etwas mitteilen? Verdammt, was war denn nur los? Gibt es denn keinen normalen Tag mehr? Sie legte das Gesicht in ihre Hände und überlegte einen Moment. Wieder nahm sie das Telefon zur Hand und rief Gina an. Gina half ihr immer, wenn sie Urlaub hatte oder was selten vorkam, wenn Sam krank war. Sie war sofort einverstanden und da sie nicht weit entfernt von Sams Boutique wohnte, war sie innerhalb weniger Minuten bei ihr im Geschäft.
»Vielen Dank Gina, du bist ein Engel.«
»Ach komm schon Sam«, sagte sie, »ich hatte nichts weiter zu tun und einen kleinen Nebenverdienst kann ich immer gut gebrauchen, aber wolltest du nicht irgendwo hin?«
»Ich gehe ja schon.«, wendete Sam lächelnd ein.
»Wenn etwas ist, erreichst du mich über meine Handynummer. Sollte ich nicht rechtzeitig zurück sein, dann schließ bitte ab. Bis dann.«, rief sie ihr noch beim Gehen zu.
»Wird gemacht Chefin.«
Kurz überlegte Sam, ob sie erst nach Hause oder doch gleich zu ihrer Mutter fahren sollte. Eines stand fest, das Verhalten ihrer Mutter war nicht so, wie sie es von ihr gewohnt war. Sie war immer wie eine Glucke. Holte sich Sam mal eine Schramme oder hatte sich nur in den Finger geschnitten, hätte sie am liebsten gleich den Notruf gewählt.
Sam war sich sicher, ihre Mom wollte ihr mit der Migräne etwas mitteilen.
Kurz zuvor. Amanda Black wohnte ganz in der Nähe ihrer Tochter. Als sie am Frühstückstisch saß, klingelte es an der Tür. Ein Blick auf ihre Armbanduhr sagte, es war zu früh für einen Besuch. Wer also wollte um diese Zeit etwas von ihr. Durch den Türspion sah sie, wer sie störte. Sie öffnete und ließ ihren Besucher herein.
»Hallo Manuel, ist etwas geschehen oder warum kommst du?«
»Nein, nein Mrs. Black, es ist alles in Ordnung mit Ihrem Mann. Ich wollte allein mit Ihnen reden.«
Amanda fand das äußerst merkwürdig. Sie hatte ein eigenartiges Gefühl. Plötzlich wollten alle mit ihr reden. Erst ihre Tochter und nun auch noch Manuel.
»Worüber möchtest du denn mit mir reden?«
Manuel sah sich unauffällig in der Wohnung um. Das entging Amanda nicht. Langsam wurde ihr mulmig.
»Nun ja, ich weiß nicht so richtig, wie ich es sagen soll. Wir kennen uns ja schon sehr lange. Ich meine Ihren Mann, den ich beschütze oder Ihre Tochter, mit der ich befreundet bin und die ich auch sehr mag.«
»Manuel, komm auf den Punkt.«, sagte sie ziemlich barsch.
»Mrs. Black, Sie vertrauen mir doch, nicht wahr?«
Amanda war eine herzensgute Mutter, eine liebende Ehefrau, aber vertrauen tat sie außer ihrer Familie nur sich selbst. Durch ihre Arbeit als Dolmetscherin in der amerikanischen Botschaft in Bogota hatte sie gelernt, nicht alles zu glauben, was andere erzählten. Ja sie kannte Manuel, aber vertrauen, das ging zu weit.
»Manuel, Vertrauen muss man sich verdienen. Was bitte willst du von mir?«
Diese Antwort hatte er nicht erwartet. Er wirkte etwas verlegen.
»Nun gut, ich gehe mal davon aus, dass Sie bereits von ihrem Mann darüber informiert wurden, dass Rick wieder da ist. Wenn Sie wissen, wo sich mein Bruder aufhält, sollten Sie es mir sagen.«
Amanda sah Manuel überrascht an.
»Woher soll ich das denn wissen? Ich habe ihn seit dem Überfall auf Samanthas Geschäft nicht mehr gesehen.«
»Ich glaube, dass Sie mir nicht die Wahrheit sagen.«
Amanda stellte ihre Kaffeetasse hin, erhob sich von ihrem Stuhl und sah Manuel in die Augen.
»Was für eine Unterstellung.«, schrie sie beinahe, »es ist besser, wenn du jetzt meine Wohnung verlässt.«
Manuel stand ebenfalls auf.
»Sie sind nicht mehr in der Position mich herum zu kommandieren. Das konnten Sie vielleicht in Kolumbien, aber nicht hier in L.A., verstanden?«
Amanda war überrascht über seinen plötzlichen Gefühlsausbruch. Mit offenem Mund sah sie Manuel an.
»Was ist denn in dich gefahren Junge? Ich kann mich nicht daran erinnern, dich jemals herum kommandiert zu haben. Dafür gab es nie einen Grund. Im Gegenteil, ich dachte, du wärst unser Freund und nun zeigst du plötzlich dein wahres Gesicht. Ich bin zutiefst enttäuscht von dir.«
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