Timothy lachte. »Das soll sie auch nicht. Ich habe mich dort nicht beworben, um einen leichten Job zu bekommen. Die Arbeit interessiert mich wirklich.«
»Und dann willst du zur Army gehen?«, seufzte Mrs Dilton. Ihr Mann warf ihr einen scharfen Blick zu.
»Rita, auch das ist seine eigene Entscheidung. Wir sollten ihn zu nichts überreden.«
Abwehrend hob seine Frau die Hände. »Ich weiß, ich weiß. Aber ich will mein Baby trotzdem nicht verlieren.«
»Mum«, stöhne Timothy. »Das hatten wir doch schon. Ich habe mich intensiv informiert und möchte gerne das Erste-Hilfe-Team unterstützen. Als Vorbereitung darauf absolviere ich dieses Praktikum. Es passt alles zusammen. Und mir wird schon nichts passieren.«
»Na toll – also will er an die Front?«, stöhnte David auf. »Nicht gerade ein leichter erster Schützling, oder?«
»Aber nicht als Kämpfer«, antwortete Louis. »Vielleicht wird es gar nicht so schlimm.«
»Schatz, auch die Sanitäter bekommen immer mal wieder etwas ab. Sie sind zwar nicht bei den Kämpfen dabei, aber wenn Bomben fliegen, kann man nie wissen.« Traurig sah sie ihren Sohn an, den Topfschaber in der Hand. »Aber dein Vater hat Recht – du wirst das schon machen.«
David und Louis beobachteten, wie Timothy sein Frühstück beendete und mit seinen Eltern weiter über seine Erwartungen an das Praktikum sprach. Dann stand er auf, brachte seinen Teller weg und machte sich bereit, um das Haus zu verlassen. Währenddessen unterhielten sich David und Louis. Zu Beginn des Tages hatten beide bei ihrem Partner eine gewisse Anspannung gespürt, doch die verflog mit der Zeit mehr und mehr.
»Hast du wirklich seit dem Regelverstoß bei dem Vorfall mit deinem kleinen Bruder nicht mehr versucht zu wandeln?«, fragte Louis und warf David einen interessierten Seitenblick zu.
»Das mit meinem Bruder ist passiert, als ich unsichtbar auf der Erde war«, antwortete David. »Kurz danach versuchte ich das erste Mal zu wandeln, doch da habe ich mich viel zu auffällig verhalten. Ich bin ziellos durch die Gegend gelaufen und hätte beinahe vor meinem Elternhaus einen Blumenstrauß mit Kondolenzkarte hinterlegt.«
»Tatsächlich? Für dich selbst?« Louis hob die Augenbrauen. »Dabei hast du immer so gefasst gewirkt. Und das von Anfang an, das ist mir gleich aufgefallen.«
David nickte. »Das war wahrscheinlich mein Problem. Ich habe es einfach so weggesteckt, habe die ganze Sache gar nicht richtig verarbeitet, vielleicht sogar nicht einmal realisiert. Ich habe erfahren, dass ich gestorben bin, und was mache ich? Hey cool – es gibt Schutzengel, ich mache mit! Für einen Menschen ist es doch echt unglaublich hier: Überirdische Wesen, Leben nach dem Tod, Verwandte beobachten. Das war dann doch irgendwann zu viel für mich. Die Gefühle haben mich eingeholt und überwältigt.«
Louis blickte wieder auf den See. Timothy stieg gerade in seinen Wagen ein. Wenig später fuhr er die Auffahrt hinunter und bog auf die Straße. Seine beiden Schutzengel lehnten sich etwas nach vorne und waren nun aufmerksamer als vorher. Im Straßenverkehr musste man schnell sein. Und im Hinterkopf spukten immer wieder die Unverstandenen herum, die irgendwo lauern und Unfälle herbeiführen könnten.
Als Timothy unbeschadet bei der Einrichtung PhysiHeal ankam, parkte er, stieg aus und strich sein Hemd glatt. Er wurde von der Leiterin der Institution begrüßt und die beiden begannen, ohne große Umschweife, einen kleinen Rundgang durch das Gebäude. Der neue Praktikant wurde in verschiedenen Zimmern vorgestellt, bei Pflegerinnen, bei älteren Menschen, die dauerhaft in der Einrichtung lebten, und im Gemeinschaftsraum. David und Louis entspannten sich.
»Tja, und seit dieser Blumengeschichte war ich nicht mehr sichtbar auf der Erde gewesen«, fuhr David fort und lehnte sich zurück, bis er sich mit den Händen hinter seinem Rücken abstützen konnte. »Bis vorgestern. Da habe ich es noch einmal gewagt.«
»Und?«, hakte Louis nach. »Wie ist es gelaufen?«
»Eigentlich kann ich nicht klagen, doch ich war auch etwas abgelenkt.«
Timothys Chefin war mit ihrem Rundgang fertig und blieb vor der Eingangstür stehen.
»Für Sie haben wir eine Aufgabe, bei der Sie viel umherfahren müssen. Sie sollen eine Patientin bei ihrem Elternhaus abholen, sie zur Therapie hierherfahren oder anderweitig zu Arztterminen. Wenn die Ferien vorbei sind, fahren Sie sie in die Schule und zu anderen sozialen Veranstaltungen, zu denen sie möchte. Innerhalb Ihrer Arbeitsstunden versteht sich.«
»Darf man fragen, von was du so abgelenkt warst?«, holte Louis David aus seinen Gedanken.
David biss sich auf die Lippe und fluchte innerlich. Nicht mal einen Tag konnte er seine Fähigkeit für sich behalten. Und dann gerade gegenüber Louis, wo ihm die anderen doch so wenig trauten. Jetzt musste er irgendwie die Kurve kriegen.
Doch in dem Moment zog etwas anderes Davids Aufmerksamkeit auf sich.
»Was für ein Zufall«, hörte er die Leiterin der Pflegeeinrichtung sagen. »Da kommt unsere Patientin ja gerade.« Die Seiten der elektronischen Tür schoben sich auf und eine junge Frau wurde in einem Rollstuhl in das Foyer geschoben. Davids Augen weiteten sich und sein Herz setzte einen Schlag aus.
Louis bemerkte von alldem nichts und bohrte weiter. »Oder ist das geheim?«
Davids Gedanken rasten. Er starrte auf das Bild und konnte es nicht fassen. Die Patientin, um die sein Schützling sich kümmern sollte, war Cathy.
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