1 ...6 7 8 10 11 12 ...24 Firehand gab zurück:
„Na, das ist doch mal ein Wort! Ein Yankee, verzeiht den Ausdruck, der ein gutes Bier zu schätzen weiß. Das muss ein guter Mann sein, … Prost!“
Er schmunzelte und hob sein Glas. Dann, ernster werdend, fuhr er fort:
„Nun, Ihr wisst, ich bin kein Mann der großen Worte und weitschweifiger Reden. Ich komme daher gleich zur Sache.
Ich war, Eurem Auftrag gemäß, in Taos, habe Erkundigungen eingezogen und versucht, eine Spur von Leos Familie oder vielleicht der Verbrecher Etters und Thibaut zu finden. Was ich in Erfahrung bringen konnte, war leider nicht sehr viel.
Nachdem ich Euren damaligen Vermieter ausfindig gemacht hatte, fragte ich ihn danach, ob er sich an Euren Aufenthalt in Taos erinnern könne. Er konnte sich darauf besinnen, vor Allem, weil Ihr so plötzlich verschwunden wart.
Nun fragte ich Ihn, ob später noch einmal nach Euch gefragt worden war. Als ich erwähnte, dass es sich bei den Personen, welche sich womöglich erkundigt hatten, auch um Indianer habe handeln können, erinnerte er sich an eine Indianerin, die bei ihm gewesen war. Seiner Erinnerung nach, muss das gut zwei Jahre nach Eurem Verschwinden gewesen sein.
Hierbei wird es sich wohl um Tehua, deine Mutter, gehandelt haben.“, sagte er zu mir gewandt. „Tokbela wird es nicht gewesen sein. Der Mann meinte, die Indianerin habe ihren Namen nicht genannt. Sie habe aber so klares Englisch gesprochen, dass er trotz ihres indianischen Habits glaubte, sie müsse lange unter Weißen gelebt haben. Ein weiteres Indiz für die Annahme, dass es sich um ein Mitglied deiner Familie handelte, Leo. Außerdem liegt dieser Schluss sowieso nahe, weil eine andere Indianerin kaum Interesse an Euch gehabt haben dürfte.
Dieser Hinweis führt mich aber auch zu der Annahme, dass es nicht Tokbela war. Wie wir wissen, war diese ja, in der Folge ihres Zusammenbruchs, zumindest damals kaum zu einem normalen Gespräch in der Lage.“
„Da stimme ich Euch zu, Mr. Firehand!“, meinte Mr. Wallace. „Leo und ich haben das auch schon so beurteilt, als Ihr telegraphiert habt. Seid Ihr noch weiteren Hinweisen nachgegangen?“
„Ja, wie Ihr Euch denken könnt, habe ich versucht, die Spur dieses Thibaut oder Lassalle aufzunehmen. Es ist mir dies aber nicht geglückt. Lassalle-Thibaut hatte auf den falschen Namen eine Kutsche gemietet und ist auch, nach Auskunft des Vermieters derselben, mit einer jungen Indianerin und einem Kind, mit der Kutsche vom Hof gefahren. Weitere Personen seien nicht dabei gewesen.
Die Beschreibung zu Dan Etters oder John Bender, wie der ja damals auch genannt wurde, sagte ihm leider gar nichts. Lassalle-Thibaut hatte die Miete für die Kutsche und zwei Zugpferde im Voraus bezahlt, die übliche Pfandzahlung von einigen Dollars hatte er ebenfalls entrichtet. Das Gespann sollte in Santa Fé abgeliefert werden, was aber nie geschehen ist. Hier verliert sich also auch diese Spur. Immerhin könnte man versuchen, auf der Route zwischen Taos und Santa Fé auf die alte Fährte zu stoßen.“
„Sie können da tagelang unterwegs gewesen sein,“ gab ich zu bedenken, „und irgendwo auf der Strecke von dem angegebenen Ziel abgewichen sein. Wahrscheinlich hatte Thibaut von Anfang an gar nicht vor, bis Santa Fé zu reisen“.
„Das denke ich auch,“ erwiderte Firehand, „ich nehme sogar an, dass er diese Richtung gar nicht eingeschlagen hat. Aber dennoch müsste man hier ansetzen, wenn man die Spur wiederaufnehmen wollte.“
Er schaute mich bei diesen Worten eigentümlich an. Ahnte er, dass ich selbst genau das tun wollte?
„Nun,“ sagte Mr. Wallace, „ich bin Euch jedenfalls sehr dankbar, Mr. Firehand, dass Ihr uns diesen Dienst erwiesen habt. Sicher war die Reise beschwerlich. Immerhin musstet Ihr durch die Gebiete verschiedener Indianerstämme reisen. Hoffentlich hatte es keine Gefahr dabei?!“
„Nein, gar nicht. Die Cheyenne, deren Jagdgebiete ich eigentlich durchqueren musste, habe ich gemieden. Das bedeutete zwar mehrere Tagesreisen Umweg, aber es wird besser so gewesen sein. Da bekannt ist, dass ich mit den Assiniboin auf guten Fuße stehe, ist anzunehmen, dass mich die Cheyenne als Feind betrachten würden. Die Ho-He , wie die Cheyenne die Assiniboin nennen, sind deren Todfeinde.“
„Wenn ich geahnt hätte, in welche Gefahr Ihr Euch da begeben habt, hätte ich Euch nicht nach Taos geschickt, Mr. Firehand.“
„Wie ich bereits sagte, hatte es keine Gefahr für mich. Da ich die Fährnisse auf diesen Wegen kenne, konnte ich ihnen leicht ausweichen. Wie Ihr seht, bin ich ja auch in Jefferson City angekommen, ohne dass mir ein Haar gekrümmt wurde.“
Mr. Wallace kam nun darauf zu sprechen, dass er Firehand die in Aussicht gestellte Entlohnung ausbezahlen wollte. Der lehnte dieses Ansinnen jedoch entschieden ab. Er wies Mr. Wallace darauf hin, dass dieser ihm vor einiger Zeit einen Dienst erwiesen habe, der die Annahme einer Bezahlung unmöglich mache.
Mr. Wallace wollte das nicht zugeben und so ging es noch eine ganze Weile hin und her, bis Firehand sagte, dass er in seiner Ehre gekränkt werde, wenn Mr. Wallace weiter auf der Bezahlung beharre. Das wirkte!
Mr. Wallace gab kleinlaut auf und entschuldigte sich, er habe Firehand nicht beleidigen wollen. Firehand gab hierauf zurück, dass eine Entschuldigung nicht notwendig sei, weil er wisse, dass Mr. Wallace es nur gut mit ihm meine, er aber nun einmal seine Grundsätze habe.
„Was werdet Ihr nun beginnen, Mr. Firehand?“, war meine nächste Frage, weil es mich natürlich brennend interessierte, ob ich Gelegenheit haben würde, mit ihm über meine Pläne zu sprechen. Er antwortete:
„Ich werde noch ein paar Wochen in Jefferson bleiben müssen, weil ich hier mit einigen Jägern verabredet bin, die mit mir in den Westen wollen, um auf Pelze zu gehen.“
Diese Antwort befriedigte mich natürlich sehr und Mr. Wallace fragte dazu:
„Fein, habt Ihr schon Quartier genommen?“
„Ich habe, bevor ich Euch in der Bank aufsuchte, bereits bei Mother Thick‘s ein Zimmer bestellt.“
„Aber Mr. Firehand, so tut uns doch die Ehre an, und bleibt bei uns. Ich werde Euch unverzüglich ein Zimmer bereiten lassen.“
„Mr. Wallace, nichts für ungut, so gern ich Euer Angebot annehmen würde, möchte ich für dieses Mal doch darauf verzichten. Mother Thick‘s ist zwischen den besagten Jägern und mir als Treffpunkt ausgemacht worden und ich würde gerne zur Stelle sein, wenn meine Kameraden dort eintreffen. Ich hoffe, Ihr habt Verständnis dafür.“
„Nun, wenn Ihr es so darlegt, kann ich Euch nicht böse sein. Aber seid wenigstens von Zeit zu Zeit unser Gast. Gerne würde meine Mrs. Pittney für Euer leibliches Wohl sorgen. Wollt Ihr?“
„Gut, hierzu kann ich wiederum nicht Nein sagen. Ich danke Euch und werde sicher über Leo in Kontakt mit Euch bleiben. Mrs. Thick hat mir schon gesteckt, dass Leo bei ihr aushilft.“
Wie sich denken lässt, war ich über diese Entwicklungen sehr erfreut. Ich hatte gehört, dass die Möglichkeit bestand, dass meine Mutter noch lebte. Da sie damals erst nach so langer Zeit nach uns geforscht hatte, musste ihr wohl Schlimmes wiederfahren sein. Ob der Padre noch lebte, war allerdings mehr als fraglich.
Zudem gab es einen Anknüpfungspunkt für die Suche nach den Mördern meines Vaters, Etters und Thibaut. Denn als solche betrachtete ich diese beiden Verbrecher. Etters, der auf Rache gesonnen hatte und auch Thibaut, der ihm dabei geholfen hatte, meine Eltern hinter Gitter zu bringen; beide waren verantwortlich für den Tod meines Vaters. Sie hatten sich damals in Taos zwar getrennt, jedoch stand bei mir fest, dass dies nicht von Dauer gewesen sein würde.
Und jetzt hatte ich hier einen Prairiemann und Jäger vor mir, der diese Spuren ausfindig gemacht hatte, und der noch eine ganze Weile hier in Jefferson sein würde. Dadurch, dass ich in seiner Herberge arbeitete, bestand die Möglichkeit, ihm von meinen Plänen zu berichten und vielleicht sogar, ihn zu bitten, mich in den Westen mitzunehmen.
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