1 ...6 7 8 10 11 12 ...34 »Privilege, Gott straf' mich, ja. Ein alter Gentleman, nicht wahr?« sagte Herr Trotter, indem er sich an mich wandte.
»Ja, Sir«, entgegnete ich, voll Freuden, mich unter Leuten zu befinden, welche mit meiner Familie bekannt waren.
»Nun, denn, Herr Simpel«, begann Madame Trotter, »da wir das Vergnügen haben, mit Ihrer Familie bekannt zu sein, so will ich Sie unter meine Aufsicht nehmen, und so für Sie besorgt sein, daß Trotter ganz eifersüchtig werden soll«, fügte sie lächelnd hinzu. »Wir werden nur heute ein ärmliches Mittagsessen haben, denn die Frau im Marktschiffe hat mich getäuscht. Ich trug ihr nämlich besonders auf, mir eine Hammelskeule zu bringen, aber sie sagt, es wäre noch etwas früh dazu, aber Trotter ist sehr lecker im Essen. Nun wollen wir uns zu Tische setzen.«
Ich fühlte mich sehr unwohl und konnte nichts essen. Unsere Mahlzeit bestand in Stückchen Rind- und Schweinefleisch, Kartoffeln und gebackenem Pudding in einer zinnernen Schüssel. Herr Trotter ging hierauf, um der Schiffsmannschaft das Getränk auszuteilen, und kehrte mit einer Flasche Rum zurück.
»Hast Du Herrn Simpels Portion bekommen, mein Lieber?« fragte Madame Trotter.
»Ja, er hat für heute seinen Teil, weil er vor Mittag an Bord kam. Trinken Sie Rum, Herr Simpel?«
»Nein, ich danke Ihnen«, versetzte ich, denn mir fiel des Kapitäns Warnung ein.
»Da ich ein solches Interesse an Ihrer Wohlfahrt nehme, so muß ich Ihnen ernstlich empfehlen, sich desselben zu enthalten«, sagte Herr Trotter. »Es ist eine üble Gewohnheit, und hat man sie einmal, so kann man sie nicht mehr leicht lassen. Ich muß ihn trinken, um nach der Arbeit im Schiffsraume die Ausdünstung nicht zu hemmen. Zwar habe ich einen natürlichen Abscheu davor; aber meine Champagner- und Claret-Tage sind vorbei, und ich muß mich in die Umstände schicken.«
»Mein armer Trotter«, sagte die Lady.
»Ja«, fuhr er fort, »es ist mein armes Herz, das nie sich freuet.«
Er goß einen halben Becher voll Rum ein und füllte das Glas mit Wasser auf.
»Mein Schatz, willst Du versuchen?«
»Nun, Trotter, Du weißt ja, daß ich ihn nie anrühre, außer wenn das Wasser so schlecht ist, daß man ihm den Geschmack nehmen muß. Wie ist das Wasser heute?«
»Wie gewöhnlich, mein Schatz, nicht trinkbar.«
Nach vielem Zureden ließ sich Madame Trotter herbei, ein wenig aus dem Glase zu nippen. In Betracht, daß sie das Getränk nicht liebte, dünkte es mich, sie lange ziemlich oft danach, allein ich fühlte mich so unwohl, daß ich auf das Deck gehen mußte. Hier traf ich einen Seekadetten, welchen ich vorher noch nie gesehen hatte. Er blickte mir sehr ernsthaft ins Gesicht und fragte dann nach meinem Namen.
»Simpel«, sagte er, »wie, sind Sie der Sohn der alten Simpel?«
»Ja, Sir«, erwiderte ich erstaunt, daß so viele Leute meine Familie kennen sollten.
»Nun, ich dachte mir's gleich wegen der Ähnlichkeit. Und wie befindet sich Ihr Vater?«
»Sehr wohl, danke Ihnen, Sir.«
»Wenn Sie ihm schreiben, richten Sie ihm mein Kompliment aus, und sagen Sie ihm, ich wünsche besonders in seinem Gedächtnis zu bleiben.«
Damit ging er fort, aber da er vergaß, seinen Namen anzugeben, konnte ich es nicht thun. Ich ging sehr ermüdet zu Bette. Herr Trotter hatte in dem Cockpit meine Hängematte aufgehängt, welche nur durch eine Decke von Segeltuch von der Hängematte getrennt war, in welcher er mit seiner Frau schlief. Dies kam mir sehr sonderbar vor, allein sie sagten mir, es sei so Sitte an Bord, obwohl das Zartgefühl der Madame Trotter sehr dadurch verletzt werde. Ich fühlte mich sehr unwohl, allein Madame Trotter war sehr zärtlich. Als ich im Bette lag, küßte sie mich, wünschte mir gute Nacht und bald darauf fiel ich in festen Schlaf.
Madame Trotter besorgt meine Garderobe. – Ein eheliches Duett, welches con strepito endigt.
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Ich erwachte den andern Morgen mit Tagesanbruch durch ein donnerähnliches Geräusch über meinem Kopfe und fand, daß es von dem Abwaschen des Deckes herkam. Dessenungeachtet war ich sehr erfrischt und fühlte mich nicht im geringsten unwohl oder schwindlig. Herr Trotter, welcher um vier Uhr aufgestanden war, kam herab und trug einem Matrosen auf, mir Wasser zu bringen. Ich wusch mich auf meinem Koffer und ging dann auf das Verdeck, welches man trocken schwabberte. Als ich an der Kajüttenthür bei der Schildwache stand, traf ich auf einen jungen Seekadetten, in dessen Gesellschaft ich im Blauen Pfosten gewesen war.
»So, Herr Simpel, der alte Trotter und sein Besen von Weib haben Sie festgehalten, nicht wahr?« sagte er.
Ich erwiderte, »ich verstehe nicht, was er mit dem Besen meine, allein ich halte die Madame Trotter für ein sehr reizendes Weib.« Hierauf brach er in ein helles Gelächter aus.
»Nun,« fuhr er fort, »ich will Sie warnen; nehmen Sie sich in acht, oder man wird Sie rein ausfegen. Hat Ihnen Madame Trotter schon ihre Knöchel sehen lassen?«
»Ja,« versetzte ich, »und sie sind sehr hübsch.«
»Ach! das sind ihre alten Kniffe; es wäre für Sie besser gewesen, an unserem Tische teilzunehmen. Sie sind nicht der erste Grünschnabel, den sie gerupft haben. Nun,« schloß er, als er wegging, »heben Sie nur den Schlüssel zu ihrer Kiste gut auf, weiter sage ich nichts!«
Da Herr Trotter mir vorher gesagt hatte, daß die Seekadetten ihnen gram seien, so schenkte ich dem, was er sagte, sehr wenig Aufmerksamkeit. Als er mich verließ, ging ich auf das Hinterdeck. Alle Matrosen waren eifrig beschäftigt, und der erste Leutnant schrie dem Feuerwerker zu:
»Herr Dispart, wenn Sie fertig sind, wollen wir die Kanonen hosen. Meine Jungen«, fuhr er fort, »wir müssen den Slue (den Teil, welchen die Hosen bedecken) mehr vorwärts drehen.«
Da ich noch nie gehört hatte, daß eine Kanone Hosen anhabe, so war ich sehr gespannt, zu sehen, was vorginge, und trat ganz nahe zu dem ersten Leutnant, welcher mir sagte: »Junger Herr! langen Sie mir den Affenschwanz.« Ich sah nichts, was einem Affenschwanz glich, allein ich war so in Angst, daß ich nach dem ersten, besten Dinge griff, welches eine kurze Eisenstange war, und zufällig war es gerade das Werkzeug, welches er verlangte. Als ich es ihm hingab, blickte der erste Leutnant mich an und sagte:
»So, Sie wissen schon, was ein Affenschwanz ist? Nun stellen Sie sich nur nicht mehr einfältig.«
Ich dachte bei mir selbst, ich bin fürwahr glücklich, aber wenn dies ein Affenschwanz ist, so ist es ein sehr steifer. Ich nahm mir vor, die Namen von allen Dingen so schnell als möglich zu lernen, um immer vorbereitet zu sein; daher horchte ich aufmerksam auf alles, was man sagte, allein ich wurde bald ganz verwirrt und zweifelte daran, mir alle diese Dinge merken zu können.
»Wie wird denn hier das Ende gemacht, Sir?« fragte ein Matrose den Bootsmann.
»Ei, erlaubt mir, Sir, Euch in der zartesten Weise von der Welt zu bemerken,« versetzte der Bootsmann, »daß es mit einem Doppelwalz endigen muß. Gott straf' mich, wißt Ihr das noch nicht? Kapitän vom Vortopmast!« fuhr er fort, »hinauf zu Euren Pferden und schnallt ihnen die Bügel um drei Zoll kürzer.«
»Ja, ja, Sir.« (Ich schaute und schaute, konnte aber keine Pferde sehen.)
»Herr Chucks!« sagte der erste Leutnant zu dem Bootsmann, »was für Blöcke haben wir unten, die nicht gebraucht werden?«
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