Désirée ging sogar noch einen Schritt weiter und sie fragte Isabelle, ob sie allenfalls daran interessiert wäre, den Laden zu führen. Diese verneinte spontan, kam dann allerdings auf ihren Entscheid zurück und sagte, dass sie sich das gerne überlegen werde.
Auch Francesco fand die Idee grossartig und er sicherte Désirée seine Unterstützung zu. Mehr noch, er bot ihr an, Eigenkreationen von ihm in ihrem Laden zum Verkauf anzubieten und dies unter den gleichen Bedingungen und Vorstellungen wie Désirée sie habe. Es würde ihm dabei auch nicht darum gehen, möglichst viel zu verdienen, sondern Désirée in ihrem Vorhaben zu unterstützen und, sofern gewünscht, zu ergänzen. – Désirée gab ihrem Freund einen zärtlichen Kuss.
Den Abend verbrachten die vier in trauter Gemeinsamkeit. Bernard kam auf seinen «Type H» (Baujahr 1977) zu sprechen und er schwärmte vom vergangenen Sommer, wo er zusammen mit seinem Freund aus der Schweiz, Philippe, die Strassen von Sainte-Maxime unsicher gemacht habe. Sie seien mit ihrem Music Car von A nach B gefahren und hätten gefällige Musik in einer Lautstärke angepriesen, dass den Leuten Hören und Sehen vergangen sei; nein, in Tat und Wahrheit seien sie sehr wohlwollend empfangen und auch aufgefordert worden, wiederzukommen. Dieser Einladung seien er und Philippe natürlich gerne nachgekommen.
«Und wie sieht denn das Gefährt aus?», so die interessierte Frage von Francesco. «Willst du ihn sehen?» «Ma certo», und beide begaben sich sogleich in die nahe gelegene Garage.
«He, der Wagen sieht ja wirklich toll aus!», und Bernard liess den Sound erklingen. «Umwerfend, toll, einfach einzigartig!» Francesco kam aus dem Staunen und Schwärmen nicht mehr raus und er beglückwünschte Bernard und seinen Freund zu ihrer Initiative. Nun sollten die Temperaturen nur wieder wärmer werden, und dann wollten sie das Gleiche wiederholen. In der Abwesenheit von Philippe stünden ihm François und Gérard, ebenfalls zwei gute Bekannte aus Sainte-Maxime zur Seite und auch mit ihnen mache das Ganze nur Spass. – Francesco glaubte ihm das gern.
Die beiden Schwestern hatten sich in der Zwischenzeit weiter ausgetauscht und Désirée rühmte ihre Beziehung zu Francesco. Er sei einfach anders als andere «Franzosen» in Paris und lange nicht so überheblich und versnobt.
Er sei trotz seines grossen Könnens einfach geblieben und er stehe auch dazu, aus einfachen Verhältnissen zu stammen. Seine Eltern seien zwar in der Zwischenzeit verstorben, jedoch ziehe es ihn trotzdem immer wieder nach Venetien, um dort seine übrigen Verwandten zu besuchen. Sie habe ihn auch schon einmal dorthin begleitet, und die Familie sei wirklich sehr herzlich. Sie sei aufgenommen worden, wie wenn sie Francesco schon hundert Jahre kennen würde.
Bernard machte in der Folge den Vorschlag, dass er Désirée mit dem Besitzer der angesprochenen Liegenschaft zusammenführen könnte. Alsdann könnte sie vielleicht das Lokal von innen besichtigen, wüsste auch um die preislichen Vorstellungen des Vermieters und sie könnte sich so ein besseres Bild machen. Désirée nahm das Angebot gerne an, und Bernard wollte sich am nächsten Tag schlau machen.
Philippe sass gesättigt in seinem Stuhl und er rühmte das Fondue seiner Frau. «So ein feines Käsefondue habe ich schon ewig lang nicht mehr gegessen und das knusprige Brot hat dem Ganzen die Krone aufgesetzt», so der Kommentar von Philippe. Deborah schenkte ihrem Mann einen liebevollen Blick und sie genossen das Beisammensein.
Alsdann kam Deborah auf ein Thema zu sprechen, dass sie Philippe schon lange hatte kundtun wollen. Sie habe in ihrem Qi Gong Kurs eine Kollegin kennengelernt, welche eine kleine Gärtnerei in der Nähe ihres Wohnortes betreibe und wo sie mitwirken könnte. Sie würde dies eigentlich ganz gerne machen, habe sie doch schon so viel über Pflanzen und die Artenvielfalt gelesen, so dass sie ihr Wissen nun gerne in die Tat umsetzen wolle. Selbstverständlich müsste sie in der Gärtnerei mithelfen und auch im Laden aushelfen, aber dies würde sie gerne machen. Sie wolle einfach mehr draussen, in der freien Natur sein. Zudem habe die Kollegin ihr zugesichert, dass sie ihre Vorstellungen im Züchten, Hegen und Pflegen nach ihren eigenen Ideen umsetzen könne und dass sie ihre Produkte auch im Laden zum Verkauf anbieten könnte. Sie würde sogar etwas verdienen und am Erlös ihrer Zucht beteiligt sein. Sie würde dies wirklich sehr gerne tun.
Nun müsse Philippe allerdings wissen, dass, würde sie die Gelegenheit wahrnehmen, sie viel von zu Hause fort wäre und sich nicht mehr im gleichen Rahmen wie bisher um Enrico kümmern könnte. Es würde von ihr erwartet werden, dass sie doch an drei bis vier Tagen in der Woche in der Gärtnerei arbeiten würde und manchmal auch noch am Samstag und ausnahmsweise am Sonntag, wenn frisches Gemüse und Obst zum Verkauf bereitstünden. Trotzdem reize sie das Angebot sehr und sie interessierte sich nach der Haltung von Philippe in dieser Frage.
Philippe wusste, wie sehr Deborah der Natur verbunden war, und er konnte und wollte ihr ihren Wunsch nicht ausreden. «He, das ist eine schöne Idee. Mach das, wenn du Lust hast. Für Enrico werden wir eine Lösung finden und zumeist werde ich mich um ihn kümmern können.» - Deborah nahm die Antwort von Philippe gerne so entgegen und sie verbrachten den Rest des Abends bei leiser Musik aus dem Radio und einem feinen Gutenachttee für Deborah und einem kleinen Bier für Philippe. Alsbald war Bettens Zeit.
Am nächsten Morgen nahm Philippe nochmals das E-Mail von Isidor Habersack zur Hand und er überlegte sich, ob er ihn anrufen wollte. Nach einem zweiten Kaffee griff er zum Hörer und wählte die angegebene Nummer. «ADK-NEW Verlag, guten Morgen, wie kann ich Ihnen behilflich sein», so die sympathische Stimme auf der anderen Seite des Hörers. «Mein Name ist Philippe Baumann und ich möchte gerne Herrn Habersack spreche. Ich habe von ihm eine E-Mail erhalten und ich soll mich bei ihm melden.» «Bitte warten Sie einen Augenblick, Sie werden sogleich mit ihm verbunden.»
Und in der Tat meldete sich praktisch zeitverzugslos Isidor Habersack. «Ah, guten Tag Herr Baumann, schön, dass Sie uns anrufen. Ich habe Ihren Anruf erhofft. Es ist mir eine Freude, mich mit Ihnen unterhalten zu dürfen.» Ja, ganz so schwülstig hatte sich Philippe das Ganze nun doch nicht vorgestellt, aber eben, man war ja in Deutschland und dort sprach man wohl so – im Ausnahmefall.
«Hören Sie, Herr Baumann, ich habe Ihnen ein Angebot zu unterbreiten. Wir sind gerne bereit, Ihre bisherigen Veröffentlichungen unter dem Titel «0060 – mit der Lizenz zum Altern» … an den Mann oder die Frau zu bringen, und wir können uns gut vorstellen, dass Ihre Geschichten eine bunte Leserschaft anziehen werden. Trotzdem denken wir, dass wir den Titel noch etwas anpassen sollten und die Geschichten noch etwas «knackiger» rüberbringen sollten. Gerne würde ich das Weitere und die Details mit Ihnen hier vor Ort besprechen und ich bitte Sie deshalb, uns in den nächsten Tagen aufzusuchen; selbstverständlich kommen wir für Ihre Auslagen auf. Was halten Sie davon?»
Philippe musste einen kurzen Moment überlegen, sagte dann allerdings zu, und er wollte Herrn Habersack auch noch den genauen Termin seiner Reise mitteilen. Vorweg wollte er das Ganze aber mit Deborah besprechen.
Diese unterstützte ihn voll und ganz, und so kündigte er seinen Besuch im Verlagshaus für den nächsten Donnerstag an. Er wollte mit dem Zug reisen und kurz vor Mittag in Frankfurt sein, um am gleichen Tag wieder nach Bern zurückzukehren. Dies sollte mit den aktuellen Bahnverbindungen möglich sein.
Isidor Habersack war mit dem Vorschlag einverstanden und er teilte Philippe dies auch so mit. Er offerierte ihm sogar, ihn am Bahnhof abzuholen, damit sie gemeinsam noch ein kleines Mittagessen einnehmen könnten. Philippe verdankte das Angebot. Bis Donnerstag waren es nur noch zwei Tage.
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