1 ...6 7 8 10 11 12 ...18 👠 Hey Sugar, entspann dich, alles gut. Wenn du magst, sei um 17 Uhr bei mir, ich koche gern was für uns. Hoffe, ich habe dich nicht geweckt. Dir auch eine gute Nacht. Träum schön!
Offenbar war Moritz noch wach. Oder wieder.
👤 Sugar? So süß bin ich doch nicht. Oder? Klären wir morgen in Ruhe 😉 17 Uhr hört sich prima an. Bin noch auf der Arbeit 😔 Fand deine Lasagne immer extrem lecker ...
👠 Du hast immer einen großen Bogen darum gemacht, wenn ich Essen mit ins Büro gebracht habe ... Flunkerst du mich an?
Es irritierte sie, dass Moritz auf die Lasagne zu sprechen kam. Wenn Elisabeth hin und wieder für die Kollegen gekocht hatte, war er einer der wenigen, der ihr Essen gemieden hatte.
👤 Hm. Ich hab dich im Büro immer angeflunkert. Sobald die Reste im Kühlschrank waren, habe ich mich darüber hergemacht 😁
👠 Elender Schwindler! Und ich habe mich immer gewundert, wo das Essen hin ist 😏
👤 Nicht schimpfen, Fräulein Rottenmeier ... Ich bringe als Wiedergutmachung den Wein mit ...
👠 Das wird ja immer besser. Fräulein Rottenmeier? Na, schön, dass die Fronten geklärt sind, Patrick Bateman.
👤 Ich, American Psycho? Boah! Der Typ ist bei weitem nicht so schlimm, wie ich 😈
Nee Spaß. Der Film ist spitze.
👠 Danke für die Warnung. Ich bitte meine Nachbarn, die Mülltonne anständig auf Leichen hin zu kontrollieren und spätestens Montag mal zu schellen ... 😎
👤 Ha-ha ... Das mit Fräulein Rottenmeier war vielleicht früher so ... Jetzt nicht mehr ... Und meine Visitenkarten sind ecru, nicht knochenfarben 😊
👠 Da bin ich aber beruhigt. Btw: ich liebe diese Szene im Film 😉 Was hältst du von Lasagne und American Psycho?
👤 Klingt nach einem spannenden Abend. Freue mich sehr darauf. 😚
In Elisabeths Bauch tanzten die Schmetterlinge Salsa. So verliebt war sie ewig nicht gewesen. Verliebt. O mein Gott. Plötzlich schoss ihr blitzartig ein Gedanke durch den Kopf.
👠 Wein + Zeit bis Montag um 6 = du kommst mit Koffer?
👤 Hab ich eigentlich noch nicht drüber nachgedacht. Aber wenn du so fragst ... 😇
👠 😁 klar, schieb es ruhig auf mich 😉 Sagen wir so; wenn du vom Wein mittrinkst, werde ich dich nicht mehr ans Steuer lassen. Wenn ich die Flasche allein getrunken habe, wirst du nicht mehr fahren wollen!
👤 😂😂😂 Du bist niedlich. Immer noch. Also gut. Ich werde vorbereitet sein 😉 Muss jetzt leider noch ein bisschen was tun 😞 Schlaf gut 😚
👠 Tu, was du nicht lassen kannst. Gute Nacht. 💋
Moritz legte sein Handy beiseite und rieb sich das Kinn. Was war passiert an diesem Freitag? Er konnte es zwar beschreiben, aber dennoch nicht erfassen. Nach einem fürchterlichen Tag auf der Arbeit war er wutentbrannt zur Tür hinaus, hatte Daniel Schumacher per SMS instruiert, seine Rufbereitschaft für den Abend zu übernehmen, und war übelst gelaunt im Wald spazieren gegangen. Die Natur hatte für ihn zu Sommeranfang etwas besonders Klärendes, Warmes und Beruhigendes. Er nahm einen Schluck Whisky und sah auf den Bildschirm. Haufenweise Mails, Rückrufwünsche für die kommende Woche und das eingeforderte Konzept seines Assistenten zur Mitarbeiterplanung. Moritz lehnte sich zurück und sann nach einer Erklärung, die er Elisabeth servieren könnte, ohne sie zu verschrecken. Es würde nicht einfach werden, schon gar nicht bei ihrer gemeinsamen Vorgeschichte.
Die zurückliegenden Dates mit den anderen Frauen hatte er vermasselt, keine Frage. Es war ihm aber ziemlich egal. Sie genügten ohnehin allesamt nicht seinen Ansprüchen. Zu dumm, zu faul, zu naiv, zu uninteressant. Aber Elisabeth? Sie reizte ihn. Maßlos. Dieser Kontrast von bissiger, tougher Businessfrau und der warmherzigen, charmanten Person, die er heute kennengelernt hatte, triggerte ihn nicht nur, er machte ihn willenlos. Moritz gestand sich ein, verliebt zu sein, auch wenn er es in der Retrospektive kaum fassen konnte. Für Elisabeth würde er die Karten auf den Tisch legen. Legen müssen. Legen wollen. Wenn es nicht so verflucht heikel wäre. Sie wird mich wieder hassen. Ignorieren. Und mich mit gebrochenem Herzen zurücklassen. Oder auch nicht. Wer wusste das schon? Er würde morgen beim Lunch mit seinem Vater darüber sprechen. Widerwillig. Aber hin und wieder wusste der alte Herr guten Rat.
Also fasste Moritz sich ein Herz, beantwortete die Mails, delegierte die Rückrufwünsche weitestgehend, machte sich Termine und Notizen ins Handy und ging kurz danach ins Bett. Seine Gedanken kreisten um Elisabeth.
Der letzte Kuss war fast noch auf seinen Lippen zu spüren, eine nie da gewesene Sehnsucht breitete sich in ihm aus. Sollte er sie anrufen? Es war fast Mitternacht. Sie hätte ihr Handy sicherlich lautlos, wenn sie schon schlief. Er riskierte es.
»Schmidt ...« Elisabeth hatte nicht auf das Display gesehen und murmelte ins Mikrofon.
»Hier ist Moritz. Verzeih, dass ich dich geweckt habe.« Er hätte sich ohrfeigen können. Für sie musste der Tag mindestens genauso erschöpfend gewesen sein wie für ihn. Was hatte er sich bloß gedacht?
»Moritz ...« Sie klang bereits wesentlich wacher. »Ich habe nicht mehr mit dir gerechnet vor morgen Abend. Ich bin auf der Couch eingeschlafen ...«
»Oh. Sorry. Es tut mir echt leid.«
»Kein Ding. Alles gut. Was verschafft mir die Ehre?«
»Ich lag im Bett und hab an dich gedacht, konnte nicht schlafen.«
Sie schmunzelte. »O je ... Soll ich dir heiße Milch mit Honig bringen?« Es schmeichelte ihr, dass er offenbar Sehnsucht nach ihr hatte.
»Hm ... Bis du hier bist, ist das Zeug kalt. Aber du könntest zu mir unter die Decke kommen ...«
»Du bist ja goldig ... Wenn ich nicht so k. o. wäre und dich damit nicht frühzeitig aus der Reserve locken würde, würde ich es tatsächlich darauf anlegen ...«
»Weißt du, im Moment wäre mir Letzteres schon fast egal. Sei es halt drum. Der Wunsch, dich bei mir zu haben, ist gerade größer als alle Unwägbarkeiten.«
Elisabeth schluckte schwer. Auch wenn sie Moritz ihre Geduld versichert hatte; er machte es ihr gerade schwer, nicht auf eigene Faust hinter sein Geheimnis kommen zu wollen.
»Hey, ähm ... Lass uns irgendwie die nächsten sechzehn Komma irgendwas Stunden rumkriegen und dann erfüllt die gute Fee dir deinen Wunsch.«
»Ich wusste nicht, dass Feen Allgemeine Geschäftsbedingungen haben, und Fristen für die Wunscherfüllung setzen können ...« Moritz lachte.
»Na ja, streng genommen müssen sie Wünsche ad hoc erfüllen. Aber Ausnahmen bestätigen die Regel.«
»Ich sag ja, du bist süß! Liebes ...« Moritz ließ sich Zeit, den Satz zu vollenden.
»Ja?«
»Es wird kompliziert, wenn du dich auf mich einlässt. Anfangs zumindest. Ich verspreche dir, so gut es geht, für dich da zu sein. Aber ich kann dir keine Garantie geben, dass du glücklich wirst.« Bereits bei den letzten Worten stockte Moritz und biss sich auf die Zunge. Er schlug sich mit der Hand vor die Stirn und verfluchte sich stillschweigend. Warum hatte er das gesagt? Warum am Telefon? Mitten in der Nacht? Du bist so dämlich, Moritz.
»Moritz ... Was auch immer es ist, ich denke, dass wir darüber reden können. Nicht unbedingt jetzt. Vielleicht auch nicht morgen. Denk nicht so viel und schlaf lieber. Wir werden das gemeinsam meistern.«
Woher sie diese Zuversicht nahm, konnte Elisabeth sich selbst nicht beantworten. Es musste etwas in Moritz’ Stimme gewesen sein. Diese tiefgründige Traurigkeit, der Ernst und seine Aufrichtigkeit.
»Ich hoffe es ... Träum süß, Liebes.«
»Du auch ...«
Als sie aufgelegt hatte, kamen Elisabeth die Tränen. Aus Nervosität, Wut über die Situation, weil es sich so kompliziert anließ und Angst vor dem, was Moritz verbarg. Vielleicht sollte sie ihn einfach vergessen. Mit Sebastian hatte es schließlich auch prima funktioniert. Doch die Ereignisse des Abends ließen sie nicht kalt. Wie auch? Erst die Berührung im Café an der Tür, nach der sie eine wohlige Wärme durchströmt hatte, dann die zauberhaften Küsse beim Snowboarden und immer wieder seine Blicke, die direkt in ihr Herz trafen.
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