»Wie sollen wir eine Elbenfrau suchen?«, fragte Uribert skeptisch.
»Es ist keine Elbenfrau. Ich glaube, sie ist ein Mensch. Der Zauberer hat sie verschleppt.«
»Genau, und nur um dem nicht zu begegnen, sind wir hier im Wald«, knurrte Fergal. »Warum sollten wir uns wegen einem Weib in Gefahr bringen.«
»Mann, du bist so ein Trottel«, zischte Knut. »Verstehst du denn überhaupt nichts? Die Elben wollen sich mit uns verbünden, der Grund kann dir egal sein. Erzähl mal, wie das Lager der Elben aussah«, forderte er Erich auf. »Aber beschreib’s ihm so, wie du es mir vorhin beschrieben hast.«
»Sie hatten Zelte aus weichem Stoff, aber darin war es warm und still wie in einer guten Stube.«
»Wir verbünden uns doch nicht mit den Feen, nur weil ihr Lager besser ist als unseres«, knurrte Hubert.
»Schluss jetzt. Erst erzählt Erich zu Ende, dann könnt ihr sprechen«, beendete Gunar die Diskussion.
Erich sah verwirrt von einem zum anderen und wusste offensichtlich nicht mehr, an welcher Stelle er unterbrochen wurde.
»Wir sollen ihnen helfen, eine Frau zu suchen, die der Zauberer verschleppt hat«, half ihm Aribald auf die Sprünge.
Das scheue Lächeln ließ Erich noch jünger erscheinen. »Genau«, sagte er. »Und dann waren da noch vier Menschen. Männer aus dem Westen, nahe den Bergen. Ihr Herr – Hohenwart war sein Name – sucht Verbündete, die sich mit ihm gegen den König auflehnen. Als ich alles gehört hatte, haben sie mich zurückgeschickt und haben gesagt, dass ich sie benachrichtigen soll, wie wir … wie ihr euch entscheidet.«
»Ich bin dagegen«, sagte Fergal prompt. Es war ihm deutlich anzusehen, dass er beleidigt war, weil Knut ihm über den Mund gefahren war.
»Wogegen?«, fragte Gunar gelassen.
Fergal sah ihn böse an und antwortete nicht.
Plötzlich spürte Aribald Gunars Blick auf sich ruhen. Er wusste, dass es an der Zeit war, seine Geschichte zu erzählen, aber er spürte Widerwillen, seine Erfahrung, die er wie einen Schatz hütete und an dem er seine Seele wärmte, diesen Männern vor die Füße zu werfen.
»Auch ich habe Elben gesehen«, hörte er sich dennoch sagen.
Erichs Augen leuchteten auf und ein zaghaftes Lächeln erschien in seinem Gesicht.
»Sie retteten mein Leben, als dies schon längst nichts mehr wert war. Wenn sie jemanden brauchen, der ihnen bei der Suche behilflich ist, dann werde ich ihnen helfen, selbst wenn ich dafür durch den Thronsaal des Königs gehen muss oder durch den tiefsten Höllenschlund.«
»Dann geh doch«, brummte Fergal. »Wir sind hier bisher auch ohne dich ganz gut zurechtgekommen. Und ohne die Elben auch.«
»Ein paar Verbündete könnten wir schon brauchen«, bemerkte Uribert nachdenklich. »Und wenn wir ihnen helfen, helfen sie uns vielleicht auch.«
»Das sind Feen«, gab Dersthorn zu bedenken. »Wie sollen wir ihnen helfen, wenn sie es selbst nicht können. Außerdem weiß jeder, wie gefährlich sie sind.«
»Weiß das wirklich jeder? Oder sind wir vielleicht alle für dumm verkauft worden? Wie viele hier haben ihre Stimmen gehört, ehe wir das Heerlager verlassen haben. Sie haben niemals einem von uns etwas getan.« Knut hatte die Augenbrauen fest zusammengezogen und sah so finster aus, wie man sich einen Räuberhauptmann nur vorstellen konnte. »Ich sage, wir machen es. Und ich sag euch auch, warum. Der König will die Elben bekämpfen, dafür ist ihm jedes Mittel und jedes Opfer recht. Wir sind Geächtete. Fällt einer von uns dem König in die Hände, ist er mausetot. Die Feinde des Königs sind meine Freunde!«, rief er enthusiastisch.
»Du bist bereit, dich auf Dämonen einzulassen?«, fragte Fergal skeptisch.
»Elben sind keine Dämonen!«, riefen Aribald und Erich wie aus einem Mund.
In der Stille, die diesem Ausruf folgte, sahen sich die beiden Männer einen Augenblick lang an, dann sagte Aribald: »In der alten Mundart, die heute in meiner Heimat kaum noch einer spricht, ist Elbe das Wort für Leben. Und noch heute beglückwünschen sich die Menschen bei der Geburt eines Kindes mit den Worten: Möde da seei Elben. Wenn ihr ihre Stimmen gehört hättet, ihre Augen gesehen hättet … Sie sind friedfertige Wesen. Sie sind alt und weise, schön und bestimmt auch gefährlich. Doch glaube ich nicht, dass sie sich je gegen ihre Verbündeten stellen würden.«
Erich nickte, aber nicht alle an dem Feuer schienen überzeugt zu sein. Auch Knut sah es und seine Miene wurde noch finsterer.
»Nicht alle sind so mutig wie du«, besänftigte ihn Gunar. »Du musst den Männern auch Angst zugestehen. Elben sind Wesen, die die meisten nur aus Geschichten kennen und einige dieser Schauergeschichten kennst sogar du. Wie soll man auf etwas bauen, was so unfassbar ist, dass man es kaum glauben kann. Ich meine, wir sollten uns mit den Elben treffen und dann entscheiden.«
»Ich denke, das ist ein guter Vorschlag«, sagte Aribald.
»Wer bist du überhaupt, dass du hier denken darfst?«, fragte Fergal herausfordernd.
»Aribald Langwasser. Ehemals Baron in den östlichen Quellenbergen.«
Es war zum ersten Mal, dass er seinen Namen und seine Herkunft in einem Atemzug aussprach.
»Ihr seid Aribald Baron von Langwasser, Herr?«, fragte Hubert.
Erst jetzt fiel Aribald auf, dass er in dem Tonfall sprach, der in den Dörfern um den Wohnsitz der Langwassers gebräuchlich war. Enttäuschung stand in den Augen des Mannes, als er Aribald musterte.
»Der war ich früher einmal.«
»Es hieß, Ihr seid krank … äh …«
»Tot kommt der Sache näher.«
»Aber … verzeiht, Herr. Ich bin froh, dass es Euch bessergeht.«
»Hubert ist dein Name?« Der Mann nickte. »Ich bin Aribald. Den Baron gibt es nicht mehr. Alles, was ich besaß, gehört nun Dosdravan Liminos.«
Hubert wurde bleich und starrte Aribald entsetzt an.
Jetzt erst dämmerte Aribald, was für ein hirnloser Idiot er gewesen war. Seine Untertanen hatten ihn über Jahre kaum zu Gesicht bekommen. Und obwohl ihm sein Land nicht mehr gehörte, wusste niemand, dass seit Jahren ein neuer Herr über die Langen Wasser herrschte. Was führte dieser Zauberer im Schilde? Warum …? Langsam erkannte Aribald, dass er immer noch eine Rolle spielte. Er war der Sündenbock. Sein Land war der geheime Unterschlupf des Zauberers. Was auch immer der tat, er tat es in Aribalds Namen. Und wer außer ihm kannte schon die weitläufigen Verliese unter den Mauern seiner alten Burg? Mehrere Dutzend Menschen konnte der Zauberer darin verschwinden lassen. Vielleicht auch die Frau, die die Elben suchten. Wer würde sie dort suchen, wenn das Land eigentlich einem versoffenen Baron gehörte?
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