Die Insel der
Urmenschen
Das Urvolk der Sentinelesen
im Konflikt mit der Neuzeit
Karsten Hennig
„Ein Wilder ist nicht jemand der im Wald lebt, sondern jemand der den Wald zerstört.“
Sentinelesen auf North Sentinel Island
Titelgestaltung: Karsten Hennig
Titelbild gezeichnet von James Lim
Foto: Fotolia/aboard
2. Auflage Januar 2015
Copyright © 2015 Karsten Hennig, Oldenburg (OLDB)
Alle Rechte vorbehalten.
Inhaltsverzeichnis:
Vorwort Vorwort Begonnen hat es mit einem Zeitungsartikel über eine kleine Insel und ihre Bewohner im Indischen Ozean, der mich zu der Recherche zu diesem Buch inspiriert hat. Die Rede war von einem Volk, das isoliert von der Welt noch heute, wie schon seit Menschengedenken, seine archaische Lebensweise beibehalten hat. Zwar haben auch seine Menschen Bekanntschaft mit unserer fortschrittlichen Zivilisation gemacht, sich aber bewusst dafür entschieden nichts von dem anzunehmen, was ihr Leben vermeintlich erleichtern würde. Stattdessen haben sie uns unmissverständlich klargemacht, dass sie auf ihrem Eiland nicht gestört werden möchten. Somit wissen wir fast nichts über ihre Lebensweise, ihre Bräuche und Riten und ihre familiären und gesellschaftlichen Beziehungen. Bei der Lektüre der mir zugänglichen Literatur über dieses Inselvolk geht es hauptsächlich um die Erfahrungen, die über die Jahrhunderte bei den Versuchen einer Kontaktaufnahme gemacht und aufgeschrieben wurden. Dabei kam es nicht selten zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen den Inselbewohnern, die ihr Territorium gegen Eindringlinge verteidigen wollten und den ungebetenen Gästen. Gerade diese dramatischen Ereignisse finden dann ihren Weg in die Literatur und bleiben uns als einzige Zeugnisse der Vergangenheit erhalten. Dieses Buch ist das Resultat dieser Recherche und in den beschriebenen Ereignissen spiegelt sich folglich oft diese Gewalt. Meine Intention ist es aufzuführen, welchen Einfluss unsere moderne Zivilisation auf das Leben der indigenen Völker auf den Andamanen hatte und noch heute ausübt. Dazu halte ich es für sinnvoll, darzustellen wie wir uns im Laufe der Geschichte den indigenen Völkern gegenüber verhalten haben und wie wir uns noch heute verhalten, denn ihre Zukunft ist weiterhin ungewiss, solange wir versuchen ihre Lebensweise zu beeinflussen. Wenn wir das Überleben der letzten noch vorhandenen indigenen Völker auf den Andamanen bewahren möchten, brauchen sie eine weltweite Lobby. Dafür müssen wir wissen, was sie bedroht und was sie zu ihrem Schutz benötigen. Das vorliegende Buch ist ein Schritt, die bedrohliche Lage der Naturvölker auf den Andamanen in den Fokus der Öffentlichkeit zu stellen.
Einführung
Ein paar Worte zur Geografie
Die Geschichte der Andamanen
Die Jangil und die Groß-Andamanesen
Jack Andamans Reise nach Kalkutta
Johann Helfer bei den Groß-Andamanesen
Die Havarie der Emily
Neue Siedler kommen auf die Insel
John Hagenbeck bei den Groß-Andamanesen
Das Ende der stolzen Wilden
Die Jarawa
Die „Andaman Trunk Road“ wird gebaut
Die Onge
James Edward Alexander besucht Ongeland
Der Onge-Krieg
Portman und die Onge
Die Onge werden zivilisiert
Die Geschichte von North Sentinel Island
Die Havarie der Nineveh
Ungebetene Gäste
Die Havarie der Primrose
Im Dienst der Wissenschaft
Die Insel wird Sperrgebiet
Der Tsunami von 2004
Der Tod zweier Wilderer
Anmerkung des Autors
Literaturnachweis
Begonnen hat es mit einem Zeitungsartikel über eine kleine Insel und ihre Bewohner im Indischen Ozean, der mich zu der Recherche zu diesem Buch inspiriert hat. Die Rede war von einem Volk, das isoliert von der Welt noch heute, wie schon seit Menschengedenken, seine archaische Lebensweise beibehalten hat. Zwar haben auch seine Menschen Bekanntschaft mit unserer fortschrittlichen Zivilisation gemacht, sich aber bewusst dafür entschieden nichts von dem anzunehmen, was ihr Leben vermeintlich erleichtern würde. Stattdessen haben sie uns unmissverständlich klargemacht, dass sie auf ihrem Eiland nicht gestört werden möchten. Somit wissen wir fast nichts über ihre Lebensweise, ihre Bräuche und Riten und ihre familiären und gesellschaftlichen Beziehungen. Bei der Lektüre der mir zugänglichen Literatur über dieses Inselvolk geht es hauptsächlich um die Erfahrungen, die über die Jahrhunderte bei den Versuchen einer Kontaktaufnahme gemacht und aufgeschrieben wurden. Dabei kam es nicht selten zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen den Inselbewohnern, die ihr Territorium gegen Eindringlinge verteidigen wollten und den ungebetenen Gästen. Gerade diese dramatischen Ereignisse finden dann ihren Weg in die Literatur und bleiben uns als einzige Zeugnisse der Vergangenheit erhalten. Dieses Buch ist das Resultat dieser Recherche und in den beschriebenen Ereignissen spiegelt sich folglich oft diese Gewalt. Meine Intention ist es aufzuführen, welchen Einfluss unsere moderne Zivilisation auf das Leben der indigenen Völker auf den Andamanen hatte und noch heute ausübt. Dazu halte ich es für sinnvoll, darzustellen wie wir uns im Laufe der Geschichte den indigenen Völkern gegenüber verhalten haben und wie wir uns noch heute verhalten, denn ihre Zukunft ist weiterhin ungewiss, solange wir versuchen ihre Lebensweise zu beeinflussen. Wenn wir das Überleben der letzten noch vorhandenen indigenen Völker auf den Andamanen bewahren möchten, brauchen sie eine weltweite Lobby. Dafür müssen wir wissen, was sie bedroht und was sie zu ihrem Schutz benötigen. Das vorliegende Buch ist ein Schritt, die bedrohliche Lage der Naturvölker auf den Andamanen in den Fokus der Öffentlichkeit zu stellen.
Stellen Sie sich vor, es gibt irgendwo eine kleine Tropeninsel, deren Bewohner noch heute so leben wie schon vor 60.000 Jahren. Als Jäger und Sammler und nur mit dem, was ihre winzige Insel als Lebensraum für sie bereithält. Und die niemals Kontakt zu anderen Kulturen unterhielten und daher ihre Lebensweise nie verändert haben.
Tatsächlich gibt es diese Insel und ihr Inselvolk. Sie heißt Nord Sentinel (eng. North Sentinel Island) und wir nennen ihre Bewohner die Sentinelesen. Wie sie sich selber nennen, das wissen wir nicht, denn ihre Sprache ist uns unbekannt. Nord Sentinel ist Teil der Inselgruppe der Andamanen und Nikobaren im Golf von Bengalen, und gehört zu Indien. Das sagen jedenfalls die Inder. Die Sentinelesen wissen nicht, dass es Indien überhaupt gibt.
Nord Sentinel hat mit 60 km² etwa die Größe der nordfriesischen Insel Föhr. Während auf Föhr jedoch ca. 8000 Menschen leben, wird die Bevölkerung von Nord Sentinel auf 50 bis 250 Einwohner geschätzt. In nur einem Tagesmarsch können die Sentinelesen ihre ganze Welt umrunden. Nord Sentinel ist komplett mit mächtigen Bäumen bewachsen, die sich bis zum Strand erstrecken. Um die Insel herum gibt es ein breites Korallenriff, das die oft mächtige Brandung zähmt und fremden Schiffen den Zugang erschwert.
Luftbild von Nord Sentinel. (Foto: Google Earth)
Während die Welt eine unglaubliche Entwicklung von der Steinzeit zur Bronzezeit, Eisenzeit, der Antike, dem Mittelalter, bis hin zur Neuzeit einschließlich dem Industrie- Atom- und Informationszeitalter vollführte, blieb auf Nord Sentinel die Zeit stehen. Über all die Jahrtausende schien sich niemand für die kleine Insel und ihre Bewohner besonders zu interessieren, und bis heute ist unser Wissen über diese aus der Zeit gefallene unerforschte Welt sehr gering. Erklären lässt sich das damit, dass die Sentinelesen ihre Insel nie verließen, um sich mit anderen Völkern auszutauschen und auch keine Fremden auf ihrer Insel duldeten. Ungebetene Gäste mussten bei einem Besuch bei den Sentinelesen mit der Todesstrafe rechnen, wenn sie es wagten sich der Insel zu nähern.
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