In jeder Kriegs- und Jagdgefahr begleiten,
Mag deines stillen Pfads Gefährte sein.
Warum verschleierst du bis diesen Tag
Dein Liebesglück mit dieser neidschen Hülle?
Was zwingt den Mächtigen, daß er verhehle?
Denn Furcht ist fern von deiner großen Seele.
DON MANUEL.
Geflügelt ist das Glück und schwer zu binden,
Nur in verschloßner Lade wirds bewahrt,
Das Schweigen ist zum Hüter ihm gesetzt,
Und rasch entfliegt es, wenn Geschwätzigkeit
Voreilig wagt, die Decke zu erheben.
Doch jetzt, dem Ziel so nahe, darf ich wohl
Das lange Schweigen brechen und ich wills.
Denn mit der nächsten Morgensonne Strahl
Ist sie die Meine, und des Dämons Neid
Wird keine Macht mehr haben über mich.
Nicht mehr verstohlen werd ich zu ihr schleichen,
Nicht rauben mehr der Liebe goldne Frucht,
Nicht mehr die Freude haschen auf der Flucht,
Das Morgen wird dem schönen Heute gleichen,
Nicht Blitzen gleich, die schnell vorüberschießen,
Und plötzlich von der Nacht verschlungen sind,
Mein Glück wird sein, gleichwie des Baches Fließen,
Gleichwie der Sand des Stundenglases rinnt!
CHOR.
So nenne sie uns, Herr, die dich im stillen
Beglückt, daß wir dein Los beneidend rühmen,
Und würdig ehren unsers Fürsten Braut.
Sag an, wo du sie fandest, wo verbirgst,
In welches Orts verschwiegner Heimlichkeit?
Denn wir durchziehen schwärmend weit und breit
Die Insel auf der Jagd verschlungnen Pfaden,
Doch keine Spur hat uns dein Glück verraten,
So daß ich bald mich überreden möchte,
Es hülle sie ein Zaubernebel ein.
DON MANUEL.
Den Zauber lös ich auf, denn heute noch
Soll, was verborgen war, die Sonne schauen.
Vernehmet denn und hört, wie mir geschah.
Fünf Monde sinds, es herrschte noch im Lande
Des Vaters Macht, und beugete gewaltsam
Der Jugend starren Nacken in das Joch –
Nichts kannt ich als der Waffen wilde Freuden,
Und als des Weidwerks kriegerische Lust.
– Wir hatten schon den ganzen Tag gejagt
Entlang des Waldgebirges – da geschahs,
Daß die Verfolgung einer weißen Hindin
Mich weit hinweg aus eurem Haufen riß.
Das scheue Tier floh durch des Tales Krümmen,
Durch Busch und Kluft und bahnenlos Gestrüpp,
Auf Wurfes Weite sah ichs stets vor mir,
Doch konnt ichs nicht erreichen noch erzielen,
Bis es zuletzt an eines Gartens Pforte mir
Verschwand. Schnell von dem Roß herab mich werfend
Dring ich ihm nach, schon mit dem Speere zielend,
Da seh ich wundernd das erschrockne Tier
Zu einer Nonne Füßen zitternd liegen,
Die es mit zarten Händen schmeichelnd kost.
Bewegungslos starr ich das Wunder an,
Den Jagdspieß in der Hand, zum Wurf ausholend –
Sie aber blickt mit großen Augen flehend
Mich an, so stehn wir schweigend gegeneinander –
Wie lange Frist, das kann ich nicht ermessen,
Denn alles Maß der Zeiten war vergessen.
Tief in die Seele drückt sie mir den Blick,
Und umgewandelt schnell ist mir das Herz.
– Was ich nun sprach, was die Holdselge mir
Erwidert, möge niemand mich befragen,
Denn wie ein Traumbild liegt es hinter mir
Aus früher Kindheit dämmerhellen Tagen,
An meiner Brust fühlt ich die ihre schlagen,
Als die Besinnungskraft mir wiederkam.
Da hört ich einer Glocke helles Läuten,
Den Ruf zur Hora schien es zu bedeuten,
Und schnell wie Geister in die Luft verwehen,
Entschwand sie mir und ward nicht mehr gesehen.
CHOR.
Mit Furcht, o Herr, erfüllt mich dein Bericht,
Raub hast du an dem Göttlichen begangen,
Des Himmels Braut berührt mit sündigem Verlangen,
Denn furchtbar heilig ist des Klosters Pflicht.
DON MANUEL.
Jetzt hatt ich eine Straße nur zu wandeln,
Das unstet schwanke Sehnen war gebunden,
Dem Leben war sein Inhalt ausgefunden.
Und wie der Pilger sich nach Osten wendet,
Wo ihm die Sonne der Verheißung glänzt,
So kehrte sich mein Hoffen und mein Sehnen
Dem einen hellen Himmelspunkte zu.
Kein Tag entstieg dem Meer und sank hinunter,
Der nicht zwei glücklich Liebende vereinte,
Geflochten still war unsrer Herzen Bund,
Nur der allsehnde Äther über uns
War des verschwiegnen Glücks vertrauter Zeuge,
Es brauchte weiter keines Menschen Dienst.
Das waren goldne Stunden, selge Tage!
– Nicht Raub am Himmel war mein Glück, denn noch
Durch kein Gelübde war das Herz gefesselt,
Das sich auf ewig mir zu eigen gab.
CHOR.
So war das Kloster eine Freistatt nur
Der zarten Jugend, nicht des Lebens Grab?
DON MANUEL.
Ein heilig Pfand ward sie dem Gotteshaus
Vertraut, das man zurück einst werde fodern.
CHOR.
Doch welches Blutes rühmt sie sich zu sein?
Denn nur vom Edeln kann das Edle stammen.
DON MANUEL.
Sich selber ein Geheimnis wuchs sie auf,
Nicht kennt sie ihr Geschlecht noch Vaterland.
CHOR.
Und leitet keine dunkle Spur zurück
Zu ihres Daseins unbekannten Quellen?
DON MANUEL.
Daß sie von edelm Blut, gesteht der Mann,
Der einzge, der um ihre Herkunft weiß.
CHOR.
Wer ist der Mann? Nichts halte mir zurück,
Denn wissend nur kann ich dir nützlich raten.
DON MANUEL.
Ein alter Diener naht von Zeit zu Zeit,
Der einzge Bote zwischen Kind und Mutter.
CHOR.
Von diesem Alten hast du nichts erforscht?
Feigherzig und geschwätzig ist das Alter.
DON MANUEL.
Nie wagt ichs, einer Neugier nachzugeben,
Die mein verschwiegnes Glück gefährden konnte.
CHOR.
Was aber war der Inhalt seiner Worte,
Wenn er die Jungfrau zu besuchen kam?
DON MANUEL.
Auf eine Zeit, die alles lösen werde,
Hat er von Jahr zu Jahren sie vertröstet.
CHOR.
Und diese Zeit, die alles lösen soll,
Hat er sie näher deutend nicht bezeichnet?
DON MANUEL.
Seit wenig Monden drohete der Greis
Mit einer nahen Ändrung ihres Schicksals.
CHOR.
Er drohte, sagst du? Also fürchtest du
Ein Licht zu schöpfen, das dich nicht erfreut?
DON MANUEL.
Ein jeder Wechsel schreckt den Glücklichen,
Wo kein Gewinn zu hoffen, droht Verlust.
CHOR.
Doch konnte die Entdeckung, die du fürchtest,
Auch deiner Liebe günstge Zeichen bringen.
DON MANUEL.
Auch stürzen konnte sie mein Glück, drum wählt ich
Das Sicherste, ihr schnell zuvorzukommen.
CHOR.
Wie das, o Herr? Mit Furcht erfüllst du mich,
Und eine rasche Tat muß ich besorgen.
DON MANUEL.
Schon seit den letzten Monden ließ der Greis
Geheimnisvolle Winke sich entfallen,
Daß nicht mehr ferne sei der Tag, der sie
Den Ihrigen zurückegeben werde.
Seit gestern aber sprach ers deutlich aus,
Daß mit der nächsten Morgensonne Strahl –
Dies aber ist der Tag, der heute leuchtet –
Ihr Schicksal sich entscheidend werde lösen.
Kein Augenblick war zu verlieren, schnell
War mein Entschluß gefaßt und schnell vollstreckt.
In dieser Nacht raubt ich die Jungfrau weg
Und brachte sie verborgen nach Messina.
CHOR.
Welch kühn verwegen-räuberische Tat!
– Verzeih, o Herr, die freie Tadelrede!
Doch solches ist des weisern Alters Recht,
Wenn sich die rasche Jugend kühn vergißt.
DON MANUEL.
Unfern vom Kloster der Barmherzigen,
In eines Gartens abgeschiedner Stille,
Der von der Neugier nicht betreten wird,
Trennt ich mich eben jetzt von ihr, hieher
Zu der Versöhnung mit dem Bruder eilend.
In banger Furcht ließ ich sie dort allein
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