Ich seh dich an und überrascht, erstaunt
Find ich in dir der Mutter teure Züge.
DON MANUEL.
Und eine Ähnlichkeit entdeckt sich mir
In dir, die mich noch wunderbarer rühret.
DON CESAR.
Bist du es wirklich, der dem jüngern Bruder
So hold begegnet und so gütig spricht?
DON MANUEL.
Ist dieser freundlich sanftgesinnte Jüngling
Der übelwollend mir gehäßge Bruder?
Wiederum Stillschweigen; jeder steht in den Anblick des andern verloren.
DON CESAR.
Du nahmst die Pferde von arabscher Zucht
In Anspruch, aus dem Nachlaß unsers Vaters.
Den Rittern, die du schicktest, schlug ichs ab.
DON MANUEL.
Sie sind dir lieb, ich denke nicht mehr dran.
DON CESAR.
Nein, nimm die Rosse, nimm den Wagen auch
Des Vaters, nimm sie, ich beschwöre dich.
DON MANUEL.
Ich will es tun, wenn du das Schloß am Meere
Beziehen willst, um das wir heftig stritten.
DON CESAR.
Ich nehm es nicht, doch bin ichs wohl zufrieden,
Daß wirs gemeinsam brüderlich bewohnen.
DON MANUEL.
So seis! Warum ausschließend Eigentum
Besitzen, da die Herzen einig sind.
DON CESAR.
Warum noch länger abgesondert leben,
Da wir, vereinigt, jeder reicher werden?
DON MANUEL.
Wir sind nicht mehr getrennt, wir sind vereinigt.
Er eilt in seine Arme.
ERSTER CHOR zum zweiten.
Was stehen wir hier noch feindlich geschieden,
Da die Fürsten sich liebend umfassen?
Ihrem Beispiel folg ich und biete dir Frieden,
Wollen wir einander denn ewig hassen?
Sind sie Brüder durch Blutes Bande,
Sind wir Bürger und Söhne von einem Lande.
Beide Chöre umarmen sich.
Ein Bote tritt auf.
ZWEITER CHOR zu Don Cesar.
Den Späher, den du ausgesendet, Herr,
Erblick ich wiederkehrend. Freue dich,
Don Cesar! Gute Botschaft harret dein,
Denn fröhlich strahlt der Blick des Kommenden.
BOTE.
Heil mir und Heil der fluchbefreiten Stadt,
Des schönsten Anblicks wird mein Auge froh.
Die Söhne meines Herrn, die Fürsten seh ich
In friedlichem Gespräche, Hand in Hand,
Die ich in heißer Kampfeswut verlassen.
DON CESAR.
Du siehst die Liebe aus des Hasses Flammen
Wie einen neu verjüngten Phönix steigen.
BOTE.
Ein zweites leg ich zu dem ersten Glück.
Mein Botenstab ergrünt von frischen Zweigen!
DON CESAR ihn beiseite führend.
Laß hören, was du bringst.
BOTE.
Ein einzger Tag
Will alles, was erfreulich ist, versammeln.
Auch die Verlorene, nach der wir suchten,
Sie ist gefunden, Herr, sie ist nicht weit.
DON CESAR.
Sie ist gefunden. O wo ist sie? Sprich!
BOTE.
Hier in Messina, Herr, verbirgt sie sich.
DON MANUEL zu dem ersten Halbchor gewendet.
Von hoher Röte Glut seh ich die Wangen
Des Bruders glänzen, und sein Auge blitzt.
Ich weiß nicht, was es ist, doch ists die Farbe
Der Freude und mitfreuend teil ich sie.
DON CESAR zu dem Boten.
Komm, führe mich – Leb wohl, Don Manuel!
Im Arm der Mutter finden wir uns wieder,
Jetzt fodert mich ein dringend Werk von hier.
Er will gehen.
DON MANUEL.
Verschieb es nicht. Das Glück begleite dich!
DON CESAR besinnt sich und kommt zurück.
Don Manuel! Mehr, als ich sagen kann,
Freut mich dein Anblick – ja mir ahnet schon,
Wir werden uns wie Herzensfreunde lieben,
Der langgebundne Trieb wird freudger nur
Und mächtger streben in der neuen Sonne,
Nachholen werd ich das verlorne Leben.
DON MANUEL.
Die Blüte deutet auf die schöne Frucht.
DON CESAR.
Es ist nicht recht, ich fühls und tadle mich,
Daß ich mich jetzt aus deinen Armen reiße.
Denk nicht, ich fühle weniger als du,
Weil ich die festlich schöne Stunde rasch zerschneide.
DON MANUEL mit sichtbarer Zerstreuung.
Gehorche du dem Augenblick! Der Liebe
Gehört von heute an das ganze Leben.
DON CESAR.
Entdeckt ich dir, was mich von hinnen ruft –
DON MANUEL.
Laß mir dein Herz, dir bleibe dein Geheimnis.
DON CESAR.
Auch kein Geheimnis trenn uns ferner mehr,
Bald soll die letzte dunkle Falte schwinden!
Zu dem Chor gewendet.
Euch künd ichs an, damit ihrs alle wisset!
Der Streit ist abgeschlossen zwischen mir
Und dem geliebten Bruder! Den erklär ich
Für meinen Todfeind und Beleidiger,
Und werd ihn hassen wie der Hölle Pforten,
Der den erloschnen Funken unsers Streits
Aufbläst zu neuen Flammen – Hoffe keiner
Mir zu gefallen oder Dank zu ernten,
Der von dem Bruder Böses mir berichtet,
Mit falscher Dienstbegier den bittern Pfeil
Des raschen Worts geschäftig weitersendet.
– Nicht Wurzeln auf der Lippe schlägt das Wort,
Das unbedacht dem schnellen Zorn entflohen,
Doch von dem Ohr des Argwohns aufgefangen,
Kriecht es wie Schlingkraut endlos treibend fort,
Und hängt ans Herz sich an mit tausend Ästen,
So trennen endlich in Verworrenheit
Unheilbar sich die Guten und die Besten!
Er umarmt den Bruder noch einmal und geht ab, von dem zweiten Chore begleitet.
Don Manuel und der erste Chor.
CHOR.
Verwundrungsvoll, o Herr, betracht ich dich,
Und fast muß ich dich heute ganz verkennen.
Mit karger Rede kaum erwiderst du
Des Bruders Liebesworte, der gutmeinend
Mit offnem Herzen dir entgegenkommt.
Versunken in dich selber stehst du da
Gleich einem Träumenden, als wäre nur
Dein Leib zugegen und die Seele fern.
Wer so dich sähe, möchte leicht der Kälte
Dich zeihn und stolz unfreundlichen Gemüts,
Ich aber will dich drum nicht fühllos schelten,
Denn heiter blickst du wie ein Glücklicher
Um dich und Lächeln spielt um deine Wangen.
DON MANUEL.
Was soll ich sagen? Was erwidern? Mag
Der Bruder Worte finden! Ihn ergreift
Ein überraschend neu Gefühl, er sieht
Den alten Haß aus seinem Busen schwinden,
Und wundernd fühlt er sein verwandelt Herz.
Ich – habe keinen Haß mehr mitgebracht,
Kaum weiß ich noch, warum wir blutig stritten.
Denn über allen irdschen Dingen hoch
Schwebt mir auf Freudenfittichen die Seele,
Und in dem Glanzesmeer, das mich umfängt,
Sind alle Wolken mir und finstre Falten
Des Lebens ausgeglättet und verschwunden.
– Ich sehe diese Hallen, diese Säle
Und denke mir das freudige Erschrecken
Der überraschten, hocherstaunten Braut,
Wenn ich als Fürstin sie und Herrscherin
Durch dieses Hauses Pforten führen werde.
– Noch liebt sie nur den Liebenden! Dem Fremdling,
Dem Namenlosen hat sie sich gegeben.
Nicht ahnet sie, daß es Don Manuel,
Messinas Fürst ist, der die goldne Binde
Ihr um die schöne Stirne flechten wird.
Wie süß ists, das Geliebte zu beglücken
Mit ungehoffter Größe Glanz und Schein!
Längst spart ich mir dies höchste der Entzücken,
Wohl bleibt es stets sein höchster Schmuck allein,
Doch auch die Hoheit darf das Schöne schmücken,
Der goldne Reif erhebt den Edelstein.
CHOR.
Ich höre dich, o Herr, vom langen Schweigen
Zum erstenmal den stummen Mund entsiegeln.
Mit Späheraugen folgt ich dir schon längst,
Ein seltsam wunderbar Geheimnis ahnend,
Doch nicht erkühnt ich mich, was du vor mir
In tiefes Dunkel hüllst, dir abzufragen.
Dich reizt nicht mehr der Jagden muntre Lust,
Der Rosse Wettlauf und des Falken Sieg.
Aus der Gefährten Aug verschwindest du,
Sooft die Sonne sinkt zum Himmelsrande,
Und keiner unsers Chors, die wir dich sonst
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