Mich sucht, zwar wundert mich, wie er entdeckte –
BEATRICE.
Bei allen Heiligen des Himmels, meid ihn!
Begegne nicht dem heftig Stürmenden,
Laß dich von ihm an diesem Ort nicht finden.
DON MANUEL.
Geliebte Seele, dich verwirrt die Furcht!
Du hörst mich nicht, wir sind versöhnte Brüder!
BEATRICE.
O Himmel, rette mich aus dieser Stunde!
DON MANUEL.
Was ahndet mir! Welch ein Gedanke faßt
Mich schaudernd? – Wär es möglich – Wäre dir
Die Stimme keine fremde? – Beatrice!
Du warst? Mir grauet, weiter fortzufragen!
Du warst – bei meines Vaters Leichenfeier!
BEATRICE.
Weh mir!
DON MANUEL.
Du warst zugegen?
BEATRICE.
Zürne nicht!
DON MANUEL.
Unglückliche, du warst?
BEATRICE.
Ich war zugegen.
DON MANUEL.
Entsetzen!
BEATRICE.
Die Begierde war zu mächtig!
Vergib mir! Ich gestand dir meinen Wunsch,
Doch plötzlich ernst und finster ließest du
Die Bitte fallen, und so schwieg auch ich.
Doch weiß ich nicht, welch bösen Sternes Macht
Mich trieb mit unbezwinglichem Gelüsten.
Des Herzens heißen Drang mußt ich vergnügen,
Der alte Diener lieh mir seinen Beistand,
Ich war dir ungehorsam und ich ging.
Sie schmiegt sich an ihn, indem tritt Don Cesar herein, von dem ganzen Chor begleitet.
Beide Brüder. Beide Chöre. Beatrice.
ZWEITER CHOR zu Don Cesar.
Du glaubst uns nicht – Glaub deinen eignen Augen.
DON CESAR tritt heftig ein und fährt beim Anblick seines Bruders mit Entsetzen zurück.
Blendwerk der Hölle! Was? In seinen Armen!
Näher tretend, zu Don Manuel.
Giftvolle Schlange! Das ist deine Liebe!
Deswegen logst du tückisch mir Versöhnung!
O eine Stimme Gottes war mein Haß!
Fahre zur Hölle, falsche Schlangenseele!
Er ersticht ihn.
DON MANUEL.
Ich bin des Todes – Beatrice – Bruder!
Er sinkt und stirbt. Beatrice fällt neben ihm ohnmächtig nieder.
ERSTER CHOR.
Mord! Mord! Herbei! Greift zu den Waffen alle!
Mit Blut gerächet sei die blutge Tat!
Alle ziehen die Degen.
ZWEITER CHOR.
Heil uns! Der lange Zwiespalt ist geendigt.
Nur einem Herrscher jetzt gehorcht Messina.
ERSTER CHOR.
Rache! Rache! Der Mörder falle! falle!
Ein sühnend Opfer dem Gemordeten!
ZWEITER CHOR.
Herr, fürchte nichts, wir stehen treu zu dir!
DON CESAR mit Ansehen zwischen sie tretend.
Zurück – Ich habe meinen Feind getötet,
Der mein vertrauend redlich Herz betrog,
Die Bruderliebe mir zum Fallstrick legte.
Ein furchtbar gräßlich Ansehn hat die Tat,
Doch der gerechte Himmel hat gerichtet.
ERSTER CHOR.
Weh dir, Messina! Wehe! Wehe! Wehe!
Das gräßlich Ungeheure ist geschehn
In deinen Mauren – Wehe deinen Müttern
Und Kindern, deinen Jünglingen und Greisen,
Und wehe der noch ungebornen Frucht!
DON CESAR.
Die Klage kommt zu spät – Hier schaffet Hilfe!
Auf Beatricen zeigend.
Ruft sie ins Leben! Schnell entfernet sie
Von diesem Ort des Schreckens und des Todes.
– Ich kann nicht länger weilen, denn mich ruft
Die Sorge fort um die geraubte Schwester.
– Bringt sie in meiner Mutter Schloß und sprecht,
Es sei ihr Sohn Don Cesar, der sie sende!
Er geht ab, die ohnmächtige Beatrice wird von dem zweiten Chor auf eine Bank gesetzt und so hinweggetragen, der erste Chor bleibt bei dem Leichnam zurück, um welchen auch die Knaben, die die Brautgeschenke tragen, in einem Halbkreis herumstehen.
CHOR.
Sagt mir! Ich kanns nicht fassen und deuten,
Wie es so schnell sich erfüllend genaht.
Längst wohl sah ich im Geist mit weiten
Schritten das Schreckensgespenst herschreiten
Dieser entsetzlichen, blutigen Tat.
Dennoch übergießt mich ein Grauen,
Da sie vorhanden ist und geschehen,
Da ich erfüllt muß vor Augen schauen,
Was ich in ahndender Furcht nur gesehen.
All mein Blut in den Adern erstarrt
Vor der gräßlich entschiedenen Gegenwart.
EINER AUS DEM CHOR.
Lasset erschallen die Stimme der Klage!
Holder Jüngling,
Da liegt er entseelt
Hingestreckt in der Blüte der Tage!
Schwer umfangen von Todesnacht,
An der Schwelle der bräutlichen Kammer!
Aber über dem Stummen erwacht
Lauter, unermeßlicher Jammer.
EIN ZWEITER.
Wir kommen, wir kommen
Mit festlichem Prangen
Die Braut zu empfangen,
Es bringen die Knaben
Die reichen Gewande, die bräutlichen Gaben,
Das Fest ist bereitet, es warten die Zeugen,
Aber der Bräutigam höret nicht mehr.
Nimmer erweckt ihn der fröhliche Reigen,
Denn der Schlummer der Toten ist schwer.
GANZER CHOR.
Schwer und tief ist der Schlummer der Toten,
Nimmer erweckt ihn die Stimme der Braut,
Nimmer des Hifthorns fröhlicher Laut,
Starr und fühllos liegt er am Boden!
EIN DRITTER.
Was sind Hoffnungen, was sind Entwürfe,
Die der Mensch, der vergängliche, baut?
Heute umarmtet ihr euch als Brüder,
Einig gestimmt mit Herzen und Munde,
Diese Sonne, die jetzo nieder
Geht, sie leuchtete eurem Bunde!
Und jetzt liegst du dem Staube vermählt,
Von des Brudermords Händen entseelt,
In dem Busen die gräßliche Wunde!
Was sind Hoffnungen, was sind Entwürfe,
Die der Mensch, der flüchtige Sohn der Stunde,
Aufbaut auf dem betrüglichen Grunde?
CHOR.
Zu der Mutter will ich dich tragen,
Eine unbeglückende Last!
Diese Zypresse laßt uns zerschlagen
Mit der mördrischen Schneide der Axt,
Ein Bahre zu flechten aus ihren Zweigen,
Nimmer soll sie Lebendiges zeugen.
Die die tödliche Frucht getragen.
Nimmer in fröhlichem Wuchs sich erheben,
Keinem Wandrer mehr Schatten geben,
Die sich genährt auf des Mordes Boden,
Soll verflucht sein zum Dienst der Toten!
ERSTER.
Aber wehe dem Mörder, wehe,
Der dahingeht in törichtem Mut!
Hinab, hinab in der Erde Ritzen
Rinnet, rinnet, rinnet dein Blut.
Drunten aber im Tiefen sitzen
Lichtlos, ohne Gesang und Sprache,
Der Themis Töchter, die nie vergessen,
Die Untrüglichen, die mit Gerechtigkeit messen,
Fangen es auf in schwarzen Gefäßen,
Rühren und mengen die schreckliche Rache.
ZWEITER.
Leicht verschwindet der Taten Spur
Von der sonnenbeleuchteten Erde,
Wie aus dem Antlitz die leichte Gebärde –
Aber nichts ist verloren und verschwunden,
Was die geheimnisvoll waltenden Stunden
In den dunkel schaffenden Schoß aufnahmen –
Die Zeit ist eine blühende Flur,
Ein großes Lebendiges ist die Natur,
Und alles ist Frucht und alles ist Samen.
DRITTER.
Wehe, wehe dem Mörder, wehe,
Der sich gesät die tödliche Saat!
Ein andres Antlitz, eh sie geschehen,
Ein anderes zeigt die vollbrachte Tat.
Mutvoll blickt sie und kühn dir entgegen,
Wenn der Rache Gefühle den Busen bewegen,
Aber ist sie geschehn und begangen,
Blickt sie dich an mit erbleichenden Wangen.
Selber die schrecklichen Furien schwangen
Gegen Orestes die höllischen Schlangen,
Reizten den Sohn zu dem Muttermord an,
Mit der Gerechtigkeit heiligen Zügen
Wußten sie listig sein Herz zu betrügen,
Bis er die tödliche Tat nun getan –
Aber da er den Schoß jetzt geschlagen,
Der ihn empfangen und liebend getragen,
Siehe, da kehrten sie
Gegen ihn selber
Schrecklich sich um –
Und er erkannte die furchtbaren Jungfraun,
Die den Mörder ergreifend fassen,
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