Lars Burkart - Der Zorn der Hexe

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Vor sechshundert Jahren brachte ihre Familie die Hexe auf den Scheiterhaufen. Seit diesem Tag beeinflusst der Fluch ihr Leben. Als Sabine davon erfährt, versucht sie, ihr eigenes Schicksal zu lenken. Bei Nachforschungen entdeckt sie, dass es bei all dem Grauen, dem Tod und Leiden noch Grund zur Hoffnung gibt.
Wird es ihr gelingen einen Weg gegen den Zorn der Hexe zu finden?

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Lars Burkart

Der Zorn der Hexe

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Inhaltsverzeichnis Titel Lars Burkart Der Zorn der Hexe Dieses ebook wurde - фото 1

Inhaltsverzeichnis

Titel Lars Burkart Der Zorn der Hexe Dieses ebook wurde erstellt bei

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

6. Kapitel

7. Kapitel

8. Kapitel

9. Kapitel

10. Kapitel

11. Kapitel

12. Kapitel

13. Kapitel

14. Kapitel

15. Kapitel

16. Kapitel

17. Kapitel

18. Kapitel

19. Kapitel

20. Kapitel

21. Kapitel

22. Kapitel

23. Kapitel

24. Kapitel

25. Kapitel

26. Kapitel

27. Kapitel

28. Kapitel

29. Kapitel

30. Kapitel

31. Kapitel

32. Kapitel

33. Kapitel

34. Kapitel

35. Kapitel

36. Kapitel

37. Kapitel

38. Kapitel

Impressum neobooks

1. Kapitel

1. Kapitel

Es war ein Wunder, dass Sabine keine schweren Verletzungen erlitt, als sie mit ihrem Pferd stürzte. Das Glück schien diesmal auf ihrer Seite zu sein. Leider konnte man das bei dem Pferd nicht behaupten: Es musste eingeschläfert werden. Seine Knochen waren gleich an mehreren Stellen gebrochen und drei Rippen zersplittert. Es tat ihr zwar im Herzen weh, doch es war bestimmt das Beste für das arme Tier. Doch als es dann schließlich so weit war, konnte sie den Anblick nicht ertragen und flüchtete aus dem Stall. Sabine hatte sehr an dem edlen Tier gehangen und ihr war, als ginge ein guter Freund für immer von ihr.

Sie hastete durch den nahen Wald, der die nördliche Grenze des Grundstücks bildete und ließ seinen kühlen Schatten schnell hinter sich. Sie rannte und rannte, vorbei an Wiesen und Feldern, bis sie das Meer erreichte.

Die Küste war an dieser Stelle nichts als eine Felswand, die steil ins Meer stürzte. An ihrem steinigen Fuß brachen sich die Wellen, und an ihrem Scheitelpunkt blies steifer Nordwind. Alles in allem nicht unbedingt ein gemütlicher Ort. Es gab noch nicht einmal einen Weg, auf dem man zwischen den mannshohen Gesteinsbrocken gefahrlos hätte gehen können. Dennoch liebte sie diese Stelle. Hierher verirrte sich kaum eine Menschenseele und wenn doch, nahm sie angesichts der rauen Umgebung schnell wieder Reißaus. Hier war das letzte Fleckchen Erde, das Sabine für sich allein haben konnte. Immer, wenn sie etwas plagte, etwas verunsicherte, sie sich ängstigte oder sie einfach nur in Ruhe nachdenken wollte, ging sie hierher und lauschte dem Rauschen des Windes und dem Toben der Brandung.

Sabine kannte den Platz seit ihrer Kindheit. Seit sie als kleines Mädchen zum ersten Mal mit ihrem Vater hier gewesen war, hatte der Ort nichts von seinem Reiz verloren. Die Ruhe, das Pfeifen des Windes, das Kreischen der Möwen, all das war ihr ans Herz gewachsen. Und sie wollte keinen dieser Momente missen. Wie oft hatten sie hier oben gesessen, ihr alter Herr und sie, hatten aufs Meer hinausgesehen und hinter den Schiffen her, bis sie am Horizont verschwanden? Wie oft? Sie wusste es nicht. Es mussten unzählige Male gewesen sein. Manchmal hatten sie einfach nur geschwiegen und die raue Schönheit in sich aufgesogen.

Sabine konnte sich noch gut an den Moment erinnern, da sie den Vater gefragt hatte, wohin all die Schiffe verschwanden, wenn sie nicht mehr zu sehen waren. Sie hatte tatsächlich geglaubt, sie versänken im Ozean. Der Vater fuhr ihr liebevoll mit der Hand über den Zopf; das tat er immer, wenn er ihr etwas erklären wollte. Es war seine Art, nach Worten zu suchen. Er musste ihr oft etwas erklären, denn Sabine war ein neugieriges Kind. So erfuhr sie, dass die Erde eine Kugel war und die Schiffe keineswegs im Meer versanken, sondern einfach nicht mehr zu sehen waren, weil sich zwischen sie und das Schiff die Krümmung der Erdoberfläche schob.

„Du musst es dir ungefähr so vorstellen“, hatte er gesagt, „wenn du am Fuß eines Berges stehst, kannst du auch nicht über ihn hinweg auf die andere Seite sehen. Und genauso ist es mit den Schiffen: Die Erde, in diesem Fall das Wasser, ist im Weg.“

Sie hatte den Vater angesehen und gelächelt. Und er wusste, sie hatte verstanden. Egal, wie umständlich er sich auch manchmal ausdrückte, irgendwann konnte sie seinen Gedankengängen folgen.

Ihre Mutter war früh gestorben. Sabine konnte sich kaum noch an sie erinnern. Doch sie musste schön gewesen sein. Überall im Haus standen Fotos von ihr, in jedem Zimmer. Auch an den Wänden hingen Fotos, und immer, wenn Sabine eines der Bilder betrachtete, stellte sie fest, dass sie ihrer Mutter wie aus dem Gesicht geschnitten war. Sie hätten Zwillingsschwestern sein können, nur dass die eine eben schon ein paar Jährchen älter war.

Sie hatte den Vater einmal auf den Grund ihres frühen Todes angesprochen, doch er hatte nur gesagt, sie sei sehr krank geworden und irgendwann einmal würde sie alles darüber erfahren. Irgendwann, eines Tages, wenn die Zeit reif war. Durch seine Augen war dabei etwas gehuscht, das wie Angst aussah. Danach hatte er das Thema gewechselt, und das war das Zeichen gewesen, dass darüber genug geredet worden war.

Wenn die Sonne im Meer versank, war es am schönsten. Ihr glutrotes Licht verwandelte alles in ein Farbkonzert, und es schien, als explodiere sie in einem gigantischen roten Ball. Der beständige Wellengang gab dem Ganzen zugleich eine gespenstische Atmosphäre. Je höher die Wellen schlugen, umso farbenprächtiger und eindrucksvoller war das Spektakel.

Jetzt aber war es noch nicht Abend. Noch lange nicht. Allerhöchstens früher Vormittag, und das Meer breitete sich ruhig unter ihr aus, was für diesen Landstrich ungewöhnlich war. Sie sah weit aufs offene Wasser hinaus. Ihr war heiß; Schweiß rann an ihr herunter, und ihr Herz raste in der Brust.

Sabine war eine schöne junge Frau, Mitte zwanzig, gesund und wohlhabend. Ihre weiblichen Rundungen waren genau dort, wo sie hingehörten, und ihr langes blondes Haar strahlte wie die Sonne. Sie zog die Blicke der Männer reihenweise auf sich. Doch leider war es bisher erst zweien gelungen, ihr Herz zu erobern. Der erste (es war wohl mehr eine Art Jugendliebe, schließlich war sie erst sechzehn und er einundzwanzig) hatte ihre Liebe nicht verdient, wie sie inzwischen dachte. Es schien ihm Spaß zu machen, sie hinter ihrem Rücken im Akkord zu betrügen. Als sie ihn endlich durchschaute, war die Enttäuschung tief. Sie durchschnitt das zarte Band, das ihre Liebe gewesen war, und sie schwur sich, nie wieder einen Mann so nahe an sich heranzulassen.

Es dauerte vier Jahre, bis sie ihre Einstellung überdachte, und dann kam der zweite. Er war das Gegenteil seines Vorgängers. Schnell erwies er sich als Mann ihrer Träume. Bedauerlicherweise war auch diesmal das Schicksal anderer Meinung. Es ließ ihn in einer Kurve die Kontrolle über sein Motorrad verlieren. Dabei war sie nicht einmal besonders gefährlich, vielmehr langgezogen und übersichtlich. Er soll nicht lange gelitten haben, hatte man ihr später gesagt, es musste schnell gegangen sein.

Das mochte vielleicht auf ihn zutreffen, dachte sie, als sie seine Identität bezeugte, doch keinesfalls auf sie. Sie war überzeugt davon, nie wieder den Anblick seines leblosen Körpers vergessen zu können. Zwar hatte er, wie er es ihr hoch und heilig versprochen hatte, einen Helm getragen, aber von Motorradhandschuhen hielt er nicht viel. Seine Leiche war in einem guten Zustand, wenn man davon absah, dass sein Genick gleich an mehreren Stellen gebrochen war. Doch das war innerlich, und er war so aufgebahrt worden, dass man als Laie kaum etwas davon sah. Was man jedoch sah, war der Zustand seiner Hände – oder vielmehr das, was von ihnen übrig war. Sie waren nämlich noch nicht bandagiert worden – und dafür verfluchte Sabine denjenigen, der es versäumt hatte.

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