„Ich habe ihm einiges über euch erzählt. Außerdem bin ich mit Katharina sehr gut befreundet.“
„Aber du weißt kaum etwas über mich?“, fragte Hanna ihn.
„Katharina hat mir einiges über dich berichtet. Genug, um ihn zu überzeugen, dass ihr die Richtigen seid. Ich musste ihn nicht lange bitten“, nickte Mathis.
„Wirklich? Er kennt uns also nur durch deine Erzählungen?“
„Ja. Colin hat es gefreut, euch helfen zu können.“
„Nun möchte ich erst recht etwas über ihn erfahren“, bat Hanna.
„Was willst du wissen? Seinen Namen kennst du ja bereits. Colin ist der großzügigste, hilfsbereiteste Mensch, den ich kenne. Er ist mein bester Freund, ein richtiger Kumpel, mit dem man Pferde stehlen kann. Mehr gibt es auch nicht zu sagen.“
Mehr sagte Mathis nicht.
„Was macht er beruflich?“
„Er ist Ingenieur. Aber Colin macht kein Aufheben um seine Person. Du musst dich nicht bedanken. Er hat es wirklich gerne gemacht“, schüttelte Mathis den Kopf.
„Ich verstehe? Darf man nicht mehr über ihn erfahren?“
„Es gibt nicht mehr zu erzählen. Er bleibt lieber im Hintergrund. Ich kann ihm ja etwas ausrichten, wenn ich mit ihm telefoniere?“
„Ok. Sag ihm einfach danke, für alles. Vielleicht laufen wir uns ja mal über den Weg, dann kann ich es ihm auch noch selbst sagen“, nickte Hanna etwas enttäuscht mit dem Kopf.
„Das wird schwierig. Schließlich lebt er im Ausland“, schüttelte Mathis den Kopf.
„Ich bin begeistert von der Wohnung und von diesem kleinen Zimmer, dass er extra für mich eingerichtet hat. Sag ihm dass.“
„Ok? Ich werde es ihm ausrichten.“
„Findest du es nicht seltsam, dass er total meinen Geschmack getroffen hat, obwohl wir uns noch nie begegnet sind?“
Hanna gab nicht auf.
„Nein, eigentlich nicht. Colin kann sich sehr gut in einen Menschen hineinversetzen und als ich ihm von dir erzählt habe, hat er sich ein Bild von dir gemacht. So konnte er das Zimmer herrichten. Es war einfach ein Glücksfall, dass er genau deinen Geschmack getroffen hat“, meinte Mathis.
„Ja. Wahrscheinlich.“
Aber Hanna machte sich so ihre Gedanken über diesen Mann. Wie konnte er sich so in sie hineinversetzen? Das war schon eigenartig und befremdlich. Von Mathis konnte sie an diesem Abend nicht mehr erfahren. Gerne hätte sie diesen besonderen Mann kennengelernt, der ein Geheimnis um sich machte. Auch wenn sie ihn nicht kannte und wer er auch immer sein mochte, irgendetwas zog sie in seinen Bann.
Nun konnte Konstantin endlich ein Gespräch mit Hanna beginnen. Doch Hanna war immer noch mit ihren Gedanken bei Colin.
„Entschuldige, Konstantin. Ich musste gerade über etwas nachdenken.“
„Habe ich bemerkt. Ist schon in Ordnung.“
Konstantin wiederholte das Gesagte wieder und Hanna konzentrierte sich jetzt auf das Gespräch mit ihm. So kam doch noch eine nette, angeregte Unterhaltung in Gang. Nach dem Besuch im Restaurant machten sich alle auf den Weg durch die kleinen Gassen. In verschiedenen kleinen Bars machten sie Halt, tranken etwas und Hanna erzählte einiges aus ihrer Vergangenheit. Aber sie schwieg über die Sache mit Liam. Es war ein lustiger Abend. So verging die Zeit wie im Flug.
„Wir sollten nach Hause gehen. Es ist schon sehr spät“, meinte Hanna zu Katharina, als sie auf ihre Uhr sah.
„Du hast recht. Ich bin echt müde.“
Die Freunde begleiteten die beiden zu ihrer Wohnung und verabschiedeten sich. Mathis umarmte Katharina und gab ihr, zum ersten mal, einen flüchtigen Kuss. Katharina war erstaunt. Sie hatte damit nicht gerechnet.
„Gute Nacht, Mathis. Träum was schönes“, lächelte sie ihn an.
„Gute Nacht, Katharina. Du auch.“
Katharina und Hanna betraten ihre Wohnung und nach ein paar Minuten waren sie eingeschlafen.
„Guten Morgen, Katharina“, begrüßte Hanna sie grinsend.
„Guten Morgen. Warum grinst du so?“
„Mathis hat dich geküsst. Er ist verliebt in dich.“
„Das war ein rein freundschaftlicher, flüchtiger Kuss“, wehrte Katharina ab.
„Ach ja? So sah es nicht aus. Du hast dich auch in ihn verliebt. Ich sehe es in deinen Augen.“
„Unsinn.“
„Warum wehrst du dich so dagegen. Mathis ist ein toller Mann und er passt zu dir. Gib ihm eine Chance.“
„Meinst du?“
„Ja. Du siehst glücklich aus, wenn er in deiner Nähe ist. Halt es fest, dein Glück“, gab ihr Hanna den Rat.
„Und du, Hanna? Was ist mit deinem Glück?“
„Ich weiß es nicht. Irgendwann werde ich Liam finden. Nur mit ihm kann ich glücklich sein.“
„Und wenn er inzwischen verheiratet ist und Kinder hat? Was ist dann? Du denkst doch nicht wirklich, dass er sich nicht wieder verliebt hat? Und du wirst doch sicher keine Ehe zerstören?“
„Nein. Niemals. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass es eine andere Frau in seinem Leben gibt. Ich weiß, dass er mich geliebt hat. Vielleicht tut er es immer noch.“
„Er hat dich geliebt, Hanna. Doch das ist Jahre her. Es kann doch sein, dass er sich inzwischen damit abgefunden hat, dass ihr euch nie wieder seht. Vielleicht hat er dich auch wirklich vergessen. Er hat bestimmt ein neues Leben begonnen, mit einer anderen. Es gab damals bestimmt schon ein anderes Mädchen, denn warum ging er ohne ein Wort. Das kann doch nur etwas mit einer anderen Frau zu tun gehabt haben. So kann es nur gewesen sein.“
„Das kann ich nicht glauben. Es muss einen anderen Grund gegeben haben, einen Grund über den er nicht reden konnte. Davon bin ich überzeugt. Ich denke nicht, dass er mich betrogen hat.“
„Das kann ja alles sein. Doch er hätte mit dir reden müssen. Liam musste doch wissen, dass er dich verletzt, wenn er einfach verschwindet. Das nehme ich ihm übel“, schüttelte Katharina den Kopf.
Kurze Zeit redete niemand. Jeder dachte darüber nach, was Liam bewogen hatte, einfach zu verschwinden.
„Lass uns jetzt nicht mehr über Liam reden, sondern über dich und Mathis. Das ist wichtiger“, umarmte Hanna ihre Freundin.
„Da gibt es im Moment nichts weiter zu sagen. Ich lasse es einfach auf mich zukommen. Ob ich ihn liebe, weiß ich nicht. Nur eins weiß ich, dass ich gerne mit ihm zusammen bin. Ich genieße jede Minute mit ihm.“
„Dann solltest du dich auch mal öfter mit Mathis treffen. Allein. Warum unternimmst du nicht heute was mit ihm?“, schlug Hanna vor.
„Und du? Was wird aus dir?“
„Ich setze mich an diesen herrlichen See. Du musst dir keine Gedanken um mich machen“, nickte Hanna ihr zu.
„Ok? Ich werde Mathis anrufen. Du bist nicht böse?“
„Unsinn. Ruf ihn an.“
Das tat Katharina auch und sie verabredeten sich im nahegelegenen Park.
Hanna hingegen ging zum See. Zu diesem herrlichen Platz, den sie mit Katharina entdeckt hatte und setzte sich ins Gras. Ihre Gedanken gingen zu dem unbekannten Mann, von dem sie nur den Namen wusste. Und auch zu Liam, der sie so verletzt hatte. Ganz in Gedanken versunken schaute sie auf den, in der Sonne glitzernden, See.
„Von wem träumst du gerade?“, riss sie jemand aus ihren Träumen.
Hanna schaute zur Seite und sah in die Augen von Konstantin.
„Hoffentlich habe ich dich jetzt nicht dabei gestört?“
„Nein. Was machst du hier?“
„Ich bin zufällig hier vorbeigelaufen und da hab ich dich gesehen. Ist wirklich alles in Ordnung?“
„Klar. Warum fragst du?“
„Nun, du schaust so traurig. Hat dich jemand verletzt?“, schaute er sie verunsichert an.
„Das ist schon lange her. Aber manchmal kommen die Gedanken daran wieder. Nur diesmal beschäftigte mich auch noch etwas anderes.“
„Willst du darüber reden?“
„Nein. Eigentlich nicht. Du läufst also nicht immer hier vorbei?“, wollte Hanna wissen.
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