Also war es sinnlos, diesen Mann in meine geschäftlichen Pläne einzuweihen, geschweige denn, Initiative oder Unterstützung zu erwarten.
Dabei hatte ich auch dieses kleine Lokal nur auf seinen Wunsch hin übernommen, weil seine „Kumpels“ alle in der Gastronomie selbständig tätig waren, und er als Transport-Fahrer bei seinem Bruder arbeitete, was ihm gar nicht schmeckte. „Monsier“ wollte auch >wichtig< sein.
Wieso ich so blöd sein konnte, den Mini-Pub zu übernehmen, obwohl der Laden fast 1 Jahr leer gestanden hatte, und außer der kompletten Finanzierung auch noch die Konzession auf meinen Namen zu nehmen, war mir jetzt selbst ein Rätsel. Zugegeben, eine gute Nebeneinnahme erhoffte ich mir dadurch auch, denn Zusatzgeschäft heißt für mich auch Zusatzgewinn.
Wie man sich irren kann. Dabei hatte ich nämlich die Rechnung ohne den Wirt gemacht.
Meine Lebensversicherung hatte ich mir dafür auszahlen lassen, also hing ich seitdem am Seil. Ein Fehlgriff wie sich herausstellte, dennoch musste ich nun mit der Verpflichtung zurechtkommen, denn ich hatte einen 5-Jahres-Vertrag am Hals.
Dabei hatte ich ausgerechnet dieses Lokal wegen der überschaubaren Größe ausgewählt, nämlich weil mein Lebensgefährte es gut alleine betreiben konnte, und weil es Jahrzehnte, wegen der „Nacht-Konzession“, ein bekannter, beliebter Treffpunkt für alle Nachtschwärmer gewesen war.
Dass mir dann keine „Sperrzeit-Verkürzungs-Erlaubnis“ erteilt wurde, hatte ich nicht einkalkulieren können, dazu fehlte mir der Einblick in diese Branche. Wie so oft war ich, ohne irgendeine Ahnung dieses Gewerbes, ins kalte Wasser gesprungen. Was konnte schon schwierig sein, ein Bier zu zapfen und ne Frikadelle zu braten? Mehr braucht man für ne Kneipe doch nicht.
Und dass das ein großer Irrtum war, wie sehr ich mich verkalkuliert hatte, das sollte ich schon mit der >Verkaufs-Kalkulation< für die Getränke erfahren. Und auch, dass wir gar keine Speisen anbieten durften.
Der Grund, dass ich nur bis 1 Uhr öffnen durfte, war angeblich, dass das „Alte Nutzungsrecht“ nach konzessionslosen 12 Monaten verfallen war, und nebenbei vermutlich auch, dass ich Neuling im Gastgewerbe war, die sich nicht auskannte. Mir war zwar unklar, wo der Unterschied zwischen Normalbetrieb und Nachtgewerbe sein sollte, aber auf diese Frage hatte das Ordnungsamt nur ein Achselzucken.
Also saß mein lieber Darkan in einem, etwas außerhalb gelegenen, „normalen Bierlokal“ im wahrsten Sinne des Wortes „im Abseits des Geschehens“. Daran konnte auch der schöne Name >Queens Pub< nichts ändern.
Das Geschäft spielte sich, also in der letzten Stunde, zwischen Mitternacht und Ein Uhr ab, wenn man das überhaupt ein Geschäft nennen konnte. Und zwar durch die „übriggebliebenen Gäste“, die allerdings kaum noch in der Lage waren groß zu konsumieren, weil sie schon >Hacke dicht< bei uns ankamen. Und die Stadtbekannten >Säufer<, kotzten uns, für ein oder zwei Bier, noch vor die Theke, weil nix mehr rein passte.
Also war an Gewinn gar nicht zu denken, doch die Kosten blieben gleich. Mir blieb also nur übrig, Monat für Monat zuzuzahlen. Denn mit der niedrigen Pacht hatte die Brauerei uns „Neulingen“ Sand in die Augen gestreut, und holte die höhere Pacht über die „ 10 Hektoliter -Mindestabnahme“ wieder rein. Denn 10 Hektoliter konnten die wenigen „Vollgesoffskies“ in so kurzer Zeit nicht saufen. Nicht mal einen Hektoliter. Bezahlen musste ich jedoch zehn Hektoliter. Böse Falle.
Als „Wirt Darkan“ dann auch noch einen Mitarbeiter einstellte, damit er nicht so an die Öffnungszeit „angebunden“ war, erhöhten sich die monatlichen Kosten noch um einen „Fuffi“ täglich. Das hieß, dass ein großer Teil meiner Einnahmen aus dem Bordell für einen unnötigen Kneipen- Mitarbeiter wegging, weil mein Lebensgefährte keinen Bock hatte selbst zu arbeiten. Nachdem ich mir das elende Spiel einige Monate angesehen hatte, kam mir die „Partei-Idee“!
Gesagt – getan. Denn so stur oder vielleicht sogar unbelehrbar ich nun einmal bin, konnte mich Nichts und Niemand von meinem Vorhaben abhalten. Ich lebte immer nach dem Motto: probieren geht über studieren, und: wer nichts wagt, der nichts gewinnt.
Wäre ich so ängstlich, dass ich jedes Risiko vermeiden und ja nichts Neues versucht hätte, wäre ich nicht stolze Besitzerin eines Mehrfamilien-Hauses und Inhaberin von zwei Geschäften, deren Branchen ja auch mal >Neuland< für mich waren.
Zugegeben man nannte mich nicht zu Unrecht: Puffmutter und Glücksspiel-Queen, aber dennoch hatten die Ordnungs-Behörden eine gute Meinung von mir, weil ich selbst das halbseidene >Schmuddel-Geschäft< korrekt betrieb, wie ich genauso die damaligen halblegalen >Glücksspiele< ordentlich geführt hatte.
Denn wenn man in unserem Land eine „Gaststätten-Betriebserlaubnis< bekam, musste man schon eine „saubere Weste“ haben, Strafrechtlich sowie finanziell.
Und die Schankerlaubnis hatte ich ohne Probleme bekommen. Deshalb darf ich ruhig stolz auf mich sein, denn als armes Arbeiterkind hatte ich mich ganz alleine >hochgearbeitet<.
Der liberale Gedanke lag mir nahe, also musste ich nicht lange überlegen, deshalb schrieb ich mein Beitritts-Gesuch, um in die liberale Partei LDP einzutreten.
Als erstes schüttete man mich zu mit Info-Heftchen über den „liberalen Gedanken“: Sinn und Zweck der liberalen Partei und deren wichtige Mitglieder, nämlich der Vorstände von Bund und Ländern, Stadt und Bezirken. Sehr interessante Lektüre.
Was mich allerdings verwunderte und irgendwie auch empörte, man wollte genaue Auskünfte über meine Einkünfte.
>Ha, ha, ha, das glaubt ihr doch wohl nicht im Ernst- dass ich euch in meine geheimsten Eckchen reinschnuppern lasse? Schließlich kann ich euch doch nicht berichten, dass ich in meinem Haus ein, gutlaufendes, schickes >Bordellchen< habe. Wovon ich glücklicherweise die Zusatzbelastung dieser doofen Kneipe bewältigen kann<. Dachte ich und füllte den Fragebogen so aus, was ich für akzeptabel hielt. Ich gab an was die Partei etwas anging- und was nicht, verschwieg ich einfach.
Die schnelle Rückantwort war mit dem Willkommens-Gruß auch eine Beitrags-Forderung von 60 Mark jährlich.
>Na ja, das kann man ja verschmerzen< dachte ich grinsend. Außerdem lud man mich ein.
„Siehst du wohl, dass man mich ernst nimmt? Ich habe eine Einladung zum Stammtisch der LDP bekommen. Finde ich toll. Da gehe ich natürlich hin!“ posaunte ich freudig erregt und schwenkte den Brief mit dem gelb-blauen Symbol in der Luft.
Darkan zuckte gleichgültig die Schultern, dabei kommentierte er abfällig: „Stammtisch? Na denn viel Vergnügen in der Kneipe mit alten Säcken, die dicke Zigarren paffen. Was das bringen soll, da bin ich mal gespannt!“ grinste er breit.
Genervt winkte ich ab und widersprach: „Gut dass du dich auskennst und dass so schlau bist, was würde ich wohl ohne dich machen?“ spöttelte ich.
„Ein Stammtisch ist immer und überall gleich. Da wird gekungelt und gemauschelt, und jeder gibt seinen Brei zu den aktuellen Themen von sich. Bringt nix, außer vertane Zeit! Aber du kennst dich ja aus. Wirst schon sehen!“
„Besser ich versuche Was, und wenn es nur vertane Zeit kostet, als hinterm Ofen zu sitzen, und den „lieben Gott“ einen guten Mann sein lassen.“ Damit wendete ich mich verärgert ab und verließ die Wohnung. Schließlich hatte ich genug Wichtiges zu tun, sodass ich mich nicht auf weitere Diskussionen einzulassen brauchte.
Noch vor dem ersten Stammtisch-Abend überlegte ich, ob ich da wirklich alleine hingehen mochte. >Schon ein bissel blöd, so als Frau allein zu einem Stammtisch zu gehen, wenn da wirklich nur alte Männer sitzen, die sich alle schon ewig kennen<, sinnierte ich.
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