Sucher sein:
Ich sehe was, was du nicht siehst. Weißt du was, was du nicht siehst?
Ich hab mich schon immer Gefühl, als wär ich auf einer unendlichen Suche. Wie ein Kind, das
irgendwie immer mehr will, obwohl es so viel hat, eigentlich alles hat, aber doch fehlt etwas. Aber
es ist auch nur so ein Gefühl und alle sagen, das wars, das ist es, sei zufrieden mit dem was du
hast. Doch das Kind träumt immer noch vom Unmöglichen, denkt es kann alles machen und alles
schaffen, weiter erkundend, alles abtastend, nach irgendwas, das man gebrauchen könnte, für sein
neustes Vorhaben. Und es gibt nicht auf, denn warum sollte es das auch nicht schaffen?
“Ich bin nicht gut genug.”
“Ich schaffe das nicht. Andere ja, ich nicht. Ich bin einfach nicht der Typ, der einen Marathon laufen
könnte."
"Ich bin nicht der Typ, der eine Million machen könnte."
"Die Reichen sind sowieso alle Verbrecher. Geld wächst nunmal nicht auf Bäumen."
"Ich bin nicht gut in Mathe, war ich noch nie, Zahlen sind einfach nicht meins."
"Das brauche ich gar nicht erst probieren.”
Das denkt das Kind sicher nicht.
Da ist noch nichts, was es von irgendwas abhalten könnte, noch keine Programme, die es in seinem
Kopf immer und immer wieder abspielen könnte. Noch kein Bildnis von sich selbst und von der
Welt
gebaut, alles ist einfach nur da, wie es ist. Dinge passieren und Dinge sind. Der Baum ist. Mama
und Papa sind. Der Himmel ist. Die Sonne ist. Ist einfach nur.
“Jedes Kind ist wirklichgewissermaßen ein Genie und jedes Genie gewissermaßen ein Kind.”
- Arthur Schopenhauer
Sind wir nicht alle immer noch Kinder und werden immer Kinder bleiben?
Nochmal zurückspulen oder das Tape mit der Kassette in unserem Kopf löschen, neu
programmieren?
Denn dieser volkommen unprogrammierte Zustand, wie eine leere Seite, ist pures, unendliches
Potential, alles zu werden, was es will. Der Ursprungszustand des Erschaffens.
Und in ihm, der ein Mensch war,
Saß ein Vogel
Und der hatte Flügel.
- Wolf Wondratschek
Was willst du später mal werden, wenn du groß bist? Eine Frage, die uns von klein auf begleitet, bei jeder
Familienfeier auf Tagesordnung Nummer eins zu sein schien. Und was, wenn ich nur glücklich sein will,
wenn ich groß bin?
Und interessiert es eigentlich wirklich jemanden, was ich will oder wollt ihr nur wissen,
ob ich auf dem “rechten Pfad” bin? Auf dem Weg zum “guten Leben”, der eine Weg, der anscheinend von
allen und jedem für gut befunden wurde, von dem man sich wenn möglich nur ungern hinunter
wagt. Irgendwie fragt nie einer, ob ich denn glücklich sei oder einen Freund habe, auf diesen
Familienfeiern, sondern nur, wie es denn in der Schule liefe, was mein Lieblingsfach sei und dass ich mich
bemühen soll, fleißig zu lernen, die Schule zu beenden, einen guten, sicheren Job bekommen, am besten als
Beamter, z.b Lehrer. Lehrer werden sowie so gesucht wie Sand am Meer und da bist du auf der sicheren
Seite. Außerdem hast du so viel Ferien, wär das nicht toll? Ja ganz toll, bei der Vorstellung auch noch den
Rest meines Lebens in der Schule zu verbringen wird mir glatt ganz warm ums Herz.
Wie dem auch sei, diese Frage verfolgt einen nunmal das ganze Leben und irgendwie scheint die Familie
auch nicht eher ruhen zu können, bevor alle dies geklärt und sich brav auf ihren bereits vorgestampften
Weg begeben und einen fünf Jahresplan aufgestellt haben. Und wehe da werden zu viele Selbstfindungs-
Zwischenstopps in Süd-Ost-Asien, Südamerika oder sonst wo eingelegt. Ein Jahr ist ja noch akzeptabel und
inzwischen sogar weitgehend ein Trend, aber Gott bewahre, dass du das nicht ein zweites Jahr machst, das
wird nicht toleriert! Und beim dritten, achje, brauchst du eigentlich auch gar nicht mehr anfangen, es haben
dich ja so schon alle Schulfreunde überholt, da kannst du auch gleich unter einer Brücke leben.
Ich verstehe ja, dass ältere Generationen andere Vorstellungen haben, die ja auch nicht zwingend falsch
sind, aber warum dieser strikte Zeitplan, an den alle sich zu halten versuchen scheinen. Wenn es doch
eigentlich nie zu spät ist, seine Meinung zu ändern, einen anderen Weg einzuschlagen oder von vorne
anzufangen, wenn es das ist, was man wirklich will oder einen näher dorthin bringt.
Und ist doch auch schön, wenn der Weg dorthin eben ein bisschen verschlungener und verkorkter ist,
oder? Desto schöner ist es bestimmt, wenn man dort ankommt. Denn wenn die
Berufung einfach höher ist, gestaltet sich daher auch der Weg komplizierter.
Warum bleiben so viele Menschen in einem Job, der sie nicht erfüllt? Sicherheit.
Die Angst vor dem Ungewissen und davor eben keine Sicherheit zu haben. Aber ist es nicht viel
unheimlicher, zu wissen, dass man sich sein Leben lang nicht getraut hat, dass zu machen, was einen
eigentlich tief bewegt und berührt, unsere eigentliche Berufungß
Dieser Stimme nicht nachgegangen zu sein, bis es irgendwann zu spät ist. Und währenddessen sein Leben
nur mit halber Kraft, mit halbem Potential zu leben. Denn wenn man sich erstmal entschieden hat,
dann gibt es eben kein zurück mehr und sei bereit, alle
Hindernisse, die es zu überwinden gibt, zu überkommen.
Denn gibt diese Sicherheit, die uns versprochen wird uns wirklich Sicherheit? Die Sicherheit, nach der wir
uns sehnen? Oder ist es nur ein schwacher Abklatsch dessen, was wir sein könnten. Und selbst wenn wir in
unserem gemütlichen, sicheren Büro so lange arbeiten und unseren Chef einmal im Jahr um Urlaub
anbetteln bis wir endlich in Rente gehen. Dann kann das Leben doch erst richtig losgehen. Endlich mal die
Sau raus lassen, auf Vater Staat! Oder? Oh, wobei 600 Eurönchen im Monat reichen dafür vielleicht doch
nicht ganz.
Also nicht nur, dass wir so verdammt viel kostbare Zeit unseres Lebens opfern, und aufgrund steuerlicher
Abzüge fast fünf Monate des Jahres so oder so nur für den Staat arbeiten, um für das System zu arbeiten
und am Ende ist die wohlverdiente Rente nicht einmal genug. Wie sicher findest du diese Sicherheit?
Warum lassen wir uns das eigentlich gefallen? Warum hinterfragen wir das nicht mehr? Nur weil das vor
tausenden von Jahren irgendein König beschlossen hat? Um genau zu sein, wurde die Bevölkerung damals
nicht nur scheinbar, sondern tatsächlich mit der Verkündung falscher Tatsachen hinters Licht geführt,
indem die amerikanische Regierung Robin Hood gespielt und behauptet hat, die Gelder von den
Mittelschichten einzuziehen und der ärmeren Bevölkerung zur Verfügung zu stellen. Aufgrund dieser
Täuschung gab es dann auch einige Aufstände und Proteste, allerdings scheint sich da bis heute nicht viel
getan zu haben.
Und sind wir es uns nicht schuldig, die Privilegien, diese Möglichkeiten und den unbegrenzten Zugang an
Informationen vollkommen auszuschöpfen? Aber vorallem unser eigenes Potential vollkommen
auszuschöpfen?
Was ist, wenn das Kind in uns, dessen Stimme wir immer mehr ausschließen und dessen Stimme immer
leiser und leiser in unserem Hinterkopf wird, recht hat? Was ist wenn wir alles schaffen können, was wir
uns vornehmen? Was wäre, wenn wir niemals verlieren könnten, was würdest du versuchen? Und
eigentlich können wir wirklich nicht verlieren. Ich weiß dieser Spruch “ entweder du gewinnst oder du
lernst und damit hast du auch gewonnen” ist ebenfalls ein wenig ausgelutscht, aber da ist doch etwas
Wahres dran. Ich glaube die einzige Möglichkeit zu verlieren besteht darin, zu früh aufzugeben oder es gar
Читать дальше