Nach 1612 wurden die Fugger vom Reh dann nur noch durch die Nachkommen des Matthäus repräsentiert, alle anderen Linien der Familie waren inzwischen erloschen.
Die verbliebenen Nachfahren waren als Angestellte der Fugger von der Lilie im schlesischen Bergbau als Kaufleute, Kämmerer und Verweser (Verwalter) tätig. Als im 16. Jahrhundert das Fuggersche Bergwerksgeschäft abflaute und immer mehr Gruben geschlossen wurden, begannen die Fugger vom Reh, im Handwerk und in der Landwirtschaft tätig zu werden. Die Familie verlor ein weiteres Mal an Bedeutung und fiel in das Dunkel der Anonymität. Die Mitglieder der Familie leben heute, in zahlreiche Linien verzweigt, im gesamten Gebiet der Bundesrepublik Deutschland. Sie gehen auf Matthäus Fugger vom Reh, den drittgeborenen Sohn von Andreas Fugger, zurück.
Fugger von der Lilie
Jakob Fugger „der Reiche“
Jakob Fugger der Reiche wurde am 6. März 1459 in Augsburg als Sohn Jakobs des Alten Fuggers geboren. Nach einer klerikalen Ausbildung wurde er von seinem älteren Bruder Ulrich, der den väterlichen Betrieb übernommen hatte, 1478 zur dortigen Mithilfe gebeten.
Durch den Einstieg in den Montanhandel und den Ausbau des bestehenden Handels mit verschiedenen Textilien und anderen Gütern erwirtschaftete der Betrieb unter seiner Leitung ein Vermögen, mit welchem er u. a. den Italienfeldzug von Maximilian I. ermöglichte und später Karl V. von Spanien Bestechungsgelder in Höhe von über 500.000 Gulden für dessen Wahl zum Kaiser im Jahre 1519 als Kredit gewährte. Dadurch wurde das Familienunternehmen zu dem größten Bankhaus seiner Zeit. Bis heute ist kein Vermögen mit Ausnahme des der Rothschilds mit dem der Fugger zu vergleichen. Jakob der Reiche starb am 30. Dezember 1525 in Augsburg.
Anton Fugger
Nach dem Tode Jakob des Reichen übernahm dessen Neffe Anton Fugger (geboren am 10. Juni 1493 in Augsburg) das Familienunternehmen. Mit gleichem Geschick und einem ebenso guten Blick für wirtschaftliche und politische Zusammenhänge wie sein Onkel setzte Anton die Geschäfte der Firma fort. Er tätigte, wie sein Onkel auch, Geschäfte mit den Habsburgern Karl V. und Friedrich I., gewährte aber auch den englischen Königen Heinrich VIII. und Eduard VI. Kredite.
Durch die Kredite und Altschulden von Philipp II. von Spanien verlor die Gesellschaft viel Geld, da die Könige zahlungsunfähig waren. Dies und anderes bewegte wohl Anton dazu, sich langsam aus dem Geschäft zurückzuziehen. Zur Sicherung des Vermögens kaufte er große Ländereien auf. Anton Fugger starb am 14. September
1560 in Augsburg.
Wappen der Fugger von der Lilie
Die Heiratspolitik der Fugger
Heiraten in die Kaufmannschaft, das Patriziat und den niederen Adel
Aus der Ehe der Barbara Bäsinger und des Jakob Fugger d. Ä. waren elf Kinder hervorgegangen.
"Aus der weiblichen Umsicht einer altdeutschen Bürgerin fand Barbara neben den Aufregungen des Geschäftes Zeit, um mit sicherer Hand die Erziehung zu lenken". Es sei ihr "altershalber" ein Büchsenmeister, der Barchentweber Georg Pecher, als Pfleger zur Seite gestellt worden. Die Söhne Ulrich, Andreas, Hans, Peter und Georg wurden zu Kaufleuten bestimmt, Marx und Jakob traten in den geistlichen Stand. Die Mutter hatte den Tod der Söhne Andreas, Hans, Marx und Peter zu betrauern, so dass ihr schließlich nur noch die Söhne Ulrich, Georg und der wieder aus dem Kloster Herrieden ausgetretene jüngste Sohn Jakob zur Seite standen.
"Die Töchter galt es zu tüchtigen Bürgersfrauen heranzuziehen". Da Barbara Fugger sehr betagt starb, sah sie noch die Söhne aus der Enge der schwäbischen Maßstäbe herauswachsen durch "Ehrbarkeit, Redlichkeit und Vernunft". Sie erlebte die Wappenverleihung an ihre Söhne durch Kaiser Friedrich m. und verfolgte nicht ohne Stolz deren Beziehungen zur Kurie und die erfolgreichen Transaktionen für das Kaiserhaus.
Bis auf die Hochzeit ihres jüngsten Sohnes Jakob, der sich erst 39jährig ein Jahr nach ihrem Tod verheiratete, sah sie die Verehelichung aller ihrer Kinder. Ihr Einfluss auf die Partnerwahl sollte nicht unterschätzt werden.
Ulrich führte 1479 mit Veronika Lauginger erstmals eine "Frau patrizischen Geblüts in das Haus am Rohr ein". Die Lauginger waren mit den reichsten und vornehmsten Familien verschwägert und besaßen große Landgüter, so z.B. Schloss Wellenburg.
Sie wurden wie die Fugger selbst erst 1538 in das Patriziat der Stadt Augsburg aufgenommen. Die Lauginger waren allerdings ursprünglich von patrizischer Herkunft, "hatten sich aber nach 1368 unter die Zünfte begeben".
Am Martinstag 1486 hatte sich Georg Fugger "mit der edlen und tugendsamen Jungfrau Regina Imhof, Geschlechters und Bürgers in Augsburg ehelicher Tochter, in den heiligen Ehestand eingelassen".
Die Familie Imhof gehörte zu dem in Augsburg eingewanderten Landadel; somit schenkte Regina Imhof "dem Geschlecht eine Stammutter, deren Sippe ursprünglich ritterbürtig war". Dieser Heirat verdankte die Fugger Familie den Anschluss an die "quasi-patrizische Gesellschaft der Mehrer der Geschlechter", deren Mitglied die Imhof waren, durch die patrizische Ehe eines ihrer Angehörigen.
Regina Fugger-Imhof schenkte fünf Söhnen und einer Tochter das Leben. Zwei Söhne, Johannes und Peter, starben als Kinder; ihr zweitgeborener Sohn Marcus starb mit 23 Jahren in Rom. Er war der Nachfolger seines Onkels Marx, eines Bruder seines Vaters, in der Pfründenvermittlung in Rom. In der Hand dieses Sohnes der Regina Fugger entstand eine enorme Pfründenhäufung, die zwar keineswegs dem Bestreben der Kirche entsprach, doch in der Praxis sehr wohl geduldet wurde. Der Jüngling von knapp zwanzig Jahren brachte es immerhin zum Domprobst von Passau und Regensburg, zum Propst von St. German und Moritz zu Speyer, von Neumünster in Würzburg, von St. Stefan in Bamberg, von St. Peter am Perlach in Augsburg. Außerdem wurde er Archidiakon von Heiliggrab zu Liegnitz, Lizentiat des Geistlichen Rechts und päpstlicher Protonotar und Apostolischer Scriptor. Diese Anhäufung war zum Teil auf Kosten derer erfolgt, die sich an Marcus Fugger gewandt hatten, um durch ihn Pfründen zu erlangen. Dabei handelte es sich nicht nur um Ehrenämter, sondern um solche mit einträglichen materiellen Gewinnen. Marcus wird zum "Inbild" dessen, was ein am Heiligen Stuhl einflussreicher Oheim um 1500 vermochte.
Eine glänzende Laufbahn wäre ihm beschieden gewesen, wäre er nicht 23jährig in Rom verstorben, wo er im Jahre 1511 in der Nationalkirche der Deutschen, der St. Maria dell‘ Anima, neben seinem Onkel Marx zur Ruhe gebettet wurde. Ob seine Mutter Regina unter den Trauergästen in Rom war, ist unwahrscheinlich. Der frühe Tod ihres so erfolgreichen Sohnes hatte die seit 1506 verwitwete Mutter schwer getroffen. Sie verwirklichte in Augsburg eine Idee ihres Sohnes, in seiner Probstkirche St. Peter eine Corpus-Christi-Stiftung zu errichten, zu "seinem Trost und Hilfe", also zu seinem Seelenheil. Sie glaubte "nach der heiligen christlichen Kirche Lehre und Unterweisung, dass allen lebendigen und toten christgläubigen Menschen die allermeiste, größte, nützlichste und vollkommenste Hilfe sei das Amt der Heiligen Messe, darin der zarte, würdige Fronleichnam unseres lieben Herrn Jesu Christi und sein rosenfarbenes Blut gehandelt und gewandelt, sein bitteres Leiden und Sterben erneuert, vor dem Angesicht seines himmlischen Vaters aufgeopfert, seine göttliche Gnade gebeten wird und andere gute Werke mit Zierlichkeit, Gottesdienst zu künftigen Zeiten und ewigen Tagen, uns armen Sündern und allen gläubigen Seelen Hilfe und Gnade und Barmherzigkeit mitzuteilen".
Die Seelenämter auf Fronleichnam und am Todestag ihres Sohnes, die von der Pfarrkanzel verkündet wurden, und bei welchen die Armen des Sebastian- Siechenhauses mit "Gottesbrot" für die Teilnahme daran belohnt wurden, waren prunkvoll. Regina Fugger überschüttete die St. Peterskirche mit erlesensten Geschenken: ein karmesinfarbener Samtrauchmantel, Messkleider und Levitenröcke mit dem Doppelwappen Fugger-Imhof, ein seidener Umhang und Perlenkranz für die Monstranz, ein rotsamtenes Korporale, ein seidenes Altartuch, ein geschnitztes und gemaltes Sakramentshaus, eine Fahne, ein Weihrauchfass und ein Ampelschrein aus Messing. Die große Zahl der guten Werke, von Papst und Bischof gebilligt, "sollte die Seele des verstorbenen Kurialen nach dem Wunsche seiner bangenden Mutter aus dem Fegefeuer befreien und ihr zu ewigen Seligkeit verhelfen".
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