Daniela Christine Geissler - Virusrausch
VIRUSRAUSCH
Psychologischer Roman
Daniela Christine Geissler
Virusrausch
Daniela Christine Geissler
Copyright: © 2012 Daniela Christine Geissler
published by: epubli GmhH, Berlin
www.epubli.de
ISBN 978-3-8442-3893-8
Inhaltsverzeichnis
PROLOG.. 7
1. T E I L.. 10
Kapitel 1 10
Kapitel 2 19
Kapitel 3 29
Kapitel 4 43
Kapitel 5 46
Kapitel 6 53
Kapitel 7 60
Kapitel 8 70
2. T E I L.. 75
Kapitel 9 75
Kapitel 10 83
Kapitel 11 90
Kapitel 12 100
Kapitel 13 108
Kapitel 14 114
Kapitel 15 117
Kapitel 16 124
Kapitel 17 128
Kapitel 18 134
Kapitel 19 140
Kapitel 20 147
Kapitel 21 154
Kapitel 22 160
>Viren sind die einzigen Rivalen um die Herrschaft über unseren Planeten. Wir müssen auf Draht sein, um mit ihnen Schritt zu halten.<
Dr. Joshua Lederberg
Houston
Donnerstag, 17. Juli, 11 Uhr
>>Dr. Andrew! Soll ich die Autopsie vornehmen?<<
>>Ja! Gehen Sie schon! Die Studenten warten.<<
Hastig schloss er die Tür hinter sich. Er fühlte sich ausgelaugt, rieb sich die Augen und starrte gedankenverloren in den lichtdurchfluteten Raum. Eine Arbeitswoche wie jede andere, und trotzdem fühlte Marc sich angespannt und aggressiv. Erinnerungen drängten sich immer wieder in den gewohnten Arbeitsrhythmus. Längst vergessene Szenen aus Kindertagen stürmten in sein Bewusstsein und nur mit Mühe konnte er sich auf seine Arbeit konzentrieren.
Sein Vater, John Andrew, war an seiner Laufbahn in diesem Hospital nicht unbeteiligt. Um den ständigen Unstimmigkeiten zwischen ihnen zu entgehen, gab er schließlich nach und widmete sich der Medizin. Die konfliktgeladene Vater-Sohn-Beziehung bestand aufgrund mangelhaften Einfühlungsvermögens auf beiden Seiten.
Marc Andrew, Pathologe des Eden Hospitals, ein Mann von mittlerer Statur, dessen Hände dazu geeignet waren, einen Geigenbogen zu führen, wie ein Skalpell, wollte eine Künstlerlaufbahn als Musiker einschlagen, aber das war natürlich indiskutabel, wenn man einen Mann wie John zum Vater hatte. Einen soliden Hausarzt, der solche hysterischen Überspanntheiten nicht duldete. Zu seinen Mitmenschen hielt Marc wenig Kontakt.
Er war ein Eigenbrötler, ein Exzentriker, und so gab es für ihn nur eine Berufung in der Medizin - die Pathologie. Nur vor den Toten hatte er keine Hemmungen; jene Zurückgezogenheit, die ihn seit seiner Kindheit durch das gestörte Verhältnis zu seinem Vater prägte.
An diesem Tag überließ er Dr. Gerald Gilbert die Autopsie des an Leberkrebs verstorbenen Mannes. Marc hatte zu seinen Kollegen ein distanziertes Verhältnis. Er lehnte es ab, sie beim Vornamen zu nennen. Nur einer konnte die Barriere überschreiten, welche er zwischen sich und seiner Umwelt aufgebaut hatte. Was Gerald betraf, hatte er zu seinen medizinischen Leistungen größtes Vertrauen, vor allem bewahrte dieser stets einen respektvollen Abstand zu Marc.
Aus dem Nebenraum drang das helle Lachen des Praktikanten Elias heraus. Marc hatte nicht viel für seine Mitmenschen übrig, aber auf Scherze im Sezierraum reagierte er sehr empfindlich - er fand es einfach taktlos. Schnell durchlief er die pathologische Abteilung, wobei sein strenger Blick Elias streifte. In seiner steifen Art sich zu bewegen, hielt er kurz inne, verzichtete jedoch darauf, ihn zurechtzuweisen. Gerald war damit beschäftigt einigen Studenten den inneren Teil des Körpers näher zu bringen. Elias überprüfte die Instrumente auf der Ablage und reichte ihm das passende Skalpell.
Der Körper des Verstorbenen war bis auf einen langen rechteckigen Ausschnitt vom Brustbein bis zu den Lenden, wie bei einer Operation, verdeckt. Gebannt starrten die Studenten auf seine geübte Hand. Routiniert führte er einen sauberen Schnitt aus.
Einigen unter den Studenten wurde bei diesem Anblick übel. Bei der Untersuchung der inneren Organe legte Gerald bei seinen Ausführungen vor allem auf die Wucherung der Metastasen an der Leber zu den nächstliegenden Organen, wert.
Er lehnte es ab, während einer Autopsie an Studenten Zwischenfragen zu stellen und ging betont ruhig an seine Arbeit. Seiner Meinung nach hatten die jungen Leute genug damit zu tun, den süßlich-bitteren Leichengestank, vermischt mit chemischen Gerüchen, verdauen zu können.
Der Anblick eines enthäuteten Körpers, der einmal ein Mensch gewesen war und der wie ein rohes Stück Fleisch auf dem Tisch lag, war keine angenehme Sache für junge Leute. Nach der Prozedur bemerkte eine Studentin zu Elias
>>Der Pathologe ist der Frankenstein der Medizin! Finden Sie nicht auch?<<
>>Na ja, es ist eher so, dass der Beruf des Pathologen das so mit sich bringt. Ewig an Leichen stochern, da muss man sich schon eine harte Schale aneignen.<<, entgegnete er mit seinem knabenhaften Lächeln. Verzückt betrachtete sie seine engelhafte Erscheinung, die so gar nicht in diese Umgebung passte.
1. T E I L
Houston - vor zwei Wochen
Freitag, 17.30
>>Na, mach schon!<<, fluchte Clark hinter dem Steuer des Rettungswagens. >>.....ist doch wie immer...<< Energisch schlängelte er den Wagen zwischen den langsam ausweichenden Autos vorbei zum Hotel Continental. Dort endlich angekommen, stürmten die zwei Rettungsleute aus dem Wagen und schoben die Trage heraus.
In der Hotelhalle lag, von vier Angestellten umringt, ein Mann am Boden. Der gewissenhafte Hotelboy hatte ihn bereits in Seitenlage gebracht. So daliegend, machte der junge Mann den Eindruck eines friedlich Schlafenden, inmitten der Hektik, die er verursachte.
Mit einem lethargischen Blick sah er kurz zu den hereinstürmenden Männern auf. Der Notarzt fühlte seinen Puls und nickte den Rettungsleuten zu, die ihn daraufhin sachte auf die Trage legten. Als sie Brian in den Krankenwagen schoben, raste seine Kindheit in Zeitraffer an ihm vorüber. Manche Szenen durchlebte er mit besonders quälender Intensität.
Das Leben jedes Menschen beinhaltet positive und negative Erlebnisse, aber dieser Mann erlebte Szenen, die eigentümlich verzerrt waren. Er befand sich auf einem seelischen Horrortrip, der einem Drogenrausch glich.
In der Notaufnahme stellte man eine Herzinsuffizienz und eine herabgesetzte Atemtätigkeit fest. Man brachte ihn nach der ersten medizinischen Versorgung auf die Intensivstation. Dort kam er wieder einige Minuten zu sich, um dann wieder in diesen Dämmerzustand zu verfallen. Niemand konnte ihm helfen, keiner wusste, was er durchmachte. Von seinem körperlichen Zustand her, war es nicht zu erkennen, wie sein Zentralnervensystem seine Psyche mit unzusammen-hängenden Fantasien quälte.
Er fühlte den Ruck, als die Krankenpfleger ihn ins Bett hoben. Brian versuchte sich zu bewegen, doch seine Arme gehorchten ihm nicht. Nur schemenhaft registrierte er seine Umgebung. Aus weiter Ferne drangen die Worte zu ihm >>.....Brian Cain......Systolen festgestellt...... säubern....... Katheder legen......<< Er begann zu frösteln. Im nächsten Moment entfernten sich die Stimmen um ihn herum. Ein Strudel aus sich überschneidenden Bildern riss ihn in seine Vergangenheit zurück – er war neun Jahre alt und befand sich in seinem Kinderzimmer.
Dort herrschten Dunkelheit und Kälte. Seine Mutter drückte den Lichtschalter, doch statt des Lichts, ratterten vor seinem Fenster eiserne Gitterstäbe herunter. Einem weiblichen Höllentier gleich, beugte sie sich über ihn, welches sich plötzlich in seine Schwester Margit verwandelte. Sie streichelte seine Wange, ihr Haar duftete süß. Sein Vater befand sich hinter ihnen und betrachtete beide traurig. Er löste sich von Margit und wollte in die starken Arme seines Vaters flüchten, doch je näher er kam, desto größer wurde der Abstand zwischen ihnen. Anschließend sah er das ebenmäßige Gesicht seiner Frau Helen vor sich - in ihrem Lächeln schien er zu versinken, versuchte mit ihr zu sprechen, aber seine Stimme erreichte sie nicht. Über seine Kindheit hinweg versuchte er die Gegenwart zu erreichen. Seine Stimme versagte - daraufhin lachte sie und lief weg.
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