Fazit:
Bei der MS findet sich fast immer eine Störung der „neuro-endokrinen Stress-Response-Achse“ i.S.e. Dysfunktion.
Zurzeit geht die Wissenschaft davon aus, dass der Hypothalamus () im Zentrum der Funktionsstörung steht. Eine zentrale CRF-Blockade (CRF = Corticotropin-Releasing-Factor) wird angenommen, infolgedessen ACTH (Adreno-Corticotropes Hormon ()) und Cortisol erniedrigt sind.
Folgerung:
Das macht es dann auch logischerweise erforderlich, das gesamte Endokrinum mit allen Achsen unspezifisch zu modulieren und zu stabilisieren (s. entsprechende Therapie) und in physiologische Balance und bestmögliche Funktionalität zu bringen!
Wie bei anderen und besonders chronischen Krankheiten – so insbes. bei Krebskrankheiten, Erkrankungen im Rheumatischen Formenkreis und bei allen Krankheitsformen von „Fatigue“ (Erschöpfung/Müdigkeit) u.a.m. … – lässt sich auch bei der MS immer eine mehr oder minder ausgeprägte Dysbalance bei den sogen. „Freien (Sauerstoff-)Radikalen“ () oder dem „Oxidativen Stress“ () nachweisen. In zahlreichen internationalen Studien konnte nachgewiesen werden, dass diese Freien Radikalen bzw. der Oxidative Stress verantwortlich gemacht wird für das Entstehen bzw. Sich-Manifestieren zahlreicher Erkrankungen: von Arteriosklerose über Diabetes mellitus reicht die Schadenspalette bis hin zu Neuro-Degenerativen Erkrankungen und und und …
Keine MS-Erkrankung verläuft wie die andere!
Das ist Fakt.
Daran führt kein Weg vorbei (das ist dann auch ein wesentlicher Grund für die Notwendigkeit und Wichtigkeit einer individuellen „ganzheitlichen“ Behandlung)!
Obwohl sowohl Art als auch Schwere der Symptome und besonders bzgl. des Krankheitsverlaufs bei Patienten mit MS individuell verschieden sind, gibt es doch Gemeinsamkeiten, wie sich die Krankheit im Verlauf entwickelt.
Gemäß der aktuellen Leitlinie „Diagnose und Therapie der Multiplen Sklerose“ der Deutschen Gesellschaft für Neurologie e.V. (DGN) werden heute – im Gegensatz zu früher mit 5 MS-Varianten – drei „MS-Verlaufsf-Formen“ und eine „MS-Vorstufe“ kategorisiert.
Die präzise Diagnose der Verlaufsform ist von imminenter Bedeutung für die nachgehende Behandlung!
Hierzu aber noch eine weitere Erläuterung, die auf Anmerkungen an früherer Stelle aufbaut, nämlich über die Tatsache, dass ein „entzündlicher Befall“ des Myelins nicht immer und in jedem Falle zu einer kompletten Zerstörung des Myelins führen muss/führt; das ist einzig so dramatisch im Falle der MS-Hochrisiko-Verlaufsform (s.u.).
Hier gilt es zu wissen:
Myelin-Prozesse bei der MS.
Jeder entzündliche Prozess am Myelin (an der Nerven-Markscheide) führt zu Störungen der Impulsübertragungen von und zum ZNS.
Klingt die Entzündung ab, dann erst kann sich das ZNS erholen!
In der ersten „Frühphase“ ist es sogar möglich (zugegeben: in sehr seltenen und wenigen Fällen), dass sich das Myelin neu nachbildet, quasi ‚regeneriert‘ = Re-Myelinisierung.
Bei massiveren und/oder anhaltenderen Entzündungen kommt es zur Verhärtung der weißen Substanz; das führt zur Narbenbildung im Myelin, den sogen. „MS-Plaques“ oder der „MS-Sklerose“ .
Mit jeder weiteren Entzündung = MS-Schub und/oder einer verstärkten Progredienz bei chronischen Verlaufsformen wird das Myelin allmählich ganz zerstört – die Myelinscheide wird dabei von speziellen Zellen des Immun-Systems „aufgefressen“ – mit der Folge: die Weiterleitung der Nerven-Impulse wird nachhaltig gestört bis total blockiert und in schweren/ schwersten Fällen („Hochrisiko-MS“) werden dabei sogar die Nervenzellen gänzlich zerstört!
Eine ‚Zwischennotiz’ zum Thema „MS-Schub“:
Was ist ein „MS-Schub“?
Ein MS-Schub wird definiert (Quelle: aktuelle „Sk2-Leitlinie Diagnostik und Therapie der Multiplen Sklerose“ – herausgegeben von HansCarl Diener und der Kommission Leitlinien der DGN unter Federführung von Peter Rieckmann und Klaus Viktor Toyka –. Die S2k- Leitlinie MS soll moderne Diagnostik der Erkrankung unter Verwendung der neuesten Diagnosekriterien ermöglichen, zudem den aktuellen Stand der Immuntherapie und symptomatischen Therapie der MS und deren seltene Varianten Neuromyelitis optica und Akut disseminierte Encephalomyelitis widergeben)
als …
…„neue oder Reaktivierung bereits zuvor aufgetretener klinischer Ausfälle und Symptome, die subjektiv berichtet oder durch die Untersuchung objektiviert werden können und mindestens 24 Stunden anhalten, mit einem Zeitintervall von 30 Tagen zum Beginn vorausgegangener Schübe auftreten und nicht durch Änderungen der Körpertemperatur [„Uhthoff-Phänomen“ ()] oder im Rahmen von Infektionen erklärbar sind!“ …
Oftmals – auch das soll und muß offen und klar ausgesprochen sein – wird die Krankheit Multiple Sklerose nur „negativ“ gesehen und stets und immer gleichgesetzt mit einem „Leben im Rollstuhl“ und „permanenter Pflege-Bedürftigkeit“ und auch mit „absoluter Hilflosigkeit“!
Es darf aber nicht übersehen werden, dass die MS viele und verschiedene „Gesichter“ hat und, dass es neben hoch-dramatischen „bösartigen“ Krankheitsverläufen auch solche gibt, die über Jahre bzw. sogar Jahrzehnte weitgehend blande „gutartig“ verlaufen und nur geringe Ein- und Beschränkungen für den Kranken haben!
Wie auch immer:
Mit dieser „Unkenntnis der tatsächlichen MS-Verläufe“ will ich aufräumen.
Bei der MS/ED sind bezüglich der Krankheits.-Formen bzw. -Verläufe zu unterscheiden:
I. Schubförmig (Rezidivierende) Multiple Sklerose
[RRMS]
[früher: Schubformig-remittierende MS]
Bei mehr als 80 Prozent der Betroffenen ist anfangs ein schubförmiger Krankheitsverlauf der MS zu beobachten.
Zu den ersten Symptomen zählen Sensibilitäts- und Gefühls-Störungen in den Beinen mit Gang-Problemen sowie eine einseitige Entzündung der Sehnerven.
Schubförmig bedeutet, dass die Symptome mehr als 24 Stunden andauern und nicht durch andere Auslösefaktoren erklärt werden können.
In der Klassifikation der Sk2-Leitlinie wird darauf verwiesen, dass ein Krankheitsschub bei den meisten MS-Patienten in der Regel vier bis sechs Wochen dauert.
Nach diesem Zeitraum bilden sich die Beschwerden teilweise oder sogar vollständig zurück, medizinisch heißt das inkomplette bzw. komplette Remission.
Die Patienten sind meist bis zum nächsten Schub beschwerdefrei, ohne unter Lähmungen oder einer Spastik leiden zu müssen.
Bei Symptomen, die mehr als sechs Monate bestehen bleiben, sinkt die Wahrscheinlichkeit einer Normalisierung trotz Behandlung auf unter 5%.
Bei 40-45% der Fälle verläuft die MS „gutartig“; will heißen, dass sie und dies ganz langsam und über viele Jahre schubförmig und mit Remissions-Phasen (die können Jahre betragen!) oder schubförmig und mit Residuen (also: die Krankheit bleibt dabei auf dem „letzten Stand“ stehen!) verläuft!
Die Schübe – sie treten unvorhersehbar auf – dauern zwischen einigen wenigen Tagen und mehreren Wochen an.
II. Primär Progrediente Multiple Sklerose [PPMS]
D.i. MS mit schubförmigen und dabei fortschreitendem Verlauf.
Ein primär progredienter Verlauf bedeutet, dass die Krankheit von Beginn an mit neurologischen Symptomen voranschreitet, ohne dass einzelne Schübe abzugrenzen sind. Vom erhöhten Risiko dieser Form von MS sind etwa 10-15% der Patienten betroffen.
Die PPMS kann typischerweise zu spastischen Gangstörungen führen.
Dieser Verlauf der MS Erkrankung betrifft häufig Patienten mit einem relativ späten Krankheitsbeginn ab dem 40. Lebensjahr.
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