06.15: Aufstehen
06.35: Morgengebet, Morgenstudierzeit oder Besuch der Heiligen Messe
07.10: Frühstück
07.30: Gebet, Schulbeginn
13.05: Gebet, Mittagessen, Dankgebet
13.35: Beginn der Freizeit oder Nachmittagsunterricht
14.30: Gebet, Nachmittagsstudierzeit
16.10: Zweite Freizeit und Möglichkeit im Speisesaal Mitgebrachtes zu essen
17.30: Studierzeit
18.30: Abendessen
18.50: Freizeit
19.30: Abendstudierzeit
20.00: Abendgebet in der Kirche, danach Bettruhe
Mittwochs war es Pflicht, abends die langweiligen und in die Jahre gekommenen Kinofilme von Pater Prinz anzusehen.
Die Studierzeiten wurden uns schon zu kurz, um mit dem Lernen des Stoffes durchzukommen. Wer in der Studierzeit flüsterte, musste eine Seite Lesebuch abschreiben. Wenn man auf die Toilette musste, war die Erlaubnis der Aufsicht einzuholen.
Von den älteren Internatsschülern wurden spezielle Handzeichen, wie zum Beispiel das Hochstrecken des Mittelfingers, der sogenannte „Fuck-Finger“ verwendet. Auch mein Jahrgang praktizierte immer mehr diese sexuelle Zeichensprache. Ich konnte diesen „Fuck-Finger“ lange nicht richtig zeigen, weswegen mich die anderen auslachten. Ich wusste einfach nicht, welchen Finger ich als „Mittelfinger“ hochzeigen sollte.
Am Nachmittag ging ich den Gang entlang zum Speisesaal. Ein Zweitklassler kam mir entgegen. Blitzartig griff er in meine Körpermitte und drückte zu. Der Schmerz war unerträglich, und ich bekam kaum Luft. Er ging einfach weiter. Ich stand da wie angewurzelt und konnte nicht begreifen, was gerade geschehen war. Mein Herz pochte heftig, und ich zitterte am ganzen Körper. Immer noch spürte ich den Druck in meinen Genitalien. Warum hat er das getan? Ich konnte es nicht verstehen. Ich gab ihm doch überhaupt keinen Anlass dafür. Noch nie zuvor wurde ich so berührt. Ich fühlte mich allein und hilflos. Etwas wurde mir gerade gestohlen, und ich hatte Angst. Ich wusste nicht, dass man Menschen auf diese Art berühren kann!
Auch andere machten das mit mir. Obwohl ich erst zehn Jahre war, musste ich das Zusammendrücken meiner Genitalien von älteren Internatsschülern mehrmals täglich ertragen. Das wurde „Ausgreifen“ genannt. Mit der Zeit wurde es sogar normal für uns, und einige aus meinem Jahrgang praktizierten es selber. Meldungen an die Präfekten brachten leider keine Besserung der Situation.
Christian lief den Gang entlang auf unser Zimmer zu. Ich wollte ihn mit meinem ausgestreckten Arm erschrecken. Er landete allerdings mit seiner Körpermitte genau in meiner Faust. Er krümmte sich vor Schmerz. Aber wegen des „Ausgreifens“ war dieses Missgeschick nichts Ungewöhnliches für ihn. Mir war es zwar peinlich, aber ich entschuldigte mich nicht. Wir verhielten uns, als sei nichts geschehen.
In den Nächten, wenn wir zu wach zum Schlafen waren, machte hin und wieder jemand eine „Strip-Show“ zum Spaß der anderen. Manchmal entblößten wir uns alle fünf im Zimmer und betrachteten uns nackt. Nun waren wir also in der Pubertät. Ich kannte dieses Wort vorher gar nicht, aber dieses Thema wurde jetzt im Biologie-Unterricht von Professor Zimmerer behandelt. Meine Kindheit war zu Ende, das fühlte ich eindeutig.
Aufklärungsunterricht brauchte ich aber keinen mehr. Seit ich im Alter von acht Jahren die TV-Serie „Dornenvögel“ gesehen hatte, wo sich ein junges Mädchen in einen Priester verliebte, hatte ich meine eigenen Vorstellungen von Sex. Die hatte ich dann stolz mit meinen Freunden geteilt, die diese Serie nicht sehen durften. Es war allerdings völlig falsch, was ich mir unter körperlicher Vereinigung vorstellte. Ich war mir damals sicher, ich hatte das Geheimnis gelöst, wie es zur Empfängnis kommt.
In den Sommerferien, bevor ich ins Internat kam, gab mir meine Mutter ein Aufklärungsbuch zu lesen. Alle meine romantischen Vorstellungen waren dahin, und ich musste die schockierende Realität zur Kenntnis nehmen. Ein persönliches Gespräch mit meinen Eltern hätte geholfen, aber die zogen es vor, das einem Buch zu überlassen.
Im Internat waren auch nicht gerade harmlose Schimpfwörter in Gebrauch. Eigentlich kann man sie nur als pervers bezeichnen. Einigen Schülern wurden solche Spitznamen verpasst, die ihnen bis zum Ende ihrer Schulzeit erhalten blieben. Lehrer und Erzieher hörten manchmal davon, nahmen es zur Kenntnis und ignorierten es. Von einigen mutigen Internatskollegen wurde ihnen immer wieder das „Ausgreifen“ gemeldet. Unternommen dagegen wurde von den katholischen Priestern, die unsere Erzieher waren, aber nichts. All diese Unannehmlichkeiten gehörten nach einiger Zeit auch für mich zum Alltag. Ich dachte, man sollte wenigstens beim Besuchen der Toilette seine Ruhe haben. Es war wieder ein Zweitklassler, der sich auf die Trennwand zwischen die Toiletten hängte und mir in meiner Kabine dabei zu sah.
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