Tausche Pumps für ein Stück Himmel
Maja Christ
Roman
»Es gibt viele, die fliegen. Warum soll man das als Mutter nicht auch machen?«
Kerstin ist zwar immer etwas im Stress, aber eigentlich glücklich: Sie hat einen liebenswerten Ehemann, drei aufgeweckte Kinder und einen Beruf, der sie ausfüllt. Und doch fehlt ihr etwas. Hat sich der Alltag zu sehr in ihre Ehe eingeschlichen?
Ein Rundflug mit einem Ultraleichtflugzeug wirbelt Kerstins Leben durcheinander: In der Luft fühlt sie sich frei. Sie setzt alles daran, einen Flugschein machen zu können – eine Entscheidung, die nicht nur ihre Beziehung auf die Probe stellt. Kerstin muss sich entscheiden, was sie eigentlich will. Zum Glück hat Kerstin ihre Freundinnen und Hanne – ihre immer gutgelaunte Lieblingsfluglehrerin.
Ein Roman über den Spagat zwischen Familie, Job, Haushalt und Hobbys und über die sprichwörtliche Freiheit über den Wolken.
Für meine Familie …
Maja Christ ist im Weserbergland aufgewachsen, hauptsächlich auf einem Segelflugplatz. An ihrem 14. Geburtstag fing sie mit der Segelflugausbildung an, mit 17 machte sie den Segelflugschein. Sie studierte Biologie und ist inzwischen Redakteurin in einem pharmazeutischen Fachverlag.
Nach vielen Jahren in Heidelberg zog sie 2015 mit ihrem Ehemann und ihren zwei Kindern nach Stuttgart. Sie schreibt (und liest) nicht nur beruflich viel und gerne, sondern auch privat. Eines ihrer liebsten Hobbys neben dem Schreiben ist (inzwischen wieder) das Fliegen. Seit einigen Jahren hat sie eine Sportpilotenlizenz. Gemeinsam mit ihrem Mann baut sie in der Freizeit ein Ultraleichtflugzeug (#hortenmicrolight). Die Geschichte um Kerstin Frei ist ihr erster Roman. Folgeprojekte sind bereits in Arbeit.
Blog: Unter https://majaloewenzahn.wordpress.comveröffentlicht die Autorin als »Maja Löwenzahn« Erlebnisse aus ihrem Leben rund ums (UL)-Fliegen, aber auch Anekdoten vom Radeln, Klettern oder anderen Reisen. Dort findet man auch Rezepte aus diesem Buch: Steffis »Tiramisu mit ohne Kalorien«, Judiths »Albondigas« und den Kinder-Hugo.
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Hinweis zu »Tausche Pumps für ein Stück Himmel«
Die Personen und Handlungen in diesem Buch sind frei erfunden. Ähnlichkeiten sind zufällig und nicht beabsichtigt. Auch den Flugplatz Erlangen und die »Flugschule Fränkische Schweiz« von Rudi und Hanne Frantz gibt es nicht in Wirklichkeit. Nur zwei Personen existieren tatsächlich: die Pilotin und den Jungen, die im Februar eine Zwischenlandung machen, um eine Toilette zu finden – wobei wir in Wirklichkeit noch nie eine Pinkelpausen-Zwischenlandung machen mussten.
Doch auch, wenn es Hanne, Marcus, Rudi und Werner nicht in Wirklichkeit gibt, so gibt es viele andere tolle und geduldige Fluglehrer und Ausbildungsleiter, die einem das Fliegen gerne beibringen. Schaut bei Interesse einfach mal im Internet nach Flugschulen in eurer Nähe, macht einen Schnupperflug und dann seht weiter. Aber Vorsicht: Wenn man einmal mit dem Fliegen anfängt, kann man möglicherweise nicht mehr aufhören. Und sagt hinterher nicht, ich hätte euch nicht gewarnt.
Begriffe aus dem Flieger- und Kletterlatein sind in einem Glossar am Ende des Buches erläutert.
In der Ferne plätscherte ein Bach. Blätter flüsterten im Wind. Es schien fast, als würden sie sich unterhalten. Durch die Baumwipfel fielen Sonnenstrahlen auf ihr Gesicht. Sie spürte das Moos unter ihren Füßen. Ganz weich war es. Ein Vogel zwitscherte. Bei dem Lärmpegel musste es ein Zaunkönig sein. Waren die Kleinsten nicht immer am lautesten? Irgendwo in der Ferne krachte etwas.
»Maaammmaa! Jonas lässt mich nicht in sein Zimmer!«
Kerstin schlug die Augen auf. Der Wald war weg, ebenso das Vogelgezwitscher. Vor ihr stand Leon und schaute sie fordernd an: »Er lässt mich nicht rein! Ich will auch mitspielen!«
Kerstin seufzte und schaute auf ihre Füße. Ihre Zehen spielten noch mit dem Flor des Teppichs. Kein Moos. Kein Wald. Keine Ruhe. Schade.
»Leon, sieh mal. Jonas hat Besuch von seinem Freund. Dann möchte er auch mal allein mit dem quatschen. Ohne seinen jüngeren Bruder. Das weißt du doch.«
»Aber sie quatschen gar nicht. Sie spielen mit dem Tablet. Ich will auch Tablet spielen«, beharrte Leon.
»Hast Du überhaupt schon deine Hausaufgaben fertig?«, fragte Kerstin.
Das war definitiv die falsche Frage gewesen, denn Leon jaulte auf und schoss mit einem »Och, Mama!« die Treppe hoch. Kerstin hörte nur noch eine Tür knallen.
Leon war acht. Er verstand es selten, dass sein fünf Jahre älterer Bruder auch mal seine Ruhe haben wollte. Kerstin konnte hingegen gut verstehen, dass Jonas auch Zeit ohne Leon verbringen wollte. Schließlich hatte sie auch eine jüngere Schwester. Und sie erinnerte sich noch sehr gut daran, wie sie ihr damals Streiche gespielt hatte, um endlich in Ruhe mit ihrer Freundin über Dinge sprechen zu können, die kleine Schwestern nichts angingen.
Am liebsten hätte Kerstin sich jetzt ihr Fahrrad geschnappt und wäre in den Wald geradelt. Sie war vor einer halben Stunde von der Arbeit nach Hause gekommen und hatte erst einmal das gröbste Chaos im Wohnzimmer beseitigt. Auf dem Esstisch hatte noch das Geschirr vom Frühstück gestanden. Zumindest das von Jonas und ein unbenutzter Teller von Nele. Die elfjährige Tochter hatte das Frühstück anscheinend wieder einmal ausfallen lassen. Kerstin konnte ihr nicht einmal einen Vorwurf machen. In Neles Alter hatte sie morgens vor der Schule auch nie etwas essen können.
Kerstin seufzte erneut. Wald und Fahrrad mussten warten. Es gab weder Brot noch Milch im Haus, der Wäschekorb im Bad quoll über und Leon brauchte dringend etwas Zuneigung. Und Starthilfe bei den Hausaufgaben. Es war Dienstag, Nele war beim Leichtathletik. Die Tochter konnte sie demnach nicht bitten, einkaufen zu gehen. Also schnappte Kerstin sich den Wäschekorb, brachte ihn in den Keller und warf die erste Waschmaschinenladung an. Es würden mindestens noch zwei weitere dazu kommen, wenn sie sich den Berg so ansah, den sie auf dem Fußboden der Waschküche aufgetürmt hatte.
Als die Waschmaschine gemütlich vor sich hinbrummte, machte Kerstin sich auf den Weg in den ersten Stock des Hauses. Leons Zimmer war am Ende des Ganges. Seine Tür war zu. Aus Jonas’ Zimmer drang laute Musik, die aller Wahrscheinlichkeit nach von einem Computerspiel stammte. Kerstin klopfte kurz, steckte den Kopf durch die Tür und begrüßte Jonas und seinen Kumpel: »Puh, ihr solltet mal lüften. Hier riecht es wie Löwenkäfig!«
»Mama, Leon nervt mal wieder voll. Der bollert ständig an die Tür und will rein. Wann kriege ich endlich einen Schlüssel für mein Zimmer?«
Kerstin öffnete das Fenster, ignorierte die Frage und sagte stattdessen: »Noch eine halbe Stunde, dann machst du bitte auch deine Hausaufgaben, wenn du sie noch nicht fertig hast, okay?«
Ohne die Antwort abzuwarten, ging sie aus dem Zimmer und klopfte an Leons Tür.
»Ich bin nicht da!«, kam Leons Antwort.
»Leon, ich bin es. Willst du mit mir einkaufen gehen und dann schauen wir uns deine Hausaufgaben an?«
»Hausaufgaben sind doof. Die sind voll öde. Die Schule ist auch doof! Und einkaufen ist langweilig. Ich will Tablet spielen«, konterte Leon. Das konnte ja heiter werden.
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