Hermann Schunder - Teures Lehrgeld

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Ein Abiturklassentreffen führt drei Freunde nach Jahren wieder zusammen. Aus einer Bierlaune heraus entsteht die Idee das ganz große Geld zu machen. Einen Coup zu landen und eine Weile das süsse Leben in vollen Zügen auskosten. Warum nicht? Aber wie? Als der Kunstrestaurator Paul davon erzählt, dass er in der Lage sei die Mona Lisa so zu malen, dass selbst dem alten Leonardo da Vinci die Augen herausfallen, da fällt der Groschen.
Aber ein mittelalterliches Altarbild zu malen ist das eine, viel schwieriger wird es hingegen die Echtheit des Gemäldes testiert zu bekommen. Die kritischen Augen der Kunstsachverständigen zu täuschen, das ist eine echte Herausforderung. Ob dies gelingen kann? Eher unwahrscheinlich, aber einen Versuch ist es allemal wert.
Es braucht Helfer, wenn es darum geht einen solchen Coup zu landen. Aber je mehr Mitwisser beteiligt sind, desto größer ist die Gefahr einer undichten Stelle. Roger Schneider kennt sich im Marketing aus, er ist für einen großen Automobilkonzern tätig und versteht es Kontakte zu knüpfen. Er ist der Kopf des Unternehmens, das sich intern «The painting men» nennt, denn es braucht einen klingenden Firmennamen und mehr als nur guten Willen, wenn es darum geht, eine glaubhafte Story zur Existenz eines vermeintlich verschollen geglaubten mittelalterlichen Tryptichon der Kunstwelt auf die Nase zu binden.
Einen Anteil am finanziellen Segen will auch der zwielichtige Autoschieber Peter Bauermann abgreifen. Er gehört ebenfalls zum Bund der alten Schulfreunde und wittert seine Chance, als er als Kurier eingesetzt wird. Schnell reimt er eins und eins zusammen. Peter Bauermann ist ständig in Geldnot und schreckt vor nichts zurück, Hauptsache der Rubel rollt. Dies beschert ihm nicht nur Freunde.
Alles wäre halb so schlimm, wenn sich die Ganoven gegenseitig an die Wäsche wollen, wenn da nicht der Gynasiast Sebastian Breitwieser zur tragischen Figur des Schelmenstückes werden würde.

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Für die Konzeption der Seitentafeln brauchte Paul weniger Gedanken, da würde er die Stifter vor dem Hintergrund von fantasievollen Landschaften verewigen. Das war einfach, nichts besonderes, da hier auf eine historisch korrekte Darstellung oder Benennung der Personen verzichtet werden konnte. Die beiden Rückseiten der Flügel des Altarbildes wollte Paul bewusst nicht bemalen. Hier blieb die Leinwand ohne Farbe. Damit wollte er unterstreichen, dass sein Triptychon ursprünglich nicht als solches konzipiert gewesen sei, sondern lediglich, im Falle das Kunstwerk auf Reisen mitgeführt wurde, zugeklappt und vor möglichen Beschädigungen geschützt sein sollte.

Nachdem er sich in Grundzügen festgelegt hatte, beschäftigte sich Paul damit, welches Material er für die Umsetzung benötigen würde. Ein Weiterverkauf wäre überhaupt nur dann erfolgversprechend, wenn er es schaffen könnte, einen Fachmann von der Echtheit des vorgelegten Werkes zu überzeugen. Einfacher gesagt als getan. Nicht mehr und nicht weniger, das war sein Job.

Neben dem eigentlichen Kunstwerk ist aber eine weitere Fragestellung von entscheidender Bedeutung um den Wert eines Werkes zu beeinflussen. Die Provenienz, also die Herkunft und die Geschichte eines Bildes. Der Fantasie sind hier enge Grenzen gesetzt. Alles muss im geschichtlichen Kontext stimmig sein. Die entscheidende Frage, wer das Gemälde, wann und wo gemalt hat, musste im Dunkel der Vergangenheit bleiben. Keine nachprüfbare Fakten dürften zu Diskussionen in der Fachwelt Anlass geben, denn sonst wäre der Erfolg des gesamten Unternehmens gefährdet. Glücklicherweise sind die historischen Überlieferungen hier recht spärlich, was ihrem Tun nutzte, da kannte sich Paul aus.

Sein Kompagnon Roger Schneider würde später mit der Ausarbeitung einer Strategie zur Vermarktung beginnen. Grundlage wird hierbei die von Paul ausgearbeitete Liste mit den Hintergrundinformationen sein. So wurde die Sache rund. Das ist aber noch Zukunftsmusik, erst die Pflicht und dann die Kür. Da muss er sich in den nächsten Wochen richtig reinhängen, sonst wird das nichts. Paul ist nach diesem Abend in seinem Keller guter Dinge.

In der Stille des Hauses ist das Plopp als Paul den Korken aus der Rotweinflasche hebelt, deutlich hörbar. Er ist allein, alle anderen Familienmitglieder schlafen schon. Jetzt ein Gläschen zum Abschluss der Arbeit wird ihm guttun. Er liebt es, spätabends allein in der Wohnung herumzugeistern, den Tag zu überdenken. Das gefüllte Glas hält er in der Hand. Die Rotweinflasche stellt er vorsichtig auf den Glastisch, darauf achtend keine Spuren zu hinterlassen. Das kann seine Frau Sansei nicht leiden, da ist ein Donnerwetter fällig und der Haussegen hängt schief. Also achtet er schon im eigenen Interesse darauf keine verräterischen Spuren seines nächtlichen Rotweingenusses zu hinterlassen.

Mit leicht kreisenden Bewegungen schwenkt er den Rotwein genießerisch in seinem Glas. Paul zieht den Duft des Spätburgunders in die Nase, schließt die Augen und spürt in seiner Vorfreude den Nuancen des zu erwartenden Geschmackserlebnisses nach. Den ersten Schluck Wein, behält er andächtig im Mund, um den Geschmack in seiner ganzen Fülle auszukosten. Das hat er sich heute verdient. Nach diesem Ritual der Sinnlichkeit lümmelt er sich auf das Ledersofa. Die Verspannung im Nacken löst sich wieder nachdem er seinen Kopf kreisen lässt. Der Gedanke an ein halb gefülltes Weinglas schleicht sich in seinen Sinn.

Als Restaurator ist ihm erlaubt und diese Möglichkeit hat er sich nicht entgehen lassen, nicht mehr zu verwendende alte Leinwände mit nach Hause zu nehmen. Was an seinem Arbeitsplatz bei der Staatlichen Gemäldesammlung nicht mehr benötigt wird landet ansonsten im Müllcontainer. Beim Restaurieren griff er oft auf alte Originalfarben zurück. Es war mühsam, eher eine Marotte von ihm, solche Farbpigmente von den wertlos gewordenen Beständen aus dem Fundus im Kellergeschoss zu extrahieren. Zwar gab es unzählige Fachaufsätze über die Zusammensetzung der im Mittelalter benutzten Farben und deren Herstellung. Doch Paul hatte den Tick bei seiner Arbeit der ursprünglichen Bildvorlage möglichst nahezukommen. Um einen gewünschten Farbton exakt bestimmen zu können, suchte er in den Lagerbeständen nach geeignetem Anschauungsmaterial.

Es war üblich auf den überreichen Bestand im Fundus der Staatlichen Sammlung, bei Bedarf auf kunsthistorisch unbedeutende Werke zurück zu greifen. Es gab jede Menge Objekte, bei denen sich eine Restaurierung nicht lohnte, die aber aus alter Zeit stammten. Diese Bilder dienten ihm als Ersatzteillager. In mühevoller Kleinarbeit mussten die verschiedenen Farbschichten von der Leinwand abgekratzt und konserviert werden. Paul konnte stundenlang dieser trübsinnigen Beschäftigung nachgehen. Die Anerkennung seiner Leistung blieb Paul von seinen Vorgesetzten hierfür aber versagt. Das ärgerte ihn gewaltig, da fühlte er sich missverstanden in seinem Bemühen der detailgetreuen Restaurierung von alten Kunstwerken. Auch bei seinen Kollegen galt er in dieser Beziehung als Spinner. Allzu oft hatte er schon zu hören bekommen, merkt doch eh keiner, ob die letzte Farbschicht auf einem Marienbild alt oder nicht ganz so alt ist, es muss nur schön aussehen und basta! Sollten sie ihm doch den Buckel runterrutschen und denken was sie wollten, für ihn war dies eine Frage der Berufsehre.

Im Keller seines Hauses trug Paul, wie ein Hamster, zielstrebig sein ansehnliches Materiallager zusammen. Neben Farben, die das ganze Spektrum der historisch verwendeten Nuancen abdeckten, hat er auch eine Menge historischer Leinwände nach Hause geschleppt. Er würde als Hobbymaler zur Entspannung gerne sein Talent ausprobieren, so hat er die Fragen seiner Kollegen beantwortet. Diese hatten meist den Kopf geschüttelt und ihn, wenn auch schmunzelnd, auf den Arm genommen, und wenn er eine nackte von Farbresten verunstaltete Leinwand zum Transport verpackte, foppten sie ihn:“reicht dir unser viel gerühmtes Kunstangebot hier nicht? Musst du zu all dem Sch… noch eigene Werke zur Erbauung der Menschheit hinzufügen? Da wüsste ich aber was Besseres um meinen Feierabend zu genießen.“

Daraus machte er sich nichts, sollten sie ruhig glauben er sei ein Eigenbrötler, eine Macke haben sie doch alle, würden sie sonst die Werke längst vergessener Künstler aufpolieren und der Nachwelt erhalten?

Es ist an diesem Samstagabend spät geworden. Eigentlich schon Sonntag. Paul legt seine Aufzeichnungen beiseite. Reibt sich die müde gewordenen Augen. Morgen, äh heute, will er noch einmal kritisch die einzelnen Punkte auf der Agenda durchsehen. Diese marschiert dann als Email mit Anhang, so wie besprochen, an Roger nach Ingolstadt. Paul sichert das Ergebnis seiner Überlegungen des ganzen Abends auf der Festplatte und zusätzlich auf einem externen Datenspeicher. Erst dann ist er beruhigt, das nichts verlorengeht. Dann schaltet er den Computer aus, klappt den Laptop zu. Ein letzter Schluck Rotwein und ab in die Heia. Die Falsche ist leer, in seinen Gedanken hat er nicht mitbekommen, dass er den Spätburgunder in sich rein gekippt hat. An den den Geschmack des Weines kann er sich schon nicht mehr erinnern. Gefangen ist er in seinen Gedanken hat er an diesem Abend für nichts anderes mehr einen Blick.

11. Kapitel

Es geht voran. Aus zwei Mitgliedern der Company sind inzwischen drei geworden. Neu zum Team gehört Richard Joseph Forster. Ihr Plan als Zweimannfirma alles allein abzuwickeln, erweist sich als nicht durchführbar. Zu aufwändig, um alle Details abdecken zu können. Ihre beiderseitigen Ressourcen erschöpften sich schnell. Wollten sie international agieren, brauchten sie dringend eine Personalverstärkung. Da kam mit Dick J. der richtige Mann hinzu. Mit seinen Kontakten in den USA stellt er das fehlende Glied in ihrer Kette dar.

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