Ulrich Hermann Trolle - Hermann T.

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Wenn einem alles auf den Wecker geht, die Mitmenschen mit ihren Verhaltensweisen unverständlich werden und die Ehe schon lange währt, ist die eigene Haltung dringend neu zu bestimmen. Hermann T. tut dies, aber nicht auf direktem Wege. Er hat den Ruhestand vor sich, ist verheiratet mit der im öffentlichen Dienst stehenden Lisa, die Kinder sind aus dem Haus, er sorgt für das Alltägliche, liebt seine Bücher und schreibt in kontemplativ versunkenen Stunden literarische Geschichten. Seit er die neue Hausärztin aufsuchen musste, merkt Hermann, wie hochgradig nervös er in ungewohnten Situationen werden kann und wie gereizt, wenn die Dinge nicht so ablaufen, wie er es sich vorstellt. Hermann ist unbemerkt zum Nörgeler geworden. Er beschimpft die junge Hausärztin ob ihrer Jugend, verachtet den Regierenden Bürgermeister, der Berlin verschlampen lässt und zur gewaltbereiten Trinkerstadt macht. Die Abendschau des regionalen Fernsehens und die Zeitungsmedien erhalten rundweg schlecht Noten. Er mokiert sich über den «Vierschröter» und sein vollbusiges Weibchen von gegenüber. Die Menschen in seiner Straße erscheinen ihm kalt und gleichgültig. Den Neubau vor seinem Fenster, das so genannte «Aquarium» kritisiert er als Fehlplanung und Fremdkörper und insbesondere die eine darin wohnende gehbehinderte Frau attackiert er als «Krücke» ohne jegliche nachbarschaftliche Regungen.
Sogar über den nächtlichen Zeitungszusteller regt er sich auf und scheut sich nicht, körperliche Gewalt gegen ihn aufzufahren. Gehässig wird Hermann angesichts einer dicken Frau, die als Pflegekraft angestellt ist und schlechten Mundgeruch haben muss, weil sie raucht. Die Ehe mit Lisa durchforstet Hermann eitel nach Schwachstellen und stellt abenteuerliche, ausspähende Theorien des Zusammenlebens mit Lisa auf.

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Ulrich Hermann Trolle

Hermann T.

oder Die Rechtfertigung des Alltäglichen

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Inhaltsverzeichnis

Titel Ulrich Hermann Trolle Hermann T. oder Die Rechtfertigung des Alltäglichen Dieses eBook wurde erstellt bei

Hermann T. oder Die Rechtfertigung des Alltäglichen Hermann T. oder Die Rechtfertigung des Alltäglichen „... wozu lebt man, wenn der Wind hinter unserm Schuh schon die letzte Spur von uns wegträgt...“ (Stefan Zweig) Das Folgende ist Fiktion. Es ist aber nicht auszuschließen, dass die erzählten Geschehnisse in ähnlicher Weise irgendwo real stattgefunden haben. Und bestimmt ist es so, dass einige durchs Leben schlurfende Zeitgenossen sich kopiert und angegriffen fühlen. Dagegen ist meine völlige Absichtslosigkeit einzuwenden. Ich habe nicht die konkrete Person, sondern den sie verkörpernden Typus skizziert. Besitzernamen der im Text erwähnten Bücher sind unverändert. Die Margarete ist authentisch.

Fünfzehn Meter entfernt

Für die Geschichte von und über den Hermann

An dieser Stelle ist der gedankliche Umweg

Hermann erlebt in der Arztpraxis

Hermann reitet.

Die Nacht, die auf den Arzttermin folgte,

Wenige Minuten sind es gewesen,

Aber wir wollen nicht abschweifen.

Die ersten beiden Sätze

Es ist immer noch Sommer.

Also nun von dem fremdartigen Haus

Hermann bleibt lange in seiner Brust gekränkt.

Hermann nimmt die Kaffeetassen vom Küchenbord

„Der Kaffee ist fertig.

Als Schreiber von Geschichten

In der Tat sitzt am besagten frühen Nachmittag

Lisa lachte, als Hermann

Diejenigen Mieter aus dem Aquarium,

Als Hermann am folgenden Morgen

Der Tautropfen auf dem Phlox ist verschwunden.

Auf einmal zuckt Hermann zusammen.

Hermann ging mit schwachen Füßen

Für Hermann wurde die folgende eine schlechte Nacht.

Der Phlox im Garten ist längst verblüht,

Hermann schlendert mit unsicherem Gang

Die eingetretene Mattigkeit

Wie zögernd reagiert unsere Phantasie,

Impressum

Hermann T. oder Die Rechtfertigung des Alltäglichen

„... wozu lebt man, wenn der Wind hinter unserm Schuh schon die letzte Spur von uns wegträgt...“ (Stefan Zweig)

Das Folgende ist Fiktion. Es ist aber nicht auszuschließen, dass die erzählten Geschehnisse in ähnlicher Weise irgendwo real stattgefunden haben. Und bestimmt ist es so, dass einige durchs Leben schlurfende Zeitgenossen sich kopiert und angegriffen fühlen. Dagegen ist meine völlige Absichtslosigkeit einzuwenden. Ich habe nicht die konkrete Person, sondern den sie verkörpernden Typus skizziert. Besitzernamen der im Text erwähnten Bücher sind unverändert. Die Margarete ist authentisch.

Fünfzehn Meter entfernt

von der verputzen Außenwand mit den weißen Fenstern glitzert im Garten auf dem rosafarbenen Blütenblatt des Phlox’ ein Tautropfen in der kühlen Morgenluft. Es scheint, als habe er geduldig auf den ersten Lichtstrahl der aufgehenden Frühsonne gewartet, um im Moment ihrer Berührung vom Blatt herab zu fallen und zwischen den Grashalmen hindurch mit einem leisen Seufzer Hermanns flüchtigem Blick zu entschwinden. Die zwei Sätze werden Hermann noch lange Zeit beschäftigen. Aber jetzt steht Hermann erst einmal am geöffneten Fenster seines Badezimmers. Er sieht hinaus in den beginnenden Tag und lächelt. Er fühlt sich wenige Augenblicke lang wie ein arrivierter Gutsbesitzer, der von der erhöhten Terrasse seines ansehnlichen Landsitzes gemächlichen Blickes über die Weiten der Ländereien schaut und eine gute Ernte erwartet. Im realen Leben aber hat Hermann weder einen Gutshof noch Ländereien. Worauf Hermann schaut, ist der ihm vertraute Hausgarten. Hermann weiß darin alle Bäume zu unterscheiden und die meisten Sträucher benennt er sowohl mit ihrem botanischen als auch mit ihrem gebräuchlichen Namen. Das Strauchwerk steht breit und dicht und gibt den Sperlingen gute Deckung. Die Bäume sind schlank und hoch gewachsen. Manche von ihnen stehen eigenwillig schräg, als wollten sie den Nachbargrundstücken ausweichen. Mit ihrer Neigung aber deuten sie auf die ungefähre Trennung der Grundstücke hin, deren mit Efeu überwachsene Grenzen vor mehr als einem Jahrhundert vermessen wurden, und die sichtbar zu erhalten sich niemand in den darauf folgenden zwei, drei Generationen wohl sorgfältig gekümmert haben muss und an deren erneuter Markierung heute weder Hermann noch irgendjemand in der aktuellen Nachbarschaft bisher deutliches Interesse gezeigt hat. Und Hermann selber weiß auch von keinem Grenzstein, auf den er Bezug nehmen könnte. Die Sommerblumen prangen an den lichten Stellen des Gartens und im Unterholz wuchern Bodendecker. Auf der Seite mit dem einfallenden gleißenden Sonnenlicht des Nachmittags, blüht die Staude jenes rosafarbenen Phlox’, auf deren einer Blüte eben noch der Tautropfen glitzerte und der Hermanns Aufmerksamkeit heute früh für einen kurzen Augenblick anzog. An der Staude führt ein schmaler und mit alten quadratischen in Beton gegossenen Platten befestigter Weg vorbei und endet unvollendet im Rasen, als hätte der Bauherr von einst die Lust oder die Orientierung verloren oder vergessen, wohin der Weg einmal führen sollte. Das kurze unfertige Wegstück ist die einzige Pflasterung in dem Garten, für Hermann eine stete Lockung, Hand anzulegen. Jedoch weiß Hermann einzuschätzen, dass er den Weg auch nur ein paar Meter verlängern würde, ohne ein sinnvolles Ende für den Weg zu finden. Der Weg hat keinen Sinn. Hermann sieht auf das Rasengrün und auf die hie und da am Rand verstreut und halb eingegraben liegend rötlichfarbenen Feldsteine. Der Rasen fällt mit seiner von Gänseblümchen und flach wachsendem Klee durchzogenen weichen Fläche besonders auf. Er gibt dem Garten eine lässige, wenn auch mäßige Weite. Man möchte sofort dorthin laufen, alle Kleidung abwerfen und sich nackt auf dem Grün ausstrecken. Am Fuß der niedrigen und nur provisorisch erhaltenen Einzäunung im hinteren Gartenteil wächst jedes Jahr das gelb blühende Schöllkraut. An den Zaunpfosten, zwischen Büscheln von Gräsern, hält sich der Schwarze Nachtschatten. Eine Kolonie grüner Nesseln mit ihren dicken Stängeln und Blütendolden lockt die Schmetterlinge an. In diesem Garten haben Hermanns Kinder gespielt und unbeschwerte Zeiten erlebt. Davon gibt es Fotos, die Hermann sorgsam aufbewahrt. Durch das satte dichte Grün der Blätter dringen nur wenige neugierige Blicke in Hermanns Garten hinein. Eine Idylle, wären da nicht die Verkehrsgeräusche von der nahen vierspurigen Straße, die zwischen den Fahrbahnen der Autos auch noch zwei Gleise für die Straßenbahn aufnimmt und damit von Nord nach Süd verlaufend durch den östlichen Teil der Hauptstadt Berlin eine breite und schmerzlich trennende Schneise schlägt. Das Laut und Leise, das sich von der Straße her über die Häuser des siedlungsartigen Stadtteils legt, wechselt ununterbrochen, und nur hin und wieder verstummt es für zwei bis drei Sekunden, wenn der zeitliche Zufall in der Ampelschaltung an der weitflächigen Straßenkreuzung jegliche Fahrzeuge zum Stehen zwingt. Die eintretende unfassbare Stille verwirrt dann einen Lidschlag lang die Sinne der Empfindsamen, weckt ihre Wünsche nach völliger Vertreibung aller Fahrzeuge aus dem irdischen Leben, bis der erdrückende Motorenkrach wieder anschwillt und die Menschen schneller laufen, als könnten sie so dem Gebrüll der Straße entfliehen. Von den großzügig bemessenen Grundstücken links und rechts seiner direkten Nachbarschaft sieht Hermann über die Baumkronen hinweg die Ziegeldächer mit den schlanken Schornsteinköpfen auf den zwei- und dreistöckigen, stuckverzierten Häusern aus der Kaiserzeit des beginnenden zwanzigsten Jahrhunderts.

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