"Sie verstehen, dass ich das mit Präsident Scaloni besprechen muss. Wie geht es jetzt weiter?"
"Ludwig Kinzel wird Ihnen einen neutral gehaltenen Vertragstext überbringen, in dem wir unsere Absprache festhalten. Ich denke, es ist in unser beider Sinne, solch ein Papier nicht hier im Lande zu unterschreiben und aufzubewahren.
Wir können es in einen Banksafe legen oder bei einem Notar deponieren mit der Maßgabe, dass wir nur gemeinsam Zugriff darauf haben. Dies kann in jedem Ausland sein, auch wenn mir die Schweiz oder Panama oder Miami am liebsten wären. Die Reisekosten dorthin gehen zu unseren Lasten. Wie Sie sich mit der Vertrauensperson einigen, die für Sie unterschreibt, ist Ihre Angelegenheit.
Ludwig wird Ihnen bei der Einrichtung der US-Gesellschaften helfen. Das hat aber noch Zeit. Und kostet Geld. Insofern sollte das erst geschehen, wenn wir sicher sind, der Schiffsvertrag kommt. Dann würden wir die deponierte Absprache gegen die Einzelverträge austauschen und vernichten. Dann müssten Sie auch Konten für die Gesellschaften einrichten.“
„Was für Konten? Nummernkonten?“
"Früher wäre die Schweiz ideal gewesen. Heute nicht mehr. Jetzt müssen Sie dort nachweisen, es ist legales, versteuertes Geld. Es gibt Banken in der Karibik, die nicht nach dem Ursprung fragen, Bahamas, Bermudas, aber auch wir geraten in Probleme, wenn wir Gelder in Steueroasen überweisen. Deshalb: USA, Delaware, Wyoming. Die US-Gesellschaft bekommt dann eine Tochtergesellschaft im Ausland, und die kann so viele Nummernkonten haben wie sie will und wo sie will.“
„Muss ich dazu nach Wyoming oder Delaware? Ich weiß nicht mal, wo das ist!“
„Keine Sorge, Sie müssen weder nach Cheyenne noch nach Dover. Das sind die beiden Hauptstädte. Das alles kann von Miami aus geregelt werden.“
Traurig besah Graf sein leeres Glas. Er fuhr fort:
„Nun mag es sein, dass Sie oder der Präsident weitere Persönlichkeiten ins Vertrauen ziehen. Sie werden sicher uns diese Persönlichkeiten nicht nennen wollen, und ich will sie nicht wissen. Sie werden aber weiterhin auch ungern haben wollen, dass diese Persönlichkeiten Möglichkeit haben, aufgrund von Überweisungsträgern oder Schecks die Nummer Ihres Kontos herausfinden. Je nach dem, um welche Beträge es geht, wäre es leichtsinnig, diese mit Orderschecks zu begleichen. Sollte ein Scheck in falsche Hände geraten, ist das Geld futsch.
In bar können Sie es auch nicht machen. Wenn Sie heute mit hunderttausend Dollar in eine Bank spazieren, in der man Sie nicht kennt, und wollen mit diesem Geld ein Konto eröffnen, werden Sie höflich aber bestimmt hinauskomplimentiert."
An diese Problematik hatte Bustamante nicht gedacht!
"Wie wird so was gelöst, Señor Graf? Ich bin sicher, Sie haben eine Antwort."
"Nun, Señor Bustamante, es gibt verschiedene Möglichkeiten. Ich würde Ihnen empfehlen, bei einem Treuhänder Instruktionen zu hinter lassen, dass bei Nennung eines Kennwortes von dem Konto ein festgelegter Betrag ausgehändigt wird. Das heißt, der von Ihnen an weitere Bedürftige zu verteilende Gesamtbetrag fließt auf ein Konto des Treuhänders. Bei dem Treuhänder meldet sich ein Herr, den der Treuhänder nicht kennt. Der unbekannte Besucher nennt das Kennwort `Hundeschnauze` und erhält wie vorher zwischen Ihnen mit dem Treuhänder vereinbart, einhunderttausend Dollar. Der nächste, der kommt, sagt ´Mäusedreck` und erhält zweihunderttausend. Das ist diskret, und Sie müssen sich nicht exponieren."
Jetzt musste sogar Bustamante grinsen.
Graf wurde sofort wieder ernst.
"Señor Bustamante, nun wird es für Sie nicht leicht, aus dem Ausland regelmäßig größere Beträge in bar in Ihr Land zu bringen. Ihre Steuerbehörden sind zwar nicht so kleinlich wie unsere in Europa, trotzdem könnte das gefährlich werden. Sie könnten sich einen Teil des Geldes hier auszahlen lassen, und zwar völlig legal."
"Und wie soll das gehen?"
"Lassen Sie mich ein Beispiel nennen. Ein Beauftragter von Ihnen oder Señor Scaloni kauft für ein paar Dollar ein Stück Land in der Wüste und lässt dies ordentlich registrieren. Dieses Grundstück kaufen Sie ihm ab und tragen es auf den Namen einer Gesellschaft ein, die einem Mitglied Ihrer Familie gehört. Dann kommen wir und kaufen der Gesellschaft dieses Land nach einem Jahr oder wann immer unser Schiffsvertrag in Kraft tritt, für eine oder zwei Millionen ab. Was Sie hierzu überprüfen müssen ist, ob und wie Sie den Gewinn zu versteuern haben. Bei Grundstücksverkäufen sind die Regelungen von Land zu Land unterschiedlich. Die Bezahlung müsste sicherlich in Landeswährung erfolgen. Aber das wäre legal verdientes Geld."
Jetzt wollte Graf aber wirklich gerne noch was zu Trinken. Er hob sein leeres Glas, guckte hinein, und setzte es wieder ab.
Bustamante drückte auf einen Klingelknopf und der Diener erschien.
Bustamante machte eine kurze kreisende Handbewegung, um dem Diener zu signalisieren, dass er noch eine Getränkerunde bringen sollte, was sofort geschah.
Solange der Diener im Raum war, sagte niemand etwas.
"Señor Graf, das war sehr aufschlussreich. Ich danke für das Füllen einiger Wissenslücken. Sie sind offenbar in diesen Dingen recht bewandert."
Graf versuchte, ein bescheidenes Gesicht zu machen.
Bustamante fuhr fort:
"Lassen Sie mich zum Abschluss fragen, wie es bei dem Projekt weitergeht. Was passiert als nächstes?"
Graf erläuterte, dass er eine offizielle Einladung der Marine zu technischen Gesprächen erwarte und dass auf verschiedenen bürokratischen Ebenen Aktenlagen hergestellt werden müssten. Die Marine müsse die Regierung über die Gesprächsaufnahme mit Grafs Unternehmen unterrichten, einen Budgetantrag stellen, sich die Verhandlungen über den Kauf der Schiffe sobald wie möglich genehmigen lassen. Er, Graf, würde nach seiner Rückkehr nach Deutschland Kontakt zu Banken aufnehmen, um deren Finanzierungsbereitschaft auszuloten.
Bustamante, der von solchen Feinheiten nicht viel verstand, war zufrieden, dass etwas passierte, was ihn näher an sein Geld bringen würde.
"Señor Graf, Señor Kinzel, es ist mir eine echte Freude, Sie kennengelernt zu haben. Ich wünsche Ihnen eine gesunde Heimkehr nach Deutschland und hoffe, wir sehen uns bald wieder."
Er stand auf, und auch Graf und Kinzel erhoben sich.
Das Treffen war beendet.
"Was ist eigentlich mit dem netten Mädchen, das Sie gestern bei sich hatten?" wollte Bustamante noch wissen. „Sie hat dem Präsidenten gut gefallen und Anamaria hat sich sehr lobend über sie geäußert." Kinzel klappte vor Überraschung der Unterkiefer nach unten.
„Sie war bisher in Ihrem Verteidigungsministerium tätig, will aber dort weg,“ sagte Graf.
„Ich kann sie in meinem Ministerium unterbringen, wenn ich Ihnen damit eine Gefälligkeit erweise."
"Das wäre unglaublich freundlich von Ihnen, Señor Bustamante."
"Dann soll sie sich doch bei Señor Frederico Porcasi Tarran in der Personalabteilung des Ministeriums melden. Ich werde Porcasi entsprechend unterrichten."
Kinzel notierte sich den Namen.
Bustamante brachte sie zur Tür, wo sie sich verabschiedeten.
Oscar fuhr den Wagen vor, und sie stiegen ein.
"Zum Golfclub bitte, Oscar!" sagte Kinzel.
Oscar erhaschte einen Blick auf Ministro Bustamante, den er zum ersten mal in Person sah. Bisher hatte er den Mann nur im Fernsehen oder auf Wahlplakaten gesehen.
Es war zwanzig vor neun.
"So, das Geschäft haben wir im Sack!" sagte Ludwig Kinzel und rieb sich die Hände.
"Wie kommst du denn darauf?" fragte Graf entgeistert.
"Na, der Präsident spielt mit, Bustamante spielt mit, bei der Marine laufen wir offene Türen ein! Was soll denn jetzt noch schiefgehen?" Er rieb immer noch seine Hände.
„Darf ich dich daran erinnern, dass bisher weder mit Bustamante noch mit Fernandez Einigkeit erzielt ist. Walter muss sich noch mit Admiral Chavez beraten, Bustamante mit dem Präsidenten. Ich rechne bei beiden mit Mehrforderungen. In Oberhausen werden unsere Compliance-Leute laut aufheulen, wenn sie hören, hier sollen Beratungsgebühren bezahlt werden. Die werden von mir Lösungsvorschläge verlangen, bei denen sichergestellt ist, dass nicht das kleinste Fitzelchen Schmutz an ihren Händen hängen bleiben kann. So ein Geschäft wird nicht in zwei, drei Tagen entschieden. Die hier wissen nicht mal, wie die Schiffe aussehen sollen. Warte ab, wenn wir die Technik besprechen. Dann kommt eine lange Wunschliste, und die Kähne werden doppelt so teuer wie wir heute annehmen. Es wird wochenlang gerauft, was wieder gestrichen werden kann. Dann die Finanzierung! Ich hoffe, ich werde nicht für verrückt erklärt, wenn ich die Banken anspreche. Ob die Bundesregierung dem Geschäft zustimmt, wissen wir auch noch nicht. Das wird kein Selbstgänger, auch wenn das hier zur Zeit kein Krisengebiet ist. Selbst, wenn alle Beteiligten mitziehen, wird Bustamante seinen ersten Dollar aus diesem Geschäft frühestens in zwei Jahren kassieren. Und in der Zeit kann viel passieren! Und jetzt hör auf mit der Händereiberei, sonst kriegst du noch Blasen!“ Graf war todernst.
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