Onkel Eosebios Werkstatt war winzig und schmutzig, trotzdem hatte Oscar dort alles gelernt, was man über Autos wissen musste.
Oscar hatte Señor Kinzel schon zu vielen Terminen gefahren und gewartet, bis er wieder zurückkam, und sich jedesmal gefreut, den Mercedes zu fahren.
Einmal hatte Oscar sogar seine Verlobte Maria Rosa einen Abend lang in dem Wagen spazieren fahren können.
Aber jetzt fuhren sie zum Haus eines richtigen Ministers! Der hatte innerhalb von zwei Tagen zweimal angerufen, um Señor Kinzel und Señor Graf zu sehen! Die Mädchen im Büro hatten darüber getuschelt.
Jetzt hatte Señor Graf auch noch gefragt:
„Oscar, können Sie erkennen, ob uns ein weißer Toyota folgt?“
Heute Nacht hätte er Maria Rosa etwas zu erzählen!
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An der Tür von Ministro Bustamantes Haus wurde Graf und Kinzel sofort aufgemacht.
Im Flur standen zwei Sicherheitsbeamte, die sie eindringlich musterten, aber passieren ließen.
Ein Diener führte sie in einen großzügigen Wohnraum.
Minister Carlos Bustamante war sehr aufgeräumt.
"Ah, die beiden Señores Kriegsschiffeverkäufer! Herzlich willkommen in meinem bescheidenen Heim."
Der Diener, sicherlich ebenfalls ein Sicherheitsbeamter, fragte nach ihren Getränkewünschen, ein Glas Whisky für Kinzel, ein Glas Weißwein für Graf.
Nachdem er die Getränke serviert hatte, zog er sich zurück.
Bustamante ergriff das Wort:
"Señores, hier können wir ungestört reden. Niemand hört mit. Ich nehme an, Señor Graf, Sie haben Ihrem Kollegen von unserem kleinen Plausch von letzter Nacht erzählt."
Graf nickte.
"Dann nehme ich auch an, dass Ihre Zweifel über die Unterstützung Ihres Vorhabens aus der Spitze unserer Regierung jetzt zerstreut sind?"
Graf nickte wieder.
"Wie geht es jetzt weiter?"
"Nun, Señor Bustamante," sagte Graf. "Mein Freund und Kollege Señor Kinzel ist unser Mann hier in Lima, vor dem ich keine Geheimnisse habe. Alles, was wir besprechen, bleibt, was uns angeht, in diesem Kreise."
Er holte Luft.
"Es gibt für die Sozialversicherung mehrere Möglichkeiten. Was wir tun, wird davon abhängen, wo Sie das Geld für die besonderen Aufgaben haben wollen, hier, oder im Ausland, oder einen Mix von beidem. Ich möchte nicht versäumen, darauf hinzuweisen, dass insbesondere die USA sehr sorgfältig den Fluss von Geldern überprüfen, weil man dort paranoid ist, wenn man an Geldwäsche aus Drogengeschäften oder die Finanzierung von Terror glaubt. Wenn irgendwo auf der Welt heute ein Betrag von fünfundzwanzig, dreißigtausend Dollar bar abgehoben wird, selbst von einem Nummernkonto, wird das in Washington registriert. Gerade deshalb empfehle ich, als Begünstigte Gesellschaften in den USA zu gründen.“
Graf nahm einen Schluck Wein.
„Warum, zum Teufel, das denn?“
„Nun, es gibt Bundesstaaten in den USA, in denen man als Ausländer in einer so sicheren Steueroase ist wie kaum sonst wo auf der Welt. Schweiz, Liechtenstein, Luxemburg, selbst Caiman Island können Sie vergessen! Auf alle diese Länder üben die USA enormen Druck aus, was die Offenlegung insbesondere US-amerikanischer Steuerhinterzieher angeht. In den USA selbst sind die Amerikaner, was ausländische Steuerhinterzieher angeht, von beeindruckender Großzügigkeit. Sicherer als in Delaware oder Wyoming können Sie mit Ihrem Geld kaum sein!“
"Was schlagen Sie vor, Señor Graf?"
"Zunächst halte ich es für ratsam, unsere Absprache in die Form einer grundsätzlichen Vereinbarung zu bringen. Ludwig Kinzel wird Ihnen hierzu in den nächsten Tagen ein Vertragsmuster aushändigen, das aber alle wesentlichen Punkte offenlässt, damit nicht jemand Dritter nachvollziehen kann, um was es geht. Wer auf Ihrer Seite die Vertragspartner sein sollen, werden Sie regeln müssen. Auf keinen Fall sollten Sie selbst dies sein! Sie sind Amtsträger. Suchen Sie eine Person Ihres Vertrauens. Einen Freund. Von mir aus Ihre Gemahlin. Die Vereinbarung wird, wenn sich das Geschäft innerhalb einer vereinbarten Frist konkretisiert, ohnehin in mehrere Einzelverträge aufgeteilt, in denen die Auszahlung der gestern Nacht besprochenen Vergütung garantiert wird."
"Was meinen Sie mit ´innerhalb einer vereinbarten Frist`, Señor Graf?"
"Nun, ich würde in dem Grundvertrag stehen haben wollen, dass ein Zahlungsanspruch in der besprochenen Höhe nur besteht, wenn das Geschäft innerhalb der nächsten 18 Monate zum Tragen kommt," sagte Graf gelassen. Er wusste, jetzt würde es Aufregung geben.
"Das verstehe ich nicht," sagte Bustamante erneut.
"Nun, Señor Bustamante, wenn wir versuchen, das Geschäft über die Bühne zu bringen, und nach anderthalb Jahren ist nichts passiert, dann können wir Ihnen eine Vergütung von drei Prozent nicht mehr zusichern."
"Wieso nicht? Das verstehe ich immer noch nicht."
Bustamante wirkte ungeduldig.
"Señor Bustamante, entweder, es gelingt, innerhalb dieser Zeit das Geschäft abzuschließen, und nach meinem Verständnis haben wir dafür die entsprechende Unterstützung, dann fließt die zugesagte Summe. Oder aber es gelingt nicht, und dann haben wir kein Geschäft, und es gibt auch kein Geld."
Graf wusste, dass Bustamante sich damit nicht zufrieden geben würde.
"Señor Graf, wenn meine Freunde und ich uns für dieses Geschäft einsetzen und wir wegen der Opposition, egal ob im Parlament oder in der Öffentlichkeit, es nicht innerhalb der von Ihnen gesetzten Frist zum Abschluss bringen, sondern erst später, dann sollen wir nichts bekommen? Verstehe ich Sie richtig?"
Bustamante klang angriffslustig.
"Ich will nicht sagen, Sie bekommen dann nichts, Señor Bustamante. Nichts gibt es nur, wenn es überhaupt kein Geschäft gibt. Bitte betrachten Sie das einmal von meinem Standpunkt. Sollte bis zu den nächsten Präsidentschaftswahlen das Geschäft nicht zum Abschluss gekommen sein, und sollte es bei diesen Wahlen, was ich weder Ihnen noch uns wünsche, zu einer anderen Regierungszusammensetzung kommen, dann werden Lutz Kinzel und ich ähnliche Sozialversicherungen mit den dann im Amt befindlichen Persönlichkeiten abschließen müssen. Und die müssten dann zu Lasten der Ihnen zugesagten Beträge gehen."
Bustamante schnappte hörbar nach Luft.
"Ich verstehe, Señor Graf, dass Sie damit sagen wollen, dass, wenn wir unsere Schulaufgaben nicht rechtzeitig machen, wir auch nicht ordentlich belohnt werden. Und was ist, wenn wir die Wahlen gewinnen? Kriegen wir unsere Belohnung dann auch nicht?"
Graf blieb ruhig. Solche Diskussionen hatte er schon oft führen müssen.
"Señor Bustamante, bitte stellen wir uns mehrere Szenarien vor. Sollte Ihre Regierung die Wahlen verlieren , und das Geschäft ist bis zu diesem Termin zwar vorangekommen, aber nicht abgeschlossen, werden wir versuchen, mit einer neuen Regierung eine ähnliche Unterstützungsvereinbarung zu erreichen wie mit Ihnen. Da wir aber einen Dollar nicht zweimal ausgeben können, müssten wir Ihnen den Betrag abnehmen, den wir den anderen zahlen müssen. Ich halte diese Möglichkeit für sehr theoretisch, aber trotzdem muss ich dafür Vorsorge treffen.“
Graf einen Schluck Wein.
„Sollte Ihre Regierung hingegen die Wahlen gewinnen, und wir alle sind der Ansicht, das Geschäft kann zum Abschluss gebracht werden, wären wir ja dumm, die Vereinbarung mit Ihnen nicht zu verlängern. Sie hätten die Möglichkeit, das Geschäft jederzeit zu stoppen!
Sollte aber in zwei Jahren die heutige Opposition regieren und drei Jahre später sich entschließen, neue Schiffe für Ihre Marine bei uns zu kaufen, dann möchte ich nicht mit einer fünf Jahre alten Vereinbarungen konfrontiert werden, die Ihnen für diesen Vertrag drei Prozent zusagt. Da muss ich um Verständnis bitten!"
Graf griff wieder zu seinem Weinglas. Kinzel, um nichts sagen zu müssen, nahm auch schnell einen Schluck von seinem Whisky.
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