Bustamante guckte finster drein.
Graf ergriff erneut das Wort:
"Señor Bustamante, Ihr Vergütungsanspruch besteht in voller Höhe, wenn das Geschäft innerhalb der nächsten anderthalb Jahre abgeschlossen wird. Eine Klausel unseres Vertrages wird die einvernehmliche Verlängerung dieser Frist ermöglichen. Noch einmal, wir wären dumm, nicht zu verlängern, wenn Sie weiter im Amt bleiben.
Nur, wenn über einen Zeitraum, und hierzu möchte ich drei Jahre vorschlagen, gar nichts passiert, wäre unsere Vereinbarung automatisch ungültig."
Bustamante sah jetzt ein, dass die Forderung Grafs nicht unfair war. Dies würde er Scaloni erklären können.
„Warum überhaupt mehrere Verträge und nicht ein einziger? Das wäre doch viel einfacher.“
„Wir werden gegenüber unseren Behörden sehr detailliert darlegen müssen, warum und wofür wir Geld ausgeben. Alle erfolgsabhängigen Zahlungszusagen werden heute mit Argusaugen beobachtet. Wir werden nachweisen müssen, dass der Begünstigte sich in militärischen Fragen auskennt, oder in Fragen der Fischerei. Dann brauche ich jemanden, den wir für Serviceaufgaben hinzuziehen können. Dessen Vertrag erst rechtsgültig wird, nachdem der eigentliche Kaufvertrag gültig ist. Er sollte uns von Ihrem oder dem Verteidigungsministerium empfohlen werden. Wir müssen Aktenlagen aufbauen. Das wird umständlich, ist aber unvermeidlich. Wenn Anlass zur Vermutung besteht, es handele sich um Schmiergelder, werden sofort staatsanwaltliche Ermittlungen aufgenommen. Anlass zu dieser Vermutung bietet zunächst einmal die Höhe des zugesagten Betrages. Deshalb müssen wir die Zahlung aufteilen. Einfach pauschal zu sagen wie früher, das sind Beratungsleistungen, geht nicht mehr.“
„Aber wir verhelfen Ihnen doch zu dem Vertrag!“
„Ja, aber Sie sind Amtsträger, und Zahlungen an Amtsträger sind verboten.“
„Deshalb die Gesellschaften in den USA?“
„Ja. Jede dieser Gesellschaften wird eine Aufgabe zum Zustandekommen des Vertrages oder Leistungen in der Vertragsabwicklung bekommen. Hierzu wird es Schriftwechsel geben müssen, der die Erfüllung dieser Leistungen belegt.“
„Wie soll das denn gehen? Das sind doch, wenn ich Sie richtig verstehe, Briefkastenfirmen!“
„Die aber über eigene e-mail und Fax- und Telefonanschrift verfügen werden. Das ist über Rufumleitungen heute kein Problem mehr. Sie könnten von Lima aus bequem e-mails aus Miami oder sogar aus Europa versenden. Es gibt Unternehmen, die sich spezialisiert haben, so etwas zu organisieren. Aber diese Korrespondenz werden ja nicht Sie selbst führen.“
„Ich frage mich ohnehin, wo ich Zeit und Wissen hernehmen soll, um Schriftwechsel über die von Ihnen erwähnten Leistungen zu führen.“
„Das ist mir bewusst. Ich werde Ihnen jemanden vorschlagen, der das gegen Bezahlung einer Gebühr für Sie erledigen kann.“
Aber Bustamante hatte jetzt doch eine andere Frage.
"Wann bekommen wir unser Geld, Señor Graf?"
Graf nahm noch einen Schluck Wein. Kinzel trank aus purer Solidarität mit. Er war sichtlich froh, nicht den Wortführer spielen zu müssen.
"Señor Bustamante, normalerweise werden solche Zahlungen pro rata Zahlungseingang durchgeführt," sagte Graf. "Das heißt, von jeder Zahlung, die bei uns eingeht, bekommen Sie Ihre drei Prozent."
"Ja, aber Sie sagten doch, das Geschäft würde langfristig finanziert! Soll das heißen, wir bekommen unser Geld erst in zehn Jahren?"
"Das heißt es nicht," sagte Graf geduldig. "Das Zahlungsschema wird so aufgebaut, dass Peru uns eine Anzahlung leistet, um den Vertrag in Kraft zu setzen. Aus dieser Anzahlung wird Geld an Ihre Unternehmen fließen. Je höher die Anzahlung, desto höher der Rückfluss.“
Graf trank einen Schluck aus seinem Weinglas.
„Für den verbleibenden Betrag werden wir versuchen, und ich wiederhole, versuchen, eine langfristige Finanzierung zu arrangieren. Die sähe dann so aus, dass eine Gruppe von Banken Ihrem Land einen Kredit einräumt, gebunden an den Kauf der Schiffe bei uns. Aus dem Kredit werden die Raten zu bezahlen sein. Wir nennen das Zahlungskalender. Der Zahlungskalender sieht vor, dass unsere Werften für bestimmte Leistungen Geld erhalten, zum Beispiel, zur Kiellegung der einzelnen Schiffe, bei Stapellauf, bei Abschluss der Hafentests, bei Abschluss der Probefahrten, bei Übergabe der Schiffe. Von diesen Zahlungsraten erhalten Sie wiederum Ihre drei Prozent. Bei Ablieferung des letzten Schiffes haben Sie Ihre 15 Millionen Dollar. Völlig unabhängig von den Rückzahlungsraten des Kredites."
Bustamante nickte.
"Trotzdem, Señor Graf, Scaloni und ich hätten unser Geld lieber früher. Wie lange bauen Sie an den Schiffen? Vier Jahre?"
Graf nickte.
"Vier Jahre sind zu lang!"
Bustamante lehnte sich in seinem Sessel zurück.
"Sehen Sie, Señor Bustamante, diese vier Jahre sind bedingt durch die Lieferzeiten von Materialien, die für den Bau der Schiffe benötigt werden. Außerdem wird Ihre Marine personell nicht in der Lage sein, vier neue Schiffe gleichzeitig zu übernehmen.“
„Vier Jahre sind zu lang. Da können Sie das Geschäft vergessen! Scaloni verliert jegliches Interesse, wenn er das hört. Wir benötigen das Geld für den Wahlkampf!“
„Wir können nur Geld ausgeben, das wir auch haben,“ antwortete Graf.
„Das macht Scaloni nicht mit, Señor Graf. Glauben Sie mir, ich kenne ihn. Bieten Sie einen Kompromiss. So wie letzte Nacht!“
Graf wechselte einen Blick mit Kinzel. Der schlug die Augen nieder und klimperte mit den Eiswürfeln in seinem Glas.
„Señor Ministro, ich biete an, wenn es zu einer umgehenden positiven Entscheidung kommt, die ersten sechs Millionen Dollar innerhalb eines Jahres auszuzahlen, drei Millionen nach Erhalt der Anzahlung, weitere drei nach 12 Monaten. Allerdings nur gegen Abzinsung.
Den Rest werden wir proportional auf die restlichen Raten umlegen.
Das sollte Ihnen und Präsident Scaloni ermöglichen, die ersten drei Millionen schon in Ihrem Wahlkampf einzusetzen."
Graf war absolut sicher, dass weder Scaloni noch Bustamante auch nur im Traum daran dachten, diese Gelder im Wahlkampf zu verschwenden.
"Scaloni und ich hätten lieber alles in einer Rate, und zwar gleich am Anfang." Bustamante wirkte jetzt trotzig.
"Das wird nicht gehen, Señor Bustamante," sagte Graf. Es war immer das selbe, egal, wo auf der Welt!
"Nehmen wir an, die Anzahlung, die Peru aus Eigenmitteln aufbringen kann, beträgt zehn Prozent des Auftragswertes, also fünfzig Millionen. Dieses Geld benötigen wir, um unsererseits Anzahlungen an hunderte von Unterlieferanten zu leisten und um unsere eigenen Arbeiter bis zum Erhalt der nächsten Zahlung zu bezahlen. Davon können wir unmöglich gleich fünfzehn Millionen an Sie zurückgeben. Sollten Sie in der Lage sein, uns mehr als zehn Prozent anzuzahlen, gebe ich Ihnen gerne mehr. Diese Entscheidung liegt aber bei Ihnen."
Bustamante war im Augenblick damit beschäftigt, nachzudenken, woher seine Regierung fünfzig Millionen Dollar für die Anzahlung nehmen sollte. Graf hatte recht, die fünfzehn Millionen konnten sie unmöglich auf einmal kassieren, so schön es gewesen wäre!
„Was heißt Abzinsung?“ fragte Bustamante. „Sie hatten dieses Wort benutzt.“
„Ich muss früher Geld an Sie abgeben, als mein Unternehmen es aus dem Vertrag erhält. Den Zinsaufwand möchte ich kompensiert haben.“
„Sie sind eine Krämerseele, Señor Graf,“ sagte Bustamante.
„Ich kann mir aus den Ihnen gestern dargelegten Gründen nicht erlauben, dass bei unseren Behörden der Eindruck entsteht, ich gewährte Gefälligkeiten,“ antwortete Graf. Er nahm wieder einen Schluck Wein. Sein Glas war jetzt fast leer. Kinzel hatte längst schon ausgetrunken. Niemand dachte im Augenblick daran, den Diener zu rufen, was Graf bedauerte.
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