In dieser Neuauflage ergänze ich die Ausgabe von 2015 um einige Texte und Bilder und teile den Band in zwei Bücher auf.
Band 65-2 berichtet über die weitere Geschichte des Rauhen Hauses nach Wichern bis 1939.
Hier Band 65-3 über die weitere Geschichte des Rauhen Hauses von 1939 bis 2018.
Möge dieses Buch mithelfen, Wicherns Werk als Vermächtnis für uns zu begreifen.
Hamburg, 2018 Jürgen Ruszkowski
Karlheinz Franke, Diakon des Rauhen Hauses
Ohne seine Sammlung von Texten und Bildern gäbe es dieses Buch nicht.
Die weitere Geschichte des Rauhen Hauses
1871 22. Juli Wichern wünscht nach seiner schweren Erkrankung vom Sohn Johannes eine Erklärung, ob er willig sei, einst sein Nachfolger in der Leitung des Rauhen Hauses zu werden.
1873 1. April Eintritt seines Sohnes Johannes Wichern seines Sohnes Johannes Wichern als „stellvertretender Vorsteher“ des Rauhen Hauses.
1881 7. April Wicherns Todestag.
Sohn Johannes Wichern führt das Rauhe Haus weiter.
1881 24. November Haus ‚Anker’ eingeweiht.
1881 17. Dezember Haus ‚Köcher’ eingeweiht.
1883 13. September 5. Brüdertag.
1900 Das Dorf Horn hat 5.000 Einwohner.
Das Dorf Hamm hat 20.000 Einwohner.
Dem Oberhelfer und Inspektor Theodor Rhiem, der das Rauhe Haus seit 1850 während Wicherns Abwesenheit von Hamburg bei seinen vielen Reisen bis zu dessen endgültiger Rückkehr 1872 verwaltet hatte, soll Johann Hinrich Wichern angeblich versprochen haben, Rhiem werde einmal sein Nachfolger werden. Zumindest hatte Rhiem darauf gehofft. Ob Wichern es ihm tatsächlich versprochen hatte, lässt sich nicht mehr genau nachprüfen. Wichern überlegte es sich jedenfalls anders. Sein Sohn Johannes musste Theologie studieren, um dann ab 1873 zunächst stellvertretend, nach des Vaters Tod als dessen Nachfolger und zweiter Vorsteher die Geschicke des Rauhen Hauses bis 1901 weiter zu bestimmen.
Die Tätigkeit als Direktor endete mit Riehms Kündigung am 18. April 1872. Dem vorausgegangen waren Anschuldigungen Wicherns in fachlichen und disziplinarischen Dingen, die größtenteils unbegründet waren. Wichern wollte damit vermutlich nur erreichen, dass sein Sohn Johannes Wichern anstelle von Rhiem auf ihn selbst als Leiter der Einrichtung folgte. Nach Beendigung des Dienstverhältnisses hielt Wichern fest, dass Rhiem ihm „mit einer seltenen Treue und Hingabe geholfen“ habe.
Rhiem zog nach Köthen, wo er ab 1872 als Pastor arbeitete. Von 1878 bis kurz vor seinem Tod übernahm er die Landpfarrstelle in Kleinmühlingen. Während dieser Zeit pflegte er weiterhin Kontakte zum Rauhen Haus und reiste kurz vor seinem Tod zu einer Konferenz der Herbergsväter. In den letzten Lebensjahren leitete er ehrenamtlich als „Verbandsvorsteher“ für Rheinland und Westfalen eine neue Organisation, die Mitglieder der Rauh’häusler Bruderschaft außerhalb Hamburgs betreute.
Der Hamburger Senat benannte 1914 die Straße am östlichen Rande des Stiftungsgeländes den Riehmsweg in Hamburg-Horn nach Theodor Rhiem.
https://de.wikipedia.org/wiki/Johannes_Wichern
D. Johannes Wichern, geboren am 23.09.1845 – Sohn von Johann Hinrich Wichern, verstorben am 8.09.1914, zweiter Vorsteher des Rauhen Hauses.
Johannes Wichern studierte Theologie in Halle (Saale), Tübingen und Berlin, leitete einige Zeit die deutsche Schule auf dem Kapitol in Rom, wurde Domhilfsprediger in Berlin und am 1. April 1873 als Nachfolger seines Vaters, Johann Hinrich Wichern, Direktor des Rauhen Hauses.
Johannes Wichern im Kreise seiner Mitarbeiter
Die 1886 zuerst von ihm geleiteten Informationskurse für Theologen über die verschiedenen Gebiete der Inneren Mission wurden in den meisten preußischen Provinzen ständige Einrichtungen. Im gleichen Jahr gründete er im Auftrag des Zentralkomitees der deutschen Vereine vom Roten Kreuz die „Genossenschaft freiwilliger Krankenpfleger im Kriege“. Als er die Leitung des Rauhen Hauses aus gesundheitlichen Gründen aufgeben musste, ließ er sich in Bad Kösen nieder, wo er sich besonders für die 1892 gegründete Diakonissenstation einsetzte.
Wichern junior erreichte jedoch nicht das überragende Format seines Vaters. Sein Wirken blieb auf das Rauhe Haus begrenzt.
Das Rauhe Haus wurde ja von Menschen geprägt, und diese Menschen waren immer eingebettet in den jeweiligen Zeitgeist. Im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts beherrschte nach dem Krieg von 1870-71 und der anschließenden Reichsgründung der preußisch-patriotische Geist die deutsche Gesellschaft. Alles Militärische hatte einen hohen Stellenwert. Wenn die Rauhhäusler Jungen unter Johannes Wichern zum Beispiel fleißig exerzierten und auch den Parademarsch übten, so stößt das bei uns heute nach dem Erlebnis zweier verlorener Weltkriege auf Unverständnis. Aber das war damals eben der Zeitgeist. Hier eine Kostprobe der patriotisch-militärischen Denkweise jener Zeit aus der Feder des Vorstehers Johannes Wichern:
...Und als nun die jugendfrische Schar mit wehender Fahne und klingendem Spiel im tadellosen Parademarsch vorüberzog, da folgte D. (Johann Hinrich) Wichern, der selbst nur in seinem Rollstuhl, geleitet von seiner treuen Pflegerin, unser alten Mutter, der Feier beiwohnen konnte, leuchtenden Auges ihren Bewegungen, und manches Auge wurde feucht, als der greise Vater den jugendlichen Heerführer in seine Arme zog und küsste.
Johann Conrad Drojewsky – Stadtmissionar in Bremen
Auf den folgenden Seiten ein interessantes, von Johannes Wichern unterzeichnetes Zeugnis aus dem Jahre 1882 über Johann Conrad Drojewsky – Stadtmissionar in Bremen – geboren am 6.06.1857 – Eintritt am 11.10.1879 – Einsegnung am 1.08.1882 – verstorben am 18.02.1935.
In lesbare Schrift übersetzt:
Entlassungs=Zeugniß
für
Johann Conrad Drojewsky
bisherigen Zögling der Brüderanstalt des Rauhen Hauses
Johannes Conrad Drojewsky, geboren den 6. Mai 1857 zu Dirschau, Pr. Preussen, ist am 11. Oktober 1879 in die Brüderanstalt des Rauhen Hauses eingetreten.
Derselbe hat während seines fünfjährigen Aufenthaltes an dem praktischen und theoretischen Unterreicht der Brüderanstalt Theil genommen und sich im Lesen der apostolischen Briefe, im Katechismus und neuen Testament sehr gute, im alten Testament, in Literaturgeschichte, Pädagogik, Gesang, Geografie, Physik und Naturgeschichte gute, in Grammatik, Aufsatz, Geschichte, Rechnen und Geigen genügende bis befriedigende Kenntnisse und Fertigkeiten erworben. Im letzten Jahre seines Hierseins unterrichtete er die II. Knabenklasse in Naturgeschichte und die III. im Rechnen und zuletzt auch in der biblischen Geschichte. Er war längere Zeit hindurch Assistent in einer unserer Knabenfamilien im Pensionat. Ferner hat er 2 Jahre unsere Tischlerwerkstatt mit Geschick geleitet.
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