Ute Dombrowski
Tod in Nastätten
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Impressum neobooks
Tod
in Nastätten
Ute Dombrowski
Kriminalroman
Die Personen und die Handlung des Buches sind frei erfunden.
Etwaige Ähnlichkeiten mit tatsächlichen Begebenheiten oder lebenden oder verstorbenen Personen wären rein zufällig.
1. Auflage 2018
Copyright © 2018 Ute Dombrowski
Umschlag: Ute Dombrowski mit www.canva.com
Lektorat/Korrektorat: Julia Dillenberger-Ochs
Satz: Ute Dombrowski
Verlag: Ute Dombrowski Niedertiefenbach
Druck: epubli
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Autors und Selbstverlegers unzulässig.
Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.
Wenn jemand in den Hof von Undine Nithritz kam, dann war er plötzlich herausgetreten aus dem Lärm und der Hektik der kleinen Stadt. Das große Eichentor an der vielbefahrenen Straße schirmte diese ganz besondere Welt gegen das triste graue Umfeld ab. Das gepflegte Fachwerkhaus mit den dunklen Balken und den bunten Gefachen machte einen soliden Eindruck. Der Weg zwischen dem Haupthaus und einer ausgebauten Scheune auf der rechten Seite und einer flachen Remise neben offenen Verschlägen linker Hand führte über uriges Pflaster durch einen verzauberten Garten bis zum Bucher Pfädchen, einem Fußweg ins Nachbardorf, der von einem schmalen Bach, dem Lohbach, begleitet wurde. Hier waren Spaziergänger unterwegs, Einwohner, die ihre Hunde ausführten, auch Kinder mit Rädern und einsame Wanderer waren tagsüber zu sehen.
Abends blieben die Menschen lieber zuhause, obwohl das Bucher Pfädchen gut beleuchtet war. Nur selten verirrten sich nächtliche Spaziergänger dorthin, es sei denn, sie nutzten die Abkürzung zwischen beiden Orten abseits der Straße. Von Undines Grundstück führte eine Brücke über den Bach, den ihre Hühner und Enten als Freibad nutzten, wenn sie wie so oft ihre eigenen Wege gingen.
Der Mann stand auf der anderen Seite vor dem Tor an der Straße und überlegte, wie es wohl im Inneren des Hauses aussehen mochte. Sicher war dort viel Holz verbaut worden. Die unterschiedlich großen Fenster zeigten ein gedämpftes Licht, aus dem Garten hinter den Gebäuden waren Stimmen zu hören. Jemand lachte. Plötzlich lag das Haus im Dunkeln und er hörte Schritte. Eine Frau, deren Alter er nur schwer schätzen konnte, kam ihm entgegen. Sie sah ihn durch die Brille mit den grellbunten Bügeln aufmerksam, aber freundlich an.
„Guten Abend“, sagte Undine und lächelte. „Kann ich Ihnen helfen? Die Ausstellung ist leider schon beendet. Ich wollte gerade das Tor schließen.“
„Kann ich ein Glas Wasser bekommen?“
Erst jetzt fiel sein Blick auf die beiden blauen Gestalten, die auf einer Mauer neben dem Tor im Efeu standen und den Hof zu bewachen schienen. Ein kalter Schauer lief ihm über den Rücken, denn ihm war, als würden ihn die Figuren beobachten. Er schüttelte sich und sah wieder Undine an.
Diese nickte, aber sie fand den späten Gast nicht sehr höflich. Er hätte ja wenigstens grüßen können, dachte sie und ging voraus in den Garten, nachdem sie den großen Flügel des Tores verschlossen hatte.
Um eine Feuerschale, in der die Flammen knisternd in Richtung Himmel züngelten, saßen vier Männer und fünf Frauen. Sie sahen Undine und den Fremden abwartend an und er hatte das Gefühl, als würden ihre neugierigen Gedanken ihm entgegenfliegen. Die Gespräche verstummten nach und nach.
„Guten Abend“, sagte der Fremde.
„Wer ist das denn, Undine?“, fragte Bea Klümpert und trank einen Schluck Rotwein. „Ist der schmucke Herr dein neuer Verehrer?“
„Nein!“, rief der Besucher entsetzt, der Beas Frage ernstgenommen hatte.
Der Kreis der Künstler brach in schallendes Gelächter aus. Undine klopfte dem Mann locker auf die Schulter, griff nach einem Glas und drückte es ihm in die Hand. Ebenfalls auf dem Beistelltisch am Rande des Rasens standen einige angebrochene Flaschen Wasser, Limonade und Wein.
„Bier ist aus“, erklärte Undine. „Sie wollten Wasser? Hier ist nur welches mit Kohlensäure. Ist Ihnen das recht?“
„Ich …“, stotterte der Mann, „ich hätte lieber welches ohne. Aber nur, wenn es Ihnen keine Umstände macht.“
Günther Betzberger, der schon reichlich angetrunken war, zeigte hinter sich ins Dunkel.
„Da kannst du ja gleich das Wasser aus der Lohbach saufen! Komm, trink ein Glas Wein mit uns! Und setz dich hin. Bea, rutsch noch ein Stück, los!“
„Günni, hör auf uns herum zu kommandieren, es ist Feierabend“, sagte Bea und alle merkten, dass ihr Günther auf die Nerven ging.
Sie rückte dennoch ein Stück auf der Bank und klopfte neben sich auf das Kissen. Der Mann sah Bea an und setzte sich zaghaft. Undine zuckte mit dem Schultern und ging noch einmal zum Haus, um einen Krug Wasser aus der Küche zu holen.
„Kumpel, du siehst aus, als würdest du von einer Hochzeit kommen“, sagte Günther nun etwas leiser, „warum bist du denn so schick gemacht?“
„Ich komme gerade vom Ortsschild da hinten. Ein Taxi hat mich dort abgesetzt. Und dann bin ich hier vorbeigekommen und sah das offene Tor. Ich bin seit heute früh, als ich noch in Berlin war, unterwegs und hatte keine Gelegenheit etwas zu trinken. Das Haus, der Hof, die offene Tür, das sah so einladend aus, dass ich …“
Der Mann stockte und strich seinen Mantel glatt. Er fühlte die Blicke der anderen und wusste gar nicht, was an seiner Kleidung so besonders sein sollte, denn er trug das, was er heute Morgen in seinem Büro in Berlin angehabt hatte: ein hellgraues Hemd, eine dunkelgraue Krawatte, einen ebenso dunklen Anzug und darüber einen hellen Trenchcoat. Seine kastanienbraunen Haare waren gut frisiert und die schlanken Hände gepflegt. Die schmalen Füße steckten in grauen Wildlederschuhen.
Er hatte eine dunkle Ledertasche über die Schulter gelegt, die er jetzt abnahm und auf den Knien festhielt. Bea setzte die Befragung fort.
„Was macht ein Mann wie Sie in einem kleinen Ort wie Nastätten?“
Die anderen Künstler schauten den ungebetenen Gast schweigend an. Nur die drei Männer, die am anderen Ende der Wiese hitzig diskutiert hatten, steckten wieder die Köpfe zusammen. Die Frauen waren ebenso neugierig wie Bea, aber jede war auf ihre Art eigen, und nur Bea öffnete sich neuen Menschen und Situationen schnell. Sie war so, wie sie malte: bunt, groß, laut.
Günther war mehr der Mann fürs Grobe. Er schnitzte mit seiner kreischenden Kettensäge zauberhafte Figuren aus dicken Holzstämmen und man riss sich in der Stadt um solch ein Kunstwerk für den Vorgarten. Undine, die jetzt mit dem Wasserkrug zurückkam, töpferte und versuchte sich auch an anderen Materialien. So standen Hof und Garten voll mit fantastischen Skulpturen und kleine Schmuckstücke hingen an Bändern in den Bäumen. In jedem Winkel ihres Gartens gab es etwas Neues zu entdecken und man konnte sich nicht sattsehen. Hier stand ein Elefant, dort krönte eine Kugel einen kahlen Baumstamm, dazwischen spien Fische und Frösche Wasser in kleine Schalen. Alles war umgeben von Blumen und Büschen, die von Undines Mitbewohnerin Jasmin gehegt und gepflegt wurden.
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