„Diese dumme Kuh. Sie hat nicht mal die Nonnenuniform ausgezogen, bevor sie ihr Angebot erneut unterbreitet hat. Dieses Mädchen von gestern hat also schon jetzt ihren Tod gefunden.“
Er lachte. „Komischerweise weiß ich nicht einmal mehr wie sie hieß, aber eins ist jetzt hundertprozentig sicher, sie ist wirklich tot. Für diese Frechheit, die sie sich erdreistet hatte, hatte sie ohnehin den Tod verdient. Obwohl ich wohl für ihren Tod mitverantwortlich bin, denn wenn ich ihr nichts von den Clubs erzählt hätte, dann wäre sie nicht ...“
Er biss sich nervös auf die Lippe und verwies diesen Gedanken schnell wieder.
„Bleib ganz ruhig, Junge. Sie war so fest davon überzeugt ein unsterblicher Vampir zu werden und, und selbst wenn ich ihr nichts von dem Clubs erzählt hatte, hätte sie Mittel und Wege gefunden, das zu werden, was sie wollte. Außerdem kann ich nichts dafür. Das Mädchen ist selbst Schuld. Wenn sie Monstern das Angebot macht, dass sie für diese alles tun will was sie verlangen, ist es doch klar, dass die das als Einladung verstehen.“
Noch während er sich das Ansichtsexemplar weiter betrachtete, wurde er plötzlich vom Verkäufer des Kiosks gefragt, ob er etwas kaufen wolle. Nach kurzem Überlegen, bejahte er und kaufte sich eine neue Schachtel Zigaretten der Marke „sigaretta”.
Er schnappe sie sich und lief einige Schritte, bis ihn ein Windhauch durchfuhr, durch welchen sich seine Nackenhaare aufstellten und sich eine Gänsehaut auf seinen Körper legte.
Dieser Hauch ließ ihn sich nervös umsehen, erkennen konnte er jedoch nichts. Ihm missfiel der Gedanke, nicht zu wissen was das war. Der Vampir hatte ein schlechtes Gefühl und eine böse Vorahnung.
Manche Vampire haben die Gabe zukünftige Ereignisse zu erahnen. Angel hatte eine ähnliche Gabe, aber er konnte niemals etwas genaues sehen. Er hatte nur kurze Visionen, in denen er Fragmente, von dem was kommen würde, sehen konnte, davon, dass Vampire so etwas überhaupt können, hatte Angel natürlich keine Ahnung.
Nur ein flüchtiges Bild von etwas Zerbrochenen durchfuhr ihn, welches er allerdings für einen wieder aufflammenden Tagtraum hielt.
Er dachte bei sich: Heute ist wirklich kein guter Tag. Erst der Tod diese Mädchens, das wohl durch meine Schuld gestorben ist. Dann noch dieses Bild und das.... Oh! Mein Gott! Hör auf du Trottel alles immer so schlimm zu zerdenken und die Schuld immer nur bei dir zu suchen, diese Einstellung kann nicht gesund sein.
Er drückte sich mit den Rücken an eine Hausfassade und hielt sich mit beiden Händen die Brust, während er in den Himmel starrte.
„Aber dieses Gefühl, was ich in meinem Inneren verspüre. Es ist der Hauch des Todes, der sich auf alles legt und jeden mit sich ins verderben zieht.“
Im selben Moment, in dem der Vampir eine Vorahnung vom Toteshauch hatte, in den Tiefen des Vatikan: Im Kerker, in dem die Kreaturen wieder ihre Ruhe gefunden hatten, begann der Riss, den die Werwölfe verursacht hatten, weiter zu bersten.
„Was hast du, du siehst so blass aus?“, mit diesen Worten wurde Angel angesprochen.
Angel, der die Augen geschlossen hatte, dachte erneut an den Verkäufer, aber er erblickte stattdessen seinen guten alten Freund Wolf und antwortete: „Nein, es ist alles in Ordnung. Hallo Wolf-chan. Was machst du denn hier?“
Wolf sah ihn aus großen Augen an.
„Ich wollte nur etwas in den Wald gehen um die Stille der Natur zu genießen.“
Angel erwiderte den Blick, begann jetzt aber breit zu lächeln.
„Du wolltest die Stille der Natur genießen? Du wolltest doch bestimmt eher in den Wald, um zu laufen oder? Ich kenne dich doch, du bist ein Werwolf und liebst es noch mehr dich zu bewegen als ich. Aber egal, auf jeden Fall bist du hier ein bisschen falsch, wenn du eigentlich in den Wald wolltest.“
Wolf lief beschämend rot an.
„Ich weiß, als ich den Vatikan verlassen hatte, wollte ich mir noch kurz ein Buch kaufen und dann habe ich dich rennen gesehen. Ich wollte mit dir zusammen laufen und bin hinter dir her. Wir gehen sonst immer nur in die Bücherei und spielen manchmal mit den Anderen. Laufen waren wir bis jetzt noch nie zusammen. Aber vielleicht, naja wenn du nicht willst, können wir das auch lassen.“
Angel war über den Sinneswandel, den Wolf wieder einmal an den Tag legte, verwundert.
„Wieso das jetzt, wir können ruhig einen Wettlauf machen. Ich laufe doch auch gerne, um mich abzulenken.“
„Wenn du damit einverstanden bist, gern, ich wusste nur nicht ob du dazu Lust hast. Ich verbringe sehr gerne Zeit mit dir, aber du bist immer so traurig, dass habe ich schon vor langer Zeit bemerkt. Ich wollte eigentlich auch gestern an dem Fest teilnehmen, aber Rafael hat es mir verboten. Er hatte wohl Angst um mich. Er sagt immer, wenn uneingeweihte Menschen mich sehen, werden sie mir wieder wehtun. Ich weiß ja das sie böse sind, aber seit wir alle in den Vatikan gegangen sind, waren die Menschen immer sehr nett zu mir.“
Angel blickte auf seinen Freund und wurde wieder etwas bedrückter. „Da hast du leider recht. Die Menschen haben sich zwar weiterentwickelt, aber sie haben immer noch große Angst vor dem was sie nicht kennen. Aber denke immer daran: Wir sind alle deine Freunde und werden auch alles für dich tun. Vergiss bitte nicht, dass du immer zu mir kommen kannst, wenn du etwas hast. Egal was es ist.“
Wolf begann wieder zu grübeln.
„Das weiß ich doch, aber du darfst auch zu mir kommen, wenn du ein Problem hast. Mach nicht immer alles nur mit dir selbst aus. Wir sind doch alle eine Familie.“
Angel überlegte nicht lange.
„Natürlich sind wir das. Ich werde es zukünftig versuchen, aber es ist verdammt schwer seine Gedanken mit jemanden zu teilen. Aber keine Sorge, ich bin nicht mehr traurig. Du kennst mich doch. Ich mache mir immer Sorgen um alles und jeden. Mach dir deswegen also keinen Kopf. Komm, lass uns laufen gehen. Wir machen einen Wettkampf. Wer zuerst im Vatikan ist, gewinnt!“
Während sie den Wettlauf begannen, dachte er weiter nach: Ich weiß, dass ich mir alles immer zu sehr zu Herzen nehme. Aber ich will auch nicht, dass die Personen, die ich liebe, sich Sorgen um mich machen. Also muss ich jetzt damit aufhören und versuchen mich auch weiterzuentwickeln.
Es waren erneut einige Tage nach Angels unguten Gefühl vergangen. Niemand wusste davon, hatte sich der junge Mann doch niemandem anvertraut und auch er selbst hatte es schon längst vergessen, nachdem sich kein Anzeichen für das Erfüllen seiner Vision ergeben hatte.
Nun befand er sich zusammen mit den anderen Vampiren in ihrem Aufenthaltsraum und sie alle lauschten Marik, der gerade über seine letzte Mission sprach.
„Die Werwölfe scheinen in ihrer Anzahl zwar zurückzugehen, aber dafür werden sie immer aggressiver. Zumindest war es bei den Beiden so, die mir in diesem kleinen Ort in Frankreich begegnet sind.“
Angel, der auf einem schwarzen Sofa zusammen mit Sakuya und der Prinzessin saß, sagte ruhig: „Woher willst du wissen, dass es von ihnen nicht mehr so viele gibt? Es mag vielleicht sein, dass wir in den letzten Jahrzehnten eine Menge von ihnen getötet haben, aber dass es nicht mehr viele von ihnen geben soll glaube ich nicht? Für deine Theorie spricht zwar, dass wir in den letzten Jahren kaum noch welche erwischt, geschweige denn zu Gesicht bekommen haben. Ich habe aber die Vermutung, dass sie sich nur verstecken um vielleicht auf ihre Chance zu warten.“
Salomone hatte sich neben Marik aufgestellt und beteiligte sich nun an der Unterhaltung.
„Findest du das nicht ein bisschen übertrieben. Nach dem Tod deiner Familie hast du selbst bestimmt so an die hundert oder vielleicht sogar zweihundert getötet, wenn nicht mehr. Ich schließe mich der Meinung von Marik an, sie sind vom Aussterben bedroht.“
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