Wie hätte man in Sachen A44 die früh erkennbare Fehlentwicklung zur rechten Zeit vermeiden können? In der Metapher von den vielen Köchen würde man fragen, ob hier jemand seinen Auftrag nicht richtig verstanden hat, oder ob er diesen nicht richtig delegiert, kapiert, observiert hat. Delegierte der Chef des Restaurants falsch, oder hat der Gast als „Auftraggeber“ der Köche was falsches geordert? Litten die Köche an fader Geschmacklosigkeit oder eher einige Konsumenten mit ihren Geschmacklosigkeiten? Oder hat nur der Restaurantkritiker aus dem Michelin-Gourmet-Führer (oder wie der heißt) beim großen Festival der Gourmetpäpste die Ergebnisse in den falschen Hals bekommen und dann falsch bewertet? Dieser geschmacklose Banause?
Gerne würden interessierte Kreise einen Konflikt in irgendwelchen oberen Ebenen ansiedeln und wo nicht vorhanden, notfalls herbeireden. Das Schlagwort „Managementfehler“ ist dafür heute eine universell verbiegbare Phrase. Zur Vorbereitung der Einrede „Konflikte ganz oben“, müsste man aber den Breiessern vieles verschleiern, damit sie nicht sofort darauf kommen, dass viel mehr der Umkehrschluss gezogen werden muss.
Jeder von uns kennt die Strategien, nur sind sie nicht jedem immer so präsent. Der Planer kennt Spezialisten die das Verschleiern perfekt beherrschen. Wenn der Spezialist, nennen wir ihn mal, Steve Feigenbaum, ohne Punkt und Komma spricht und sein Gegenüber bei seinen fragwürdigen Ausführungen nur mal kurz eine Nachfrage einzuwerfen versucht, redet der Verschleierer ohne Luft zu holen weiter und so lange, bis die Klippe umschifft ist. Dabei verbittet er sich strengstens jede Zwischenfrage. Auch versucht er vehement zu verhindern, dass ein bekannt differenziert analysierender Kritiker einen konträren Gedanken einwirft. Selbst fragende Gesten von höheren Vorgesetzten rufen seinen Widerspruch hervor. Zumindest aber eine überdeutliche mimische Unmutsbekundung.
Seine Ausführungen sollen immer ununterbrochen am Stück daherkommen. Selbst die langatmigsten und völlig verdreht am Thema vorbei fließenden „Reden“ dürfen nicht gestört werden. So erhöht sich seine Chance, den um das Problem gewundenen Kokon blickdicht zu bekommen. Wenn das Thema dann umgeleitet ist, fällt es dem unbedarften Breiesser nicht mehr so ohne weiteres auf, dass es gar nicht ein Oberkoch war, der undemokratisch agierte, sondern einer aus der Riege der Bei- und Nebenköche selbst, welche den demokratisch legitimierten und an sich glasklaren Kochauftrag einfach negierten, indem sie nach eigenen Rezepten etwas ganz anderes zusammenmanschten. Jeder nach seinem speziellen Gusto.
In der Musik nennt man das Ergebnis Dissonanz oder Disharmonie. Derartige Missklänge fallen selbst unmusikalischen Menschen sofort auf. Allerspätestens wenn sie im Konzert noch gesteigert werden, z.B. wenn in einem zwanzigköpfigen Chor die Tenöre fröhlich im Hip-Hop-Stil trällern, die Soprane gleichzeitig frömmelnd Sakrales singen und die Bässe eine komische Oper intonieren. Hingegen bleibt es meist unentdeckt, wenn in Projektkonferenzen der eine fachchinesisch an Currybreien und der andere auf mongolisch an Wassersuppen herum komponiert. Dabei ist das fuchteln des Dirigenten im schwarzen Frack völlig für die Katz, denn auf seiner Partitur steht gar nichts von einer Katzenmusik.
Manche Köche kennen keine Hierarchie
Die nötigen disziplinarischen Befugnisse werden meist sehr schlau und fein austariert. Das muss man den Künstlern lassen. In manchen Großküchen bekommt der Oberkoch nur einen ausgewählten Teil davon zugewiesen. Seine Beiköche wissen das bestens - und sie wissen die Lücken auszunutzen. Hier liegt ein Keim, der es schwierig macht, die Mitarbeiter so zu koordinieren, dass in vertretbarer Zeit, wenn auch keine erlesene Gaumenfreude, aber doch ein halbwegs genießbarer Brei entstehen kann.
Vor der Küchentür sitzt der hungrige Restaurantgast und weiß von alledem natürlich nichts. Nur wenn er zwischen den Zeilen der Speisekarte heraus gewisses erahnen kann, fragt er irgendwann mit wachsender Ungeduld, warum es partout niemandem gelingt, den gordischen Knoten zu durchschlagen. Warum es über Jahrzehnte hinweg weder dem obersten Oberkoch noch dessen oberstem Ober-Oberkoch gelang. Einer, der Roland Koch (damals sitzend über der Kantine im Wiesbadener Schloß), hat im Oktober 2010 das Tischtuch bzw. das Handtuch geworfen. Er hat die Sparte gewechselt und ging zur Industrie. Er würde sich aber sicher hüten, zu sagen, dass dafür vielleicht auch obiges Grundproblem der gesellschaftlichen Verhältnisse beigetragen hat.
Übertragen auf das Planen von Verkehrswegen in unserem, als besonders sensibel dargestellten nordhessischen Naturraum, stellen sich unzählige Fragen. Warum soll das ein solch hochkomplexes und fast unlösbares Grundsatzproblem sein? Der Planer Mandamo sagt, man hat es erst dazu gemacht. Vielleicht nicht nur zur Verzögerung der A44-Planung, sondern auch jener der A49 (Kassel-Marburg), der A66 (Fulda-Frankfurt), der A4 (Olpe-Hattenbach), der B87n (Fulda-Meiningen) usw.usf..
Gut, wenn in Ernährungsfragen solch große Probleme entstehen, schaltet sich ein Gesundheitsminister ein. Manchmal sogar ein Ministerpräsident. Der in Hessen als Koch bekannte und langjährig tätige, bekundete in den Hungergebieten mehrmals höchstpersönlich die Notwendigkeit, bestimmte Breie in bestimmter Weise an bestimmter Stelle in bestimmter Zeit fertig zu kochen. Aber bei den Details der Umsetzung musste er sich wohl auf seinen Fachminister verlassen.
Auch der kümmerte sich durchaus immer engagiert um die Rahmenbedingungen. Er kannte sich stets mit allen Breien bestens aus und tat sicher, was in seiner Macht stand – ebenso wie die meisten seiner Vorgänger. Aber die Details regelten die Staatsekretäre, Abteilungsleiter, Referenten. Auch von denen waren sicherlich die meisten weder untätig noch unfähig, nur leider waren auch ihnen die Hände gebunden. Meist mit grünen Rankgewächsen, Schlingpflanzen und Lianengestrüpp. Wie kann dann da noch etwas genießbares herauskommen?
Eigentlich sind oder waren die Verhältnisse in unserem Lande eindeutig geregelt. Aber leider haben manche Bürgerrechtsfanatiker den Begriff „Demokratie = Volksherrschaft“ radikal umgedeutet und an ihre narzisstischen Ziele angepasst. Dadurch haben sie aus der Demokratie beinahe das Antonym Willkürherrschaft = Diktatur gemacht. Zumindest bezüglich der v.g. Einpeitschung von ökologischen Sondervorschriften in alles Mögliche hinein. Entstanden ist sowas wie eine Ökodemokratur.
Exotische Kochkünste und alte Rezepte aus Omas Kochbuch
Auch in einer parlamentarischen Demokratie darf eigentlich nicht jeder nach eigenem Gusto jederzeit in jeder Küche mit jedem Breilöffel oder gar dem Fleischklopfer herumfuchteln. Und an der Staatsform wollen wir doch nichts ändern, nur weil wir wissen, dass in einer Diktatur alles viel schneller gehen würde (im sogenannten 3. Reich wurden in weniger als 10 Jahren fast 4.000 km Autobahn geplant und sogar noch gebaut! Das ist so gut wie unbekannt, aber jeder Skeptiker kann das selbst nachlesen).
Da dieser Erfolg wohl weniger mit der Güte der Breie jener Zeit zu tun gehabt hat, wird dazu in einem besonderen Kapitel näheres ausgeführt. Dort mit ernsthaftem Grundtenor, weil es diesem Thema nicht angemessen ist, es mit der ironischen Metapher von den vielen Köchen als Breiverderber zu behandeln. Obgleich sich daran nur notorische Dissidenten stoßen würden, damit sie billig vom eigentlichen Thema und den Fehlentwicklungen unter ihrer eigenen Regie ablenken können.
Aber soviel vorweg: Der Autobahnbau im 3. Reich ist uns allen noch gewärtig aus Erzählungen und Dokumentationen, wenn auch den meisten von uns dazu nichts näheres persönlich bekannt ist. Wegen der Gnade der späten Geburt. Natürlich will heute kein halbwegs klar denkender Bürger die politischen Verhältnisse dieser Zeit wieder haben. Das 3. Reich war ein Unrechtsstaat - ohne Frage. Konfrontiert werden viele von uns noch heute oft damit. Die Autobahnplaner leider besonders häufig, denn das damals so viel schnellere Vorankommen beim Autobahnbau wird den heutigen Planern als leuchtendes Beispiel vorgehalten.
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