Manfred Adam
Märchenstraßen
In den Fesseln des grünen Zeitgeistes
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Inhaltsverzeichnis
Titel Manfred Adam Märchenstraßen In den Fesseln des grünen Zeitgeistes Dieses ebook wurde erstellt bei
An jedem Märchen ist was wahres dran
Gegessen wird was auf den Tisch kommt
Das Vollbringen von Wundern dauert länger
Riesige Risiken und nebensächliche Nebenwirkungen
Wie rettet man verfahrene Situationen?
Anderswo geht alles schneller
Wo soll das hinführen?
Schöne neue Welt
Wir leben von der Substanz vergangener Jahrhunderte
Fortschrittsverweigerer heimlich am Werk
Radwege statt Autobahnen
Einbeziehung einer neuen Zukunftsethik
Resume: Pleiten Pech und Pannen
Welt in Angst
A N H A N G :
Weitere strauchelnde Großprojekte in der Mitte Deutschlands
Epilog
Impressum neobooks
An jedem Märchen ist was wahres dran
Es war einmal ein bezauberndes Märchenreich, das lag in den nordosthessischen Landen zwischen dem mächtigen Herkules, der über der Stadt Kassel thront und der altehrwürdigen Wartburg, die auf Eisenach herab blickt. In der wunderschönen Landschaft mit den lieblichen Tälern und luftigen Bergeshöhen ruhten kleine Städtchen und entzückende Dörfchen inmitten von weiten Feldern und umgeben von großen Waldungen. Leider war das Märchenreich ein wenig abgelegen und entsprechend zurückgezogen lebten seine Bewohner in dieser einsamen Gegend.
Die anderen Menschen der großen weiten Welt interessierten sich lange Zeit fast gar nicht für diesen stillen Landstrich in den randlichen Provinzen des Reiches und umgekehrt interessierten sich dessen Einwohner nur wenig für sie. Unter ihnen gab es etliche Naturliebhaber, die am liebsten weiterhin recht ungestört vor sich hin leben wollten.
Die Abgeschiedenheit war der Grund dafür, dass in jenen Wäldern die sieben Zwerge ihre Heimstatt gefunden hatten. Überdies betrieben hier auch noch einige andere Gnome ihre verschiedenen Handwerke. Die einen offen auf den Marktplätzen der Ansiedlungen, die anderen heimlich in den dunklen Wäldern. Einst gab es in dieser stillen Gegend so merkwürdige Begebenheiten, dass sich die Märchenerzähler noch heute mit einem gewissen Grimm daran erinnern. Die seltsamen Geschehnisse nahmen ihren Lauf vor langer Zeit - es war noch im letzten Jahrtausend.
In diesem gar zauberhaften Lande war das Netz der Pfade und Wege schon lange mehr schlecht als recht. Als eines schönen Tages unerwartet die Ostgrenze des Reiches durchlässig wurde und fortan ganz plötzlich viele fremde Reisende in langen Karawanen die einst undurchlässige Reichsgrenze überschritten, verstopften die vielen Wagen die engen Gassen beiderseits der nun plötzlich hochgezogenen Schlagbäume.
Als dies die hiesigen Könige und Minister höchstpersönlich in Augenschein nehmen wollten, blieben auch sie mit ihren Staatskarossen darin stecken. Obwohl sie teilweise kräftige Maulesel und Hornochsen vorgespannt hatten. Darob erschraken sie erstmal sehr. Dann berieten sie lange, was denn nun zu tun sei. In der Folgezeit wechselten die hochwohlgeborenen Fürsten und Prinzen die bequem gewordenen Throne und die hohen Rosse. Wobei sie stets ein zahlreiches Gesinde mitnahmen.
Ein Jahrzehnt nach dem anderen ging ins weite Land. Das aber überforderte bald die Geduld der sich überrannt fühlenden Ureinwohner im Grenzlande. Die zuvor als stoisch bekannten Nordosthessen waren nun - nach längerer Bedenkzeit - nicht mehr so gleichmütig. Bessere und schnellere Lösungen wurden gefordert. Man wollte keine Volksreden mehr auf den Marktplätzen hören, sondern draußen nutzbare Ergebnisse sehen.
Da begab es sich, dass ein paar tapfere Gesellen sich erdreisteten, statt einer Märchenstraße für Reisegruppen mit romantischer Gemütslage, einen richtigen Verkehrsweg bauen zu wollen. Dies voller Übermut in einem vorher von überregionalen Fernpfaden weitestgehend verschonten Landschaftsraum. Damit begann nun eine lange Fehde zwischen den auf Krawall gebürsteten Rittern mit den sehr unterschiedlichen Gemütern.
Bei dem beschriebenen Märchenreich handelte es sich zwar um ein recht liebreizendes, aber von jeher nur dünn besiedeltes Gebiet im Herzen der deutschen Lande. Doch immerhin, neben dem zahlreichen Getier des Waldes und des Feldes lebte dort auch ein tüchtiger Menschenschlag. Die Bewohner existierten allda vergleichsweise bescheiden, wenn man die örtlichen Verhältnisse mit denen in benachbarten Fürstentümern verglich.
Doch waren die oft etwas verschlossenen und manchmal eigenbrötlerischen Untertanen meist genügsam und zufrieden mit sich selbst. Bemerkenswert ist, dass es unter ihnen auch ein paar Tagträumer gab, die lange Zeit betulich vor sich hin gedämmert hatten und sich ihrer märchenhaften Ruhe ungestört haben erfreuen können. Genau diese, sich siebengescheit wähnenden Leute wurden nun durch die kühnen Wegeplaner aufgeschreckt.
Nichtsdestoweniger, die obersten Majestäten zwang das, über Problemlösungen nun mal etwas ernsthafter nachdenken. Aus taktischen Gründen wollten sie aber nicht, dass die aus den geänderten Verkehrsverhältnissen erwachsenden Erfordernisse, zwischen den regionalen Landgrafen und den einfachen Untertanen allzu früh und allzu offen auf den Marktplätzen beschwatzt werden. Daher versuchten die Mäzene der schönen Wald-, Feld und Wiesengeister ihre wirklichen Absichten möglichst lange zu verbergen.
Besonders all das, was die Eigennützigkeit an ihrem heimlichen Wirken verraten könnte. Immer dann, wenn zweckdienliche Lösungsansätze nicht in ihr persönliches Herrschaftsbild passten, schoben sie als Ablehnungsgründe scheinbar gemeinnützige Argumente vor und umgaben sich mit dem Odium von Seelsorgern der Heilsarmee. So blieb das eigentliche Ansinnen dieser Geister über eine lange Zeit unentdeckt. Manche gutgläubige Ureinwohner sind noch heute nicht dahinter gekommen, wes Geistes Kind die grün gewandeten Märchenerzähler dieser unseligen Zeit wirklich waren.
In dem geheimnisvollen Märchenreich soll es übrigens auch vorgekommen sein, dass einige Kobolde, die der Kleinkindphase eigentlich schon entwachsen waren, es den Lausbuben von Hameln nachzumachen versuchten. Diese streunten damals als Tagediebe in der Gegend herum und einige von ihnen folgten Rattenfängern. Dem Vernehmen nach sollen diese ja einst auch ein lupenrein gemeinnütziges Ziel gehabt haben. Sie hatten vorgegeben, eine Ungezieferplage beseitigen zu wollen.
Doch der allgemeine Fortschritt ließ sich auch in dem lange Zeit rückständigen Märchenlande nicht ewig aufhalten. Irgendwann sind auch hier modernere Denkweisen angehört worden. Die von anderen Geistern. Nun konnte das einfache Volk nicht nur vom Berg der Frau Holle - vom Meißner aus - mit bloßen Augen in alle Richtungen "fernsehen", sondern auch mit den neumodischen Glotzkisten, die anderswo Fernsehgeräte genannt wurden.
Natürlich waren das Importe aus wirtschaftlich besser prosperierenden Regionen. Aber immerhin, langsam kamen fortschrittlich denkende Menschen in Hessens wildem Osten dahinter, dass man diese neue Technik als Informationsquelle über den Rest der Welt nutzen konnte. Leider gab es hier auch Menschen, die auf den unbedingten Erhalt der bisherigen Urgemütlichkeit bestanden. Das waren die grünen Zugereisten und ihre Apostel. Die hatten keinen Fernseher und wollten auch gar keinen haben, weil diese neumodischen Dinger womöglich neue Ideen aus anderen Weltteilen in ihre Hütten aus Naturholz, Ökolehm und Biostroh getragen hätten. Womit ihre bisher unerschütterlich fest zementierten Gedankengerüste hätten durcheinander gebracht werden können.
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