Dieter Landgraf - Schweigegeld

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Patricia Cuver wird in der Nacht ihres dreißigsten Geburtstages ermordet. Drei Freunde schmieden ein Komplott und bezichtigen ihren Ehemann der Tat. Maximilian Cuver verbüßt unschuldig fünf Jahre Haft. Nach der Freilassung schwört er Rache. Lisa Morani lässt sich von Marco Kollberg die Falschaussage vor Gericht mit einem Schweigegeld in Höhe von fünfzigtausend Euro bezahlen. Es geschieht ein weiteres Gewaltverbrechen. Die Hauptkommissarin Veronika Sommercamp und ihr Kollege Jens Knobloch stehen vor einer unlösbaren Aufgabe. Es gibt weder ein Motiv, noch sind verwertbare Spuren am Tatort vorhanden. Die Ermittlungsakte wird geschlossen. Dann findet man einen Toten auf einem Ausflugsschiff. Die Kommissare erkennen zunächst keinen Zusammenhang zwischen den Morden. Ein geringfügig erscheinender Hinweis führt sie auf die richtige Spur.

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Dieter Landgraf

Schweigegeld

Krimimalroman

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Inhaltsverzeichnis

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Prolog

Die Gerichtsverhandlung

Die Geburtstagsparty – was wirklich geschah

Eine verhängnisvolle Entscheidung

Unverhoffte Begegnung

Das Rendevouz

Erinnerungen

Lisas erneute Forderung

Tamara und Marco

Die Vorbereitung

Vor Ort am Akaziensee

Tobias trifft Diana Martini

Lisa und Maximilian nach zwei Tagen Bedenkzeit

Tatort Pavillon

Lisa und Tobias

Tamara und Marco nach der Tat

Ein aufschlussreiches Gespräch

Maximilians Entscheidung

Im Kommissariat von Ballenhainischen

Der Tote auf dem Ausflugsschiff

Ereignisreiche Tage

Die Vernehmung

Das Déjà-vu

Im Klinikum

Schlussakkord

Impressum neobooks

Prolog

Scheppernd fällt die graue Stahltür hinter Maximilian Cuver ins Schloss. Einsam und von keinem beachtet steht er vor der Justizvollzugsanstalt in Alt-Moabit. Diesen Augenblick sehnte er fünf lange Jahre voller Ungeduld herbei. Das widerwärtige grässliche Geräusch der sich schließenden Gefängnistür klingt wie Musik in seinen Ohren. Die unschuldig verbüßte Haftstrafe liegt endlich hinter ihm. Nach einem kurzen Moment des Verweilens begibt er sich schnellen Schrittes in den Park auf der gegenüberliegenden Straßenseite.

Auf einer Bank nimmt Maximilian Platz und zündet sich eine Zigarette an. Das Glücksgefühl über die wieder erlangte Freiheit hält nicht allzu lange an. Nach wenigen Augenblicken der Besinnung verspürt Maximilian das Aufkommen eines abgrundtiefen Hasses gegenüber demjenigen, der ihm das Unrecht und die damit erlittenen Qualen angetan hat. Hunderte Male schwor er sich in der für ihn fast unendlich dauernden Haftzeit, Vergeltung für die unschuldig hinter Gittern verbrachte Jahre, zu üben. Doch all seine Vorstellungen scheiterten immer wieder an einem Problem: Wer ist überhaupt die Person, an der es Rache zu üben gilt? Wer ermordete Patricia, meine geliebte Ehefrau? Wer zerstörte auf solch brutale Art und Weise unser unsagbar glückliches Leben?

Gierig atmet er den Rauch der Zigarette ein und schaut voller düsterer Gedanken auf die Bäume und Sträucher des Parks. Die fröhlich umhertollenden Kinder und die mahnenden Worte der besorgten Mütter nimmt Maximilian nur im Unterbewusstsein wahr. In seinem tiefsten Inneren breitet sich zunehmend ein Gefühl der Einsamkeit und Hilflosigkeit aus. Ihm wird mehr und mehr bewusst, dass die zurückerlangte Unabhängigkeit und Freiheit ohne Patricia nur einen geringen Wert besitzen. Ein Leben ohne sie ist für Maximilian im Augenblick nicht vorstellbar. Neidvoll schaut er den vereinzelt vorübergehenden Pärchen hinterher und wendet sich ab, wenn diese stehen bleiben und sich küssen. Die Erinnerungen an die überaus glücklichen Zeiten mit Patricia werden wieder wach. Nach zehn Ehejahren haben sie sich bei einem Spaziergang im Wald oder an einem See ähnlich wie die Liebespaare hier im Park verhalten. Mit verklärtem Blick in die Wipfel der Bäume stellt sich Maximilian vor, wie unsagbar zauberhaft und reizend es wäre, wenn Patricia neben ihm sitzen würde. Er schließt die Augen und spürt förmlich ihre Küsse auf seinem Mund. Jäh werden die ihn betörenden Träumereien unterbrochen. Eine Gruppe von Jugendlichen nähert sich der Bank. Die lautstarke Unterhaltung beendet abrupt sein Schwelgen in Erinnerungen. Sogleich wird ihm bewusst, dass er die Vergangenheit nicht zurückholen kann. Maximilian gibt sich innerlich einen Ruck: Mit dem ewigen Nachtrauern über das bisherige Leben werde ich kaum mein Ziel erreichen. Es gilt, sowohl Patricias Tod zu rächen, als auch das mir zugefügte Unrecht zu sühnen. So wie damals wird es nie wieder werden. In meinem Alter von vierzig Jahren gibt es sicher einen Neuanfang. Mit Wunschträumen und Phantastereien sind die mir selbst gestellten Ziele nicht zu erreichen.

Unwillkürlich weicht der ihm bei dem Gedanken an Patricia überkommene leicht verträumte Ausdruck aus dem Gesicht und macht Platz für eine unwiderstehliche Entschlossenheit. Seine Gedanken sind mit einer festen Gewissheit erfüllt: Die Stunde der Abrechnung wird kommen. Gleichgültig, wann es geschieht. Für das Erreichen des Zieles werde ich all meine Kräfte einsetzen und keiner wird in der Lage sein, mich daran zu hindern.

Die Zigarette ist aufgeraucht. Sorgfältig drückt er den glimmenden Rest in dem dafür bereitstehenden Abfallbehälter aus. Ohne Hast steht Maximilian auf. Sein Blick schweift über die Parklandschaft. Erst jetzt nimmt er den gepflegten Rasen und die sicher schon mehr als einhundert Jahre alten Eichen und Buchen wahr. Genau ein solcher Anblick war ihm eine gefühlte Ewigkeit verwehrt. Nur zögerlich reißt sich Maximilian vom Betrachten der Naturschönheiten los und sagt sich: Jetzt wird es Zeit, aufzubrechen. Es warten schließlich einige wichtige Dinge auf ihre Erledigung. Den angenehmen Seiten des Lebens wende ich mich zu einem späteren Zeitpunkt zu.

Hastig steht er auf und strebt schnellen Schrittes den Ausgang des Parks zu. Als ihm seine rasche Gangart bewusst wird, huscht ein bitteres Lächeln über das Gesicht und er sagt beim Verlassen des Parks halblaut vor sich hin: »Was soll ich mich beeilen? Auf mich wartet doch keine Menschenseele und ein Hotelzimmer erhält man zu jeder beliebigen Tages- oder Nachtzeit. Es bedarf sicher noch einige Zeit, um mit dem realen Leben zu Recht zu kommen.«

Auf dem Weg zur U-Bahn bemächtigt sich ihm nunmehr doch ein angenehmes Gefühl der wieder erlangten Freiheit. Mit fast schon kindlicher Freude löst er erstmals nach langer Zeit einen Fahrschein. Die Fahrt mit der U-Bahn genießt Maximilian mit sichtlichem Vergnügen. Sich unter den vielen Menschen zu bewegen, bereitet ihm ein Gefühl, endlich wieder dazu zu gehören und nicht ausgeschlossen zu sein. Die angenehmste Empfindung steht ihm jedoch noch bevor. Seit fünf Jahren muss Maximilian erstmals die Nacht nicht hinter vergitterten Fenstern verbringen. In Vorfreude darauf muss er sich regelrecht zügeln, die letzten Schritte von der U-Bahnstation bis zum Hotel nicht im Laufschritt zurückzulegen. Dann ist es geschafft und Maximilian steht am Empfangstresen. Etwas verunsichert, ob man ihm ansieht, ein ehemaliger Strafgefangener zu sein, bittet er um ein Zimmer.

Das freundliche Lächeln und der offene Blick der Mitarbeiterin der Rezeption zerstreuen sofort seine Befürchtungen. Zuvorkommend erläutert sie die Ausstattung der Zimmer und beendet ihre Ausführungen mit den Hinweisen auf die Frühstückszeiten. Maximilian nimmt den Schlüssel entgegen und fährt mit dem Lift bis zur obersten Etage. Beim Betreten des Hotelzimmers überkommt ihm ein Gefühl der vollkommenen Glückseligkeit. Obwohl er mit Patricia dutzende Male auf Urlaubsreisen in Hotels übernachtete, kommt es ihm im Augenblick vor, als würde sich eine völlig neue Welt erschließen. Vor allem die Minibar löst bei ihm einen unwiderstehlichen Reiz aus. Im Gefängnis hatte Maximilian auf Alkohol völlig verzichtet. Auch jetzt denkt er mit sichtlichem Widerwillen daran, wie ihm als einem sogenannten 'Neuen' in der Haftanstalt selbstgebrannter Schnaps angeboten wurde. Die Flasche kostete eine Menge Geld. Der Geschmack war so widerwärtig, dass Maximilian es bei dem einen Mal beließ und danach abstinent lebte. Anfangs fiel ihm das nicht leicht, da er in seinem Leben nie ein Kostverächter war und es an so manchen gemeinsamen Abenden mit Patricia nicht nur bei einer Flasche Wein geblieben war.

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