Also, lasst sie ruhig ein wenig schreien und quengeln, solange es zu keinen ernsthaften Attacken unter denen kam, war für uns alles im grünen Bereich und wir konnten ruhig wieder einschlafen.
Sonntag!
Am Mittag, rechtzeitig, denn wir wollten auf jeden Fall pünktlich erscheinen, machte ich mich mit meiner Frau mit dem Auto auf den Weg zu dem Schreber-Verein, unserem alten, von vor 10 Jahren. Die Strecke kannten wir noch sehr gut und waren sehr schnell vor dem zweiten Haupttor, unserem Treffpunkt. Es parkten so rund 10 Autos, aber alle waren leer, ohne Insassen, das waren dann eben die ansässigen Schreber oder stolzen Gartenbesitzer.
„Scheinbar sind wir doch zu früh, obwohl wir eigentlich pünktlich sind. Oder geht die Uhr in unserm Auto falsch?“
„Neh, Schatz, wir sind pünktlich, die Familie Meier leider nicht.“
„Lass uns aussteigen!“
Aha, schau da, das werden sie sein!“
Ein etwas verschrammter und angequetschter französischer Kleinwagen, mit fauchendem Motor, nahm elegant die Kurve und blieb quietschend vor dem hohen Maschendrahtzaun, der Begrenzung des Gartenvereins, stehen.
„Entschuldigung, sie sind bestimmt Familie …!“
„Genau und guten Tag allerseits!“
„Ich bin Piet und will Fußballer werden!“ Quietschte ein kleiner Junge, so um die vier Jahre vielleicht.
Schnellen Schrittes und voller Neugierde marschierten wir alle los in Richtung der Parzelle Nr.97
Schon von weitem konnten wir vor einem Garteneingang, drei Personen, zwei Männer und eine Frau erkennen.
„Na endlich, wir fieren uns schon eins ab!“ Eigenartig, das bei jetzt bestimmt fast 30 Grad Wärme, dachte ich.
Hände wurden geschüttelt, und etwas weiter gescherzt.
„Na, dann lasst uns mal zur Tat schreiten und Nägel mit Köpfen machen.“ Schlug ein dürrer, älterer Herr von der Dreiergruppe vor.
Wie sie sich in einem Begrüßungsgespräch vorstellten, waren es der erste Vereins Vorzitzende, sein Stellvertreter und die Rechnungsführerin, die immer sehr ernst und sehr wichtig dreinschaute. Ich hatte ein Gefühl, wie bei einer Gerichtsverhandlung. Hier sollten Ungereimtheiten und Unstimmigkeiten geklärt werden. Der oder die Angeklagte schien die Frau Meier, die Nochpächterin des Gartens zu sein. Irgendwie bekam ich ein mulmiges Gefühl, etwas stimmte hier nicht so recht und sollte jetzt abgeklärt werden, also doch Recht gesprochen.
„Frau Meier, sie wollen sich von ihrem Garten nun doch endgültig trennen, haben sie mir am Telefon gesagt.“ Begann der dürre, lange Mann zu sprechen.
„Ja, genau so ist es, Herr…! Seit der Trennung von meinem Mann schaffe ich es nicht mehr in den Garten zu kommen. Ich habe kein Auto, mit dem Bus, etwas Fußweg, mit Lebensmitteln und zwei kleinen Kindern, das schaffe ich nicht mehr, einfach unmöglich. Ich kann nur kommen, nimmt mich, oder uns, meine Mutter mal mit ihrem Auto mit.“
„Habe ich vollstes Verständnis, es geht eben nicht mehr.“ Stellte der zweite Vorsitzende, ein kleiner rundlicher Mann in kurzer Hose und einem bunten Hemd fest.
„Wo können wir uns hinsetzen, um etwas zu schreiben?“ Fragte jetzt mit energischer Stimme die
Frau, die Rechnungsführerin.
„Am besten wir gehen kurz in die Laube, da gibt es Sitzgelegenheiten und einen runden Tisch.“ Schlug Frau Meier, die Nochpächterin vor.
„Los auf, an den runden Tisch!“ Schlug ich, der Neupächter, vor.
Beim betreten der Laube, unserer alten und von mir drinnen ausgestatten Laube, holte ich erst ein mal ganz tief Luft, denn Mario sagte uns, die Laube soll drinnen total verschimmelt sein, man könnte es am Südfenster sehen.
Eigenartig, unser Freund Mario hatte übertrieben, die Laube roch nur nach Holz und von Schimmelgeruch konnte ich nichts bemerken. Ein großer Stein fiel von meinem Herzen, denn was tun, wäre die Laube von innen total verschimmelt und angegammelt. Freude stieg in meinem Innern auf, ich konnte mit meiner Frau ein gutes Geschäft machen, eine voll funktionsfähige Laube in einer schönen Gartenkolonie am Stadtrand, für 1.ooo,. Euro, ein wahres Schnäppchen für uns. Danke dir lieber Mario, für den guten Tipp!
„Ja, Frau Meier! Sie haben seit zwei Jahren keine Gemeinschaftsarbeit mehr geleistet.“
„Habe ich gewusst, aber nie geschafft her zu kommen. Tut mir leid!“
„“Mit Leid tun kommen wir nicht weiter, wir sind ein Verein und jedes Mitglied hat seine Rechte und Pflichten. Dadurch haben sie bei dem Verein schon einmal eine Restschuld von 300,-Euro. Zwei Jahre wurde kein Mitgliedsbeitrag gezahlt, die Stromrechnung ist auch noch nicht beglichen und ebenso der Wasserverbrauch, das macht noch einmal 600,-- Euro. Somit schulden Sie dem Verein genau 900,-- Euro!“
Puh, das war ein harter Brocken für die arme Frau, dachte ich und tauschte einen Blick mit meiner Frau aus. Ich hatte mir am Tag zuvor von unserem Bankkonto 1.000,-- Euro abgehoben, fein säuberlich zusammengerollt und in meiner rechten Hosentasche, unter meinem Taschentuch, versteckt.. Also, von unserer Seite konnte das Geschäft abgewickelt werden, dem stand nichts mehr im Wege.
„Frau und Herr G…., sie wollen den Garten von Frau Meier übernehmen, es soll für 1.000,-- Euro ein Besitzer, oder richtig ausgedrückt, ein Pächterwechsel erfolgen, richtig?“
„Jawohl, Herr …., so ist es ! Ich möchte mit meiner Frau Mitglied werden und den Garten von Frau Meier übernehmen!“
„Haben sie den Kaufpreis verfügbar?“
„Daran soll es nicht scheitern.“ Ich griff in meine rechte Hosentasche, zog das Bündel Scheine hervor und legte ihn auf den runden Tisch.
Die Rechnungsführerin ergriff das Bündel Euroscheine und zählte Schein für Schein bedächtig nach. „Stimmt genau, es sind 1.000,-- Euro! Davon bekommt der Verein 900,-- Euro und dieser Schein ist für sie, Frau Meier. In Ordnung? So haben wir alles rechtsmäßig abgewickelt. Sie bekommen von mir noch eine Quittung, damit versehentlich keine Nachforderungen mehr gestellt werden können.“ Dozierte die Rechnungsführerin des Vereins.
Frau Meier hatte einen hochroten Kopf bekommen, schluckte etliche male laut und merklich.
„Nun gut, dann bin ich damit einverstanden!“
Es wurden etliche Unterschriften ausgetauscht, der Garten besichtigt, ein freudig lachend und winkendes, älteres Ehepaar am Zaun begrüßt:
„Oh Hallo, willkommen auf eurer alten Scholle und herzlich willkommen als unsere neuen Nachbarn!“ Das waren Pauline und Paul, die sich sichtlich freuten und irgendwie tief erleichtert wirkten. Na klar, das waren sie. Die hatten sich kaum verändert, sahen genau noch so aus, wie wir uns vor über 10 Jahren von ihnen verabschiedet hatten.
„Wir übernehmen den Garten und sind nun wieder Nachbarn, juhu!“ Jauchzte meine Frau lustig und übermütig.
„Auf gute Nachbarschaft, Pauline und Paul! Wie geht es euch? Wir haben uns lange nicht mehr gesehen. Es ist wirklich schön von euch, das ihr uns gleich so herzlich begrüßt.“ Erwiderte ich mit beiden Händen über meinem Kopf winkend.
„Was ist das, Ihr kennt euch?“ Fragte erstaunt der Vereins Vorsitzende.
„Ja richtig, genau vor 10 Jahren hatten wir den gleichen Garten und Pauline und Paul sind immer noch im Verein, das freut uns, denn wir verstehen uns sehr gut!“
„Das ist dann ein wahrer Glücksfall für euch!“ Murmelte der Vereinsvorsitzende und winkte ebenfalls über den Zaun.
Die Rechnungsführerin kam auf uns zu, „so, wir haben alles rechtliche geklärt. Hier sind die Schlüssel, drei Schlüssel fürs Haupttor am Parkplatz und das sollen die Laubenschlüssel sein, passen alle genau, habe ich eben selber nachgeprüft.“
Die Frau Meier erhielt komischerweise noch einen riesigen Blumenstrauß von der Rechnungsführerin, im Namen des Vereins, wie sie sich wichtig ausdrückte und verabschiedete sich und die beiden Herren von der Vereinsführung. So wurde im Verein also eine Prellerin, Schuldnerin, verabschiedet und mit einem Dankesstrauß noch belohnt, dachte ich und schüttelte mit dem Kopf. Eigentlich, hätte meine Frau diesen Strauß verdient, als Begrüßung und herzliches Willkommen als Neu-Mitglied und neue Pächterin gemeinsam mit mir.
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