Plötzlich wurde ich gewaltsam aus meinen trüben Gedanken gerissen. Einer der Männer betrat das Zelt, deutete mit seiner Hand, dass wir das Zelt verlassen und ihm folgen sollten. Die Beduinen standen schon in der Nähe der Tiere, warteten auf weitere Anweisungen und sahen sehr mitgenommen und verängstigt aus. Wir schleppten uns langsam zu den anderen, Majid humpelte und zog sein Bein hinterher. Ich stützte ihn. Die Sonne stand hoch am Himmel brannte gnadenlos von einem wolkenlosen Himmel herunter, ich fühlte, wie mir der Schweiß den Rücken hinunterfloss. Die Kamele wurden unter uns verteilt, wir stiegen auf und bildeten eine kleine Karawane. Unter der strengen Aufsicht der vermummten Männer ritten wir los. Vor und hinter uns fuhren die Geiselnehmer in ihren Jeeps. Sie hielten ihre Maschinengewehre auf uns gerichtet. Die Wüste schien endlos. Ich klammerte mich an den Griff des Sattels, um nicht hinunterzufallen. Majid ritt hinter mir, sodass ich ihn nicht sehen konnte. Ich machte mir Sorgen, ob er in seinem Zustand diese Anstrengungen überstehen würde. Wie hatten alle schrecklichen Durst und brauchten dringend das lebensnotwendige Wasser. Doch die Wasservorräte waren ausgeschöpft und wir mussten unbedingt eine Quelle finden. Nach circa zwei Stunden im ewigen Sand hörten wir in der Ferne Schüsse. Wie hielten sofort an und versammelten uns. Jeder suchte auf eigene Faust Schutz vor der drohenden, fremden Gefahr. Das war nicht einfach, weit und breit gab es nur Dünen. Wir krochen verängstigt durch den heißen Sand und gruben uns mit den Händen kleine Höhlen.
Die Geiselnehmer berieten sich, sie schienen ernsthaft besorgt und aufgeregt zu sein. Ich suchte Majids Nähe. Die Angst kroch durch meinen Körper und verursachte wallende Schweißausbrüche. Das T-Shirt auf meinem Körper war nass und voller Sand. Der Sand war überall, in den Schuhen, unter der Kleidung, in den Haaren, im Mund. Meine Lippen waren spröde und rissig, meine Zunge trocken vor Durst. Wir hörten Stimmen und Autogeräusche, die sich uns in hohem Tempo näherten. Die Geiselnehmer beachteten uns nicht mehr. Sie waren mit der drohenden Gefahr beschäftigt. Wir hätten unbemerkt fliehen können, aber wohin? Wir hatten keine Ahnung, wo wir uns befanden und ohne Wasser würden wir nicht weit kommen. Die Wüste wäre für uns zum Grab geworden.
Plötzlich hörten wir sich nähernde Rotorengeräusche, ein Helikopter! Angst überflutete mich. Ich dachte an all die sich gegenseitig bekämpfenden Rebellentruppen, von denen überall die Rede war. Wir sind einer von ihnen in die Hände gefallen. Jetzt schlachten sie sich gegenseitig ab und nehmen uns mit in den Tod. Bei dieser Vorstellung bekam ich Gänsehaut. Auch Majid schien diese Gedanken zu haben, aber er schwieg. Wir kauerten uns im Schutz der Düne aneinander und warteten ängstlich ab, was geschehen würde.
Ich kann es immer noch nicht glauben, aber wir haben diesen Albtraum ohne großen körperlichen Schaden überstanden. Wir hatten sehr viel Glück. Der Helikopter und die Männer, die wir für eine andere Rebellentruppe gehalten hatten, gehörten der jordanischen Militärpolizei an. Sie hatten uns über die gesendeten Signale meiner Smartbrille geortet und nach einem kurzen Kampf mit den Geiselnehmern befreit. Einige Geiselnehmer kamen bei der Befreiungsaktion ums Leben, andere konnten flüchten, aber es war nicht mehr unser Problem. Auch die Beduinen konnten glücklicherweise befreit werden und fanden nach einem Aufenthalt im nächstgelegenen Krankenhaus den Weg zurück in ihre Häuser.
Nach einem kurzen Krankenhausaufenthalt kehrten wir leicht geschwächt, aber erleichtert heim. Die Familie versammelte sich im großen Wohnzimmer und überfiel uns mit Fragen. Sie hatten sich schreckliche Sorgen gemacht, als wir am Abend nicht zurück waren und in ihrer Verzweiflung die Polizei angerufen. Wir mussten bis in die Nacht hinein erzählen. Asma versorgte uns mit viel Essen und Getränken und unsere Kräfte kehrten allmählich zurück. Spät in der Nacht gingen wir endlich ins Bett. Überschwänglich küsste ich meinen Mann und schmiegte mich an ihn. Ich war einfach nur glücklich, dass Majid nichts Ernstes passiert war, und wollte es ihm zeigen. Aber es zogen schon die nächsten Gewitterwolken über meinem Leben auf, ich wusste es nur noch nicht.
Конец ознакомительного фрагмента.
Текст предоставлен ООО «ЛитРес».
Прочитайте эту книгу целиком, купив полную легальную версию на ЛитРес.
Безопасно оплатить книгу можно банковской картой Visa, MasterCard, Maestro, со счета мобильного телефона, с платежного терминала, в салоне МТС или Связной, через PayPal, WebMoney, Яндекс.Деньги, QIWI Кошелек, бонусными картами или другим удобным Вам способом.