Franka Abel - Eine Klassenfahrt und andere Desaster

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Franka Abel ist als Lehrerin an einer Schule im Brennpunktbezirk Berlin – Neukölln tätig. In ihrer Klasse lernen Kinder 10 verschiedener Nationalitäten, fünf von ihnen mit deutschen Wurzeln. So erlebt sie täglich die ganze kulturelle Vielfalt dieser Stadt auf kleinstem Raum. Jedes Gespräch mit einem Schüler kann ein Abenteuer werden – voller ungeahnter Überraschungen und genügend Stoff für eine ganz eigene Geschichte.
Dazu kommen die Eltern der Schüler, Familienangehörige und oft ganze Clans, alle mit der ihnen eigenen Grundlast fremder Kulturen, Sprachen, Religionen und Vorstellungen von Schule, die sich oft weder mit dem Schulgesetz noch den Vorstellungen der Schulbehörde decken. Mangelwirtschaft, die Anforderungen der Inklusion, fehlende Ausbildung oder minimalistische Angebote an guten Weiterbildungsmöglichkeiten sowie schlechte Ausstattung der Schule tun ihr Übriges, um den ganz normalen Schulalltag zu einem täglichen Abenteuer zu gestalten.
In diesem Umfeld versucht Franka Abel den Spagat, junge Menschen fit zu machen für unsere komplexe Welt von heute.
Szenenwechsel: Klassenfahrt. Hier sind die gemeinsamen Tage ganz anderes, aber ebenfalls voller unerwarteter Geschichten, mit einzelnen Schülern, mit Gruppen und mit der ganzen Klasse: Situationen tauchen auf, die einen zur Verzweiflung zu treiben scheinen, aber dann auch wieder zu unerwarteten Hoffnungen Anlass geben, dass hier ein bisschen ganz von selbst in die richtige Richtung gelaufen ist. Und dass der Aufwand es wert ist.

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Franka Abel

Eine Klassenfahrt und andere Desaster

Mein Schulalltag zwischen Inklusion, Islam und Mangelwirtschaft

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Inhaltsverzeichnis Titel Franka Abel Eine Klassenfahrt und andere Desaster - фото 1

Inhaltsverzeichnis

Titel Franka Abel Eine Klassenfahrt und andere Desaster Mein Schulalltag zwischen Inklusion, Islam und Mangelwirtschaft Dieses ebook wurde erstellt bei

Vorwort

Erster Tag

„Schönen Urlaub!“

Wir fahren in die Schweiz

Burat hat Blutdruck

Anschnallen ist uncool

Was wir alles wollen

Eine Kursfahrt nach New York

Anträge, Anträge, Anträge

Kost´doch nix

Das muss doch keiner wissen!

Werbung formt Ansprüche

Geteiltes Leid ist halbes Leid

Keine Jungs auf Mädchenzimmern

Apokalyptisches Chaos

Das Projekt: Betten beziehen

Alle anderen fahren an den Gardasee!

Lassen Sie meine Tochter da, ich hole Sie ab!

Wie definiert man eigentlich Zimmerlautstärke?

Die Ruhe nach dem Sturm

Schlauchboot geht gar nicht! (Teil 1)

Multi-Kulti-Familien

Wandertage im Ramadan

Jeder isst anders…

Efe spielt Superman

Romantischer Aufstieg zur Festung

Das Foto dürfen Sie aber nicht meinen Eltern zeigen!

„Jetzt verstehe ich, warum wir in Deutschland geblieben sind!“

Wieso müssen wir das eigentlich tragen?

Allerlei Highlights auf Klassenfahrten

Die Vorräte gehen aus!

Muss ich wirklich eine Schwimmweste tragen?

Inklusion im realen Schulalltag

Schlauchboot geht gar nicht (Teil 2)

Soziales Training: Klassenrat

„Scheiß Klassenfahrt“

Wenn die Familie weit entfernt wohnt

Abenteuer Geocaching

„Mein Deo ist geklaut!“

Olfaktorische Herausforderungen

„Warum gibt es in Berlin keine Sterne?“

Ein Telefonmast wirft einen Schatten

Wertschätzung

Wie waren die Ferien?

„Wallah, ich schwöre bei Alles!“

„Nur, weil sie mich nicht leiden können!“

Natascha ist alt genug

„Ich kletter nicht ohne meinen rosa Strickmantel!“

Wir hatten Zimmerkrieg!

„Ist doch nur Spaß!

Haarshampoo in Trinkflaschen

„Wir dachten, wir grillen nach dem Abendbrot?“

„Wenn ich mal Geld brauche…

Ich mache Abitur oder werde You Tube-Star

„Leila hat keinen Bock auf Mathe!“

„Warum dürfen wir nicht auf die Mädchenzimmer?“

Zappelphilipp

Warum braucht man eigentlich Kondome

„Wo ist mein Handy?“

Zu Hause ist Nele viel selbstbewusster!

„Wann kommt ihr?

Morgen ist Ramadan

Zu wenig Aktivitäten

„Können wir endlich gehen, wir haben noch etwas vor?“

Ich habe gehört, auf der Klassenfahrt gab es Vorkommnisse?

Zweiter Tag

Dritter Tag

Vierter Tag

Fünfter Tag

Nachlese

Impressum neobooks

Vorwort

Als ich mich dafür entschied Lehrerin zu werden, stand ich gerade im Blau-Hemd auf dem Fahnenappell und erfuhr, welche Klasse die meisten Altstoffe gesammelt hatte. So, jetzt weiß auch jeder gleich, wo ich herkomme.

Damals hatten wir auch am Samstag Schule. Vier Stunden, dafür hatten wir in der Woche höchstens mal bis zur 7. Stunde, aber das war eher selten und dann hatten wir frei. Wenn einer geschwänzt hat, wurde im Betrieb der Eltern angerufen. Das war einfacher, weil zu Hause kaum jemand ein Telefon hatte. Und wenn man aus der Schule nach Hause kam, hatte man immer erst einmal sturmfrei, weil die Eltern noch arbeiten waren, es sei denn, sie haben Schicht gearbeitet. Die Mutter von Kathrin war Hausfrau, das fanden wir alle ungemein exotisch, außer Kathrin, die wiederum hat uns „Normale“ beneidet.

Dinge wie Internet, Google oder Privatfernsehen kannten wir nicht mal aus dem Westen. Gabs halt noch gar nicht. Dafür kannten wir noch Telefonbücher, Rechenschieber und Gummihopse.

In der Schule hatten wir Russisch und wenn man wollte, konnte man noch Englisch oder an manchen Schulen sogar Französisch dazu wählen.

Auf dem Zeugnis gab es die sogenannten Kopfnoten. Betragen, Fleiß, Mitarbeit und Ordnung. In Ordnung hatte ich nie eine Eins. In Betragen schon eher mal.

Die Bildungsministerin hieß Margot und hatte blaue Haare und da sie den Job 26 Jahre lang innehatte, kannte sie auch jeder. Gemeinsam mit ihrem Mann wohnte sie mit den anderen Politikern, die auch jeder kannte, in einer großen WG. Nicht, weil sie, wie viele Leute heute, Miete sparen wollten, sondern weil irgendwie sonst niemand mit ihnen zusammenleben wollte.

Das ist jetzt mehr als 35 Jahre her. Ich bin tatsächlich Lehrerin geworden. Inzwischen spreche ich mehr Türkisch als Russisch, kenne mich bestens mit Datenschutz aus und weiß, dass man den Begriff Hausaufgaben an Ganztagsschulen nicht mehr verwendet, die heißen bei uns jetzt Arbeits- und Übungsaufgaben und werden in der Schule gemacht. Oder oft auch gar nicht, aber das ist ein ganz anderes Problem. Lehrer heißen jetzt Lehrende und Schüler Lernende . Ich nenne sie trotzdem noch meine Schüler . Als meine Lernenden sind sie mir irgendwie zu weit weg. Und hier ein Wort an meine Schüler: Auch wenn ihr mich oft an meine Grenzen bringt: Ich habe Euch auch lieb!

Viele Dinge haben sich in diesen 35 Jahren geändert. Zum Beispiel stehen in meinem Arbeitsregal 14 verschiedene Mathematiklehrbücher für ein und dieselbe Klassenstufe. Alle aus demselben Bundesland. Es sind so viele Reformen über mich hinweg gerollt, dass ich manchmal gar nicht mehr aufstehen wollte, weil ich wusste, dass gleich die nächste Welle kommt.

Was daran gut oder schlecht war und ist, sieht jeder Einzelne anders. Schüler, Eltern, Lehrer, Politiker, Schulbuchverlage, Ausbilder…die Liste ist lang. Für niemanden möchte ich hier sprechen, außer für mich selbst.

Ich berichte von meinen Erfahrungen, meinen Erlebnissen, meinen Bedenken, Gefühlen, Ängsten und Erfolgen. Ich habe nichts erfunden, aber vielleicht, wenn auch unbeabsichtigt, etwas verdreht. Jeder sieht die Dinge nun einmal anders. Wenn Sie dieses Buch also lesen und vielleicht etwas davon weitererzählen, dann sagen Sie bitte nicht: „In Neukölln ist das so“, sondern: „In Neukölln gibt es eine Lehrerin, die Frau Abel, die hat das so erlebt.“

„Schönen Urlaub!“

Noch bevor ich in dem allgemeinen Gewühl unseren Bus überhaupt entdecke, weiß ich schon Bescheid. In der gackernden Mädchenecke wird auffallend gequietscht und gekreischt. „Frau Abel, unser Busfahrer ist gaaaaanz jung und er sieht gaaaaanz toll aus.“ Nele klimpert mit ihren aufgeklebten künstlichen Wimpern und wirft Chantalle vielsagende Blicke zu. Aha. Ich halte Ausschau und entdecke ihn tatsächlich, ins Gespräch vertieft mit einem uniformierten Beamten. Ich hatte schon vor Wochen eine technische Untersuchung des Busses vor Fahrtantritt beantragt. Man weiß ja nie. Wir wollen schließlich ins Gebirge. Aber es gibt grünes Licht. Zwei Daumen hoch. Alles in Ordnung. Der Busfahrer frisch geschult, der Bus tipptopp in Ordnung. Ein unauffälliges, kleines silbergraues Gefährt für 26 Fahrgäste. Die Schüler betrachten das Gefährt skeptisch und ein bisschen mit Unmut. So ein kleiner Bus? Auch die Eltern scheinen etwas anderes, standesgemäßeres erwartet zu haben. Gibt es eine Klimaanlage? Warum keine Toilette...? Passen da überhaupt alle rein?

Ja, wir passen alle rein. 26 Plätze, 25 Personen. Das geht eindeutig auf. Und drei Stunden Fahrt schafft man auch einmal ohne Toilette. Dafür haben wir aber eine Klimaanlage. Sehr viel mehr Kopfzerbrechen machen mir da die schrankgroßen Hartschalenkoffer, die sich noch vor dem Bus türmen und vermuten lassen, wir würden uns auf eine vierwöchige Exkursion in unerschlossenes Gebiet begeben. Dabei ist es Montagvormittag und wir werden bereits am Freitagmittag zurückerwartet. Dazu noch unzählige riesige Verpflegungsarsenale aus Chipstüten, Legionen von Gummibärchen, hektoliterweise Eistee, Keksen, Schokowaffeln und Bergen von asiatischen Instantnudeln ... Die sind gerade der neueste Ernährungstrend. Zumindest an meiner Schule. Trocken, direkt aus der Tüte. Ob das auch für Gebiete im weiteren Umfeld gilt, kann ich nicht beurteilen.

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