1 ...6 7 8 10 11 12 ...20 Adalberts bitterster Feind aber war Herzog Bernhard von Sachsen, der Billunger, welcher, wenn er zu Hamburg weilte, in der von ihm auf den Trümmern des alten Kastells Karl´s des Großen erbauten Alsterburg residierte. Nicht allein die Eifersucht des Landesherrn war die Ursache solcher Feindschaft, auch des Herzogs persönlicher Hass traf, wiewohl mit Unrecht, den Erzbischof. Denn als Bernhards Bruder, Graf Dietmar, dem Kaiser Heinrich III. bei Lismona (Leesum bei Bremen) einen hinterlistigen Überfall zu bereiten trachtete, wurde dieser durch Adalberts Treue geschützt und des Empörers Verrat vereitelt; und als Dietmar, vor den Kaiser geladen, zum gerichtlichen Zweikampfe verurteilt wurde, erlag er in demselben nach Gottes Fügung seinem Gegner, dem kaiserlichen Hauptmann Arnold, am 3. Oktober 1048. Dess´ zur Rache und Sühne ließen Dietmars Söhne des Arnold fangen und mit heidnischer Schimpflichkeit ihn bei den Beinen zwischen zweien Hunden aufhängen, für welchen Frevel der Kaiser sie mit ewiger Verbannung strafte. Und wegen dieser traurigen Begebenheiten, die doch nicht unverschuldet das herzogliche Haus trafen, verfolgten Bernhard und seine Söhne den Erzbischof, dessen Angehörige, ja selbst die Kirche, mit nie endender Feindschaft.
Auch außer den hohen Festen weilte Adalbert zur Sommerzeit oft mondenlang in Hamburg, der ihm so teuren Stadt. Hierher beschied er die Gesandten der nordischen Völker, hier empfing er die Besuche der Fürsten und Dynasten der germanischen wie der slawischen Stämme, sprach Ihnen Recht und schlichtete ihre Streitigkeiten. Er tat in Hamburg allen wohl, die ihm naheten, die Bürger ehrte er und förderte neben dem geistigen auch ihr irdisches Wohl, wo und wie er nur konnte; zum Ausbau der Stadt gab er willig Vorschub; den wachsenden Verkehr erleichternd legte eine eigene Münzstätte an; und was er Gutes und Löbliches in fremden Landen gesehen, das trachtete sein tätiger Geist dem noch halb barbarischen Vaterlande anzueignen. Sogar Gärten und Weinpflanzungen ließ er auf dürrem Heideboden in Hamburgs und Bremens Umgegend anlegen. Aber dies, wie manch anderes viel Bedeutsameres, was der Natur des Landes und der damaligen Bewohner widerstritt, blieb ein vergebliches Bestreben des großen Mannes, dessen gute Wille so oft dem bösen Geschicke unterlag.
Kummer und Widerwärtigkeit, Undank der Welt, sogar seiner Freunde Abfall, Feindschaft aller Orten, Kränkungen seines unsäglichen Stolzes, - dies alles machte ihn missgestimmt, hart, zornmütig. Wo sonst sein Edelsinn verzieh, da waltete nun sein Eifer mit verderbender Strenge. Und doch blieben im Grunde seines Herzens Mitleiden gegen Arme und Bedrängte, und Freigebigkeit gegen alle Bedürftige, so mächtig in ihm, dass derselbe Mann, der im Zorne wie ein Löwe geflohen wurde, in guten Stunden sanft war wie ein Lamm und zu jedem Opfer bereit.
Aber während er von Schmeichlern und Schmarotzern umringt, nur Lobpreisungen seiner Größe und Würdigkeit vernahm, während Wahrsager, Traum- und Zeichendeuter (die sein hoher Geist hätte verachten müssen) seinen schrankenlosen Wünschen die eitlen Trugbilder nahender Erfüllung vorspiegelten, sank mit stets wachsendem Verfalle der irdischen, auch seine geistige Hoheit und Tugendherrlichkeit immer tiefer. Zwar ließ er noch immer den zehnten Teil seines ganzen Einkommens den Armen und Kranken zuweisen, zwar hielt er noch täglich offene Tafel für jedermann, aber schon war Wohltun und Gastfreiheit bei ihm mehr Sache der Eitelkeit als des Herzens. Beim reichen Mahle, das er selbst kaum berührte, zeigte die Bitterkeit der Witzworte, die er der geistreichen Unterhaltung einmischte, den trüben, kranken Zustand des einst so klaren, frommen Gemütes und seines Geistes zunehmende Verfinsterung, die nur zuweilen ein heiteres Saitenspiel auf Augenblicke zerstreuen durfte, während er die den gemeinsamen Haufen ergötzenden Gaukeleien der Mimen verabscheute.
Doch zuletzt brach wohl sein starrer Stolz, wozu nach seiner eigenen Erzählung ein wunderbares Gesicht beigetragen hat, das er erlebte. Er sah sich nämlich um Mitternacht in der Domkirche zu Hamburg in Gemeinschaft mit seinen vierzehn Vorgängern im Bistum feierlich die Messe begehen. Erzbischof Alebrand, der die Mysterien vollzog, wandte sich nach Verlesung des Evangeli den Anwesenden zu, um deren Opfer zu empfangen, und als er an Adalbert kam, wies er mit strengem Blicke und diesen Worten dessen Gabe zurück: Du hochgeborener, vornehmer Mann kannst uns mit geringen Leuten nichts gemein haben. Worauf das Gesicht endete. Und als er mit tiefstem Schmerze der Heiden Siegesgewalt, der Christen Verfolgung und Abfall, ja selbst der Geistlichen Entartung wahrnahm, als er vergebens gegen der Laien wie der Priester Verderbtheit eiferte, da weinte Adalbert der Große Tränen, die wohl Teils dem Verfall der eigenen Macht, den kommenden Strafgerichten und der Gefährdung der heiligen Kirche, aber auch seinen begangenen Fehlern, die dazu mitgewirkt hatten, gegolten haben mögen.
Aus seiner hamburgischen Diözese, wo er geliebt und verehrt wurde, durch blutdürstige Heiden vertrieben, die das mühsame Werk so vieler heiliger Männer und eins der wichtigsten Bollwerke der Christenheit zertrümmerten, war der Abend seines Lebens düster umwölkt. Eine vom germanischen Drudengeiste beseelte Wahrsagerin verkündete allem Volke und ihm selbst sein nahes Ende, aber noch hörte er lieber auf die Lügenpropheten seines Hofes. Dass in Bremen und anderen Orten die heiligen Kreuze Tränen schwitzten, dass Hunde und Schweine die Altäre entweihten, dass das Geheul der Wölfe mit dem der Uhus bis in die geängstigte Stadt Hamburg drang: es verkündete des Erzbischofs Ende und unsägliche Trübsal für seine Diözese; und Hamburgs zweimalige Zerstörung im Sterbejahre Adalberts des Großen hat es wahr erwiesen.
Er aber erkrankte schwer zu Goslar am Harze, wo er dennoch tätig wirkte für den Kaiser Heinrich IV., den einzigen Menschen, den er erzogen hatte, der sein Glück war, wie sein Schmerz! Dieser allein durfte den Sterbenden besuchen, dessen großer Geist den schwachen Körper so standhaft aufrecht erhielt, dass kein Klagelaut, kein Seufzer seinen Lippen entflohen ist. Zu den letzten Stunden hat er viel gelitten, viel gebüßt, viel göttliche Gnade empfangen. Gott misst mit anderem Maßstabe als wir Menschen. Er starb am 16. März 1072 und hinterließ außer Büchern und Reliquien nicht als allein bei den Armen und Kranken untröstliche Trauer über seinen Verlust. Seine Leiche ward nach Bremen gebracht und im Chore der von ihm erbauten Domkirche bestattet. Denn sein Wunsch, in der Mutterkirche zu Hamburg beerdigt zu werden, konnte nicht erfüllt werden: Hamburg war eine Beute der Heiden.
13. Drei Burgen in Hamburg
(Um 1060.)
Um 1060 gab es drei große Burgen in Hamburg, worüber sich wohl etwas sagen lässt.
Bezelin Alebrand, ein Canonicus von Köln am Rhein, war um Weihnacht 1035 von sieben sächsischen Bischöfen mit großer Pracht als Erzbischof von Hamburg geweiht und vom Kaiser bestätigt, worauf ihm der Papst den Mantel seiner Würde sandte. Er war ein guter, frommer Herr, der die Stadt Hamburg lieb hatte und ihr gern nach den erlittenen schweren Kriegsnöten wieder aufhelfen wollte. Er erbaute vor allen Dingen anno 1037 statt des bisherigen, vom Erzbischofe Unwannus vorläufig aus Holz erbauten, einen neuen prächtigen Dom, völlig aus Quadersteinen gemauert. Daneben aber errichtete er südlich vom Dom, wo damals ein Arm der Elbe vorbei floss (der bei nachmaliger Vergrößerung der Stadt als Fleet benutzt wurde), eine feste, wohlverwahrte Burg, ihrer Pracht wegen auch Palatium oder Palast, zu Deutsch Pfalz genannt. Hier war seine erzbischöfliche Residenz. Man nannte sie auch die Wiedenburg, von den vielen Weiden, die damals an den sumpfigen Ufern der Elbarme wuchsen. Es war mit seinen Höfen und Türmen ein großes, weitläufiges Gebäude, welches die ganze Gegend der heutigen Straßen Schopenstehl und Kleine Reichenstraße einnahm, vom Domstegel an bis zur Kattrepelsbrücke und Hopfensack; und die letztere Gegend wurde noch vor 100 Jahren vom Volke die Wiedenburg genannt, wie hie und da z.B.
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