Jasmin Koch
Dämonentöchter
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Titel Jasmin Koch Dämonentöchter Dieses ebook wurde erstellt bei
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Impressum neobooks
Emma
Es hatte Zeiten gegeben, in denen Keiner Emma irgendetwas abverlangt hatte. Doch da sie nun alt genug und belastbar geworden war, so ging ihre Familie dazu über, zu vergessen, dass sie eigentlich noch ein Kind wäre.
Als sie von ihrem Vater noch liebevoll einen abgebrochenen Meter genannt wurde, wurde ihr jeder Wunsch von ihren dunkelgrünen Augen abgelesen. Sie hatte auch nie irgendwelche Aufgaben aufbekommen, es sei denn zur Strafe. Nachdem sie in einem ihrer Wutausbrüche mit voller Absicht den Dachstuhl angesteckt hatte, so bescherte sie ihrer Mutter einen ganzen Monat lang unglaublich ruhige Tage. Damals war sie ungefähr dreizehn gewesen und hatte schnell eingesehen, dass Hausarbeit für sie das furchtbarste war, zu der sie verdonnert worden war.
Nun lernte sie seit mehr als zehn Jahren, was es hieß, die Kräfte zu kontrollieren. Ihr achtzehnter Geburtstag war eine Wucht gewesen. Aber auch ein Mahnmal, da sie nun für ihre Taten zur Rechenschaft gezogen werden würde. Ihre Mutter bestand darauf, dass sie drei Mal die Woche mit ihrer Tante an ihren Künste feilte.
Emma war halb Hexe.
Eine bescheidenere Konstellation gab es in ihrem Reich gar nicht. Denn die andere Hälfte war dämonisch. Und somit eigentlich ein no go. Dämonen, gerade die Rador, verkehrten eigentlich nicht mit Hexen. Eigentlich.
Seid dem jedoch ihre Mutter den Dämonenstamm auf den Kopf gestellt hatte, wurden genau drei Hexen in Talon geduldet. Sie, ihre Mutter selbst und ihre Tante, die eine reine Hexe waren.
Und mit den Fähigkeiten, kamen nun auch die Aufgaben und Verpflichtungen. Die neuste bestand darin, sich um die Versorgung der Truppen zu kümmern. Emma half beim Kochen, brachte neue Waffen und nahm die mit, die der Schmied überarbeiten musste.
Diese Arbeit mochte sie sogar.
Denn sie konnte somit nicht nur bei Tag und Nacht raus, wann immer sie gebraucht wurde, sondern sie war auch bei den Truppen beliebt. Und sie mochte die Krieger.
Nichts gab ihr mehr das gute Gefühl, etwas richtig zu machen. Denn die Männer aus der berüchtigten Armee der Rador waren gleichzeitig ihre wichtigsten Lehrmeister. Keiner der Krieger schlug der Halbdämonin einen Wunsch ab. Und der war immer derselbe. Trainieren mit den Besten.
Nur die stärksten und fähigsten Dämonen wurden von ihr ausgewählt, um ihr die richtigen Tricks und Kniffe beizubringen. Emma hatte sich ein gewaltiges Ziel gesetzt.
So gefürchtet und geschätzt zu werden, wie ihre Mutter.
Das würde sie aber nur, wenn sie ebenso gnadenlos und unnachgiebig kämpfen und schließlich auch gewinnen zu könnte. Deswegen verbrachte sie gerade jetzt so viel Zeit bei den Truppen, wenn sie nicht im Einsatz waren.
Nur dann durfte sie dorthin.
Die Dämonen kämpften in der Menschenwelt gegen abtrünnige Vampire.
Diese waren auf der Jagd nach Dämonenblut. Weshalb das so war, konnten sich die wenigsten wirklich erklären, da es so wenige Informationen zu deren Entstehen gab. Sie wussten letztendlich nur, dass diese Vampire keine Menschen zur Ader ließen und ausschließlich hinter Dämonen her waren. Und sie vermehrten sich sehr schnell.
Es war ja nicht so, dass Emma zu jung für die Krieger war, aber dennoch keine Dazugehörige. Das würde noch dauern, glaubte sie selbst. Emma war sehr selbstkritisch. Was vermutlich auch daran lag, dass sie zwar eine Rador, aber doch anders war.
Ihre Mutter konnte aufgrund ihrer Hexenkräfte ihre Gestalt wandeln. Sie änderte die Hautfarbe, je nach Laune und ließ sich Flügel wachsen. Das konnte Emma nicht.
Ihre Flügel waren knöcherne Gliedmaßen, die sie niemals würde verbergen können. Sie gehörten zu ihr, wie ihre dunkelblonden, langweiligen Haare, die nur im Sonnenlicht ansatzweise so rötlich schimmerten, wie die ihrer Mutter. Diese hatte je nach Gestalt blutrote Haare. In einer Sache glichen sich die Dämoninen jedoch sichtlich. Ihre dunkelgrünen Augen.
Doch genau dieses außergewöhnliche Aussehen, machte ihr oft Probleme.
Sie hatte ein Alter erreicht, in dem sie nicht nur wegen der Kämpfe die Krieger aufsuchte. Sie schmachtete sie nun auch häufiger an. Allerdings blieb dies oft einseitig.
Denn sie konnte sich nicht verändern.
Jeder Dämon in Talon kannte sie. Kannte sie als Tochter der Dämonin, als geflügelte Hexe oder schlichtweg als Unantastbar. Denn kein Dämon hatte es bisher gewagt, sein Interesse ihr gegenüber öffentlich zuzugeben. Und öffentlich hieß, vor Gideon, dem Herrscher von Talon. Ihrem Großdämon, wie Emma ihn liebevoll nannte.
Und wieder einmal bekam sie dies zu spüren.
Es gab einen Dämon in dem Lager neben dem Darg, einen Fluss nahe der Burg. Dieser Dämon war ein Stück größer als sie, dunkelhaarig, mit kleineren Hörner und einer Schnelligkeit, die sie bewunderte.
Doch so sehr sie sich bemühte, unauffällig mit ihm Kontakt aufzunehmen, blieben ihre Versuche aussichtlos.
Der Dämon ging, wie schon ein paar vor ihm, nicht auf ihre Belange ein. Es sei denn, es hatte etwas mit dem Training zu tun. Und dies entschied leider ein ganz besonderer Dämon, wenn nicht Gideon selbst; Quinn.
Ein vertrauter ihrer Mutter. Ein Freund und vertrauenswürdiger Dämon, der gleichzeitig auch ihr Aufpasser war. Quinn war ihr Patenonkel. Zwar nicht so, wie es in der Menschwelt üblich war, mit Zeremonie und allem drum und dran, aber dennoch derjenige, den ihre Mutter ausgewählt hatte. Eine Vorsorge, sollte ihren Eltern etwas zustoßen.
Dies war nicht geschehen. Quinn blieb trotzdem ein wichtiger Teil ihres Lebens.
Auch deswegen, weil er immer ein Auge auf sie hatte, egal wo. Nicht ohne Grund, war sie seiner Truppe zugeteilt worden.
Doch auch das hielt sie nicht auf, so langsam sich in der Männerwelt umzusehen. Sie bewunderte die grenzenlose Zuneigung ihrer Eltern und hoffte darauf, romantisch wie sie war, eben eine solche Bindung eingehen zu können.
Aber das stellte sich als schwieriger dar, als sie vermutet hätte.
Wie sollte sie den richtigen finden, wenn sich A, keiner traute und B, keiner an sie ran durfte.
Traurig wandte sie sich von dem dunkelhaarigen Dämon ab, der für sie anscheinend keine Zeit zu haben schien und ging direkt auf Quinn zu. Sie hatte seine Blicke dem Dämon gegenüber gesehen.
Quinn reinigte gerade sein Schwert, als sie auf ihn zustakste. Auch diesmal trug sie ihr Lieblingsoutfit.
Die dunkelblaue Korsage saß eng um ihre Taille und versteckte überflüssige Pfunde. Und da sie Dämonin gerne lange Kleider trugen, hatte sie schon als kleines Mädchen ihre Vorliebe für lange, wallende Röcke entdeckt. Hosen trug sie nur im Kampf. Dieser Rock passte diesmal farblich zum Oberteil und schlug bei ihren schnellen Schritten hin und her.
Quinn reagierte, bevor sie etwas sagen konnte.
„Engelchen, was willst du nun wieder?“
„Ich freue mich auch dich zu sehen.“
Quinn blickte bei diesem schnippischen Worten das erste Mal zu ihr auf. Er hatte sie nicht kommen sehen, aber schon gehört und hatte ihren vertrauten Geruch von weitem wahrgenommen. Er runzelte sie Stirn.
„Kann ich ehrlich mit dir reden, ohne dass du gleich zu Mutter rennst oder es herum posaunst?“ fragte Emma leise.
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