1 ...6 7 8 10 11 12 ...16 Jetzt konnte ich auch noch die Stimmen von mindestens zwei Männern hören, welche die Geräusche von mehreren, rennenden Menschen übertönten.
Da, vielleicht zwanzig Meter weiter unten auf der Straße, brach plötzlich eine menschliche Gestalt aus den Büschen. Sie war die Böschung auf die Straße heraufgestürmt. Sie hielt in ihrem Lauf kurz inne und wandte sich dann weiter bergauf in meine Richtung. Obwohl sie so nahe war, daß ich hörte, wie sie keuchend die Luft in ihre Lungen pumpte, hatte sie mich noch nicht erblickt.
In diesem Augenblick tauchten an der Stelle, an der die Gestalt die Straße erreicht hatte, zwei weitere Figuren auf, die sofort auch in meine Richtung hinter der ersten Gestalt her stürmten. Wie schon erwähnt, war es immer noch relativ hell, und meine Augen hatten sich schon bestens an die Lichtverhältnisse angepaßt. Bei der ersten Person, die auf der Bildfläche erschienen war, handelte es sich ohne den geringsten Zweifel um eine Frau. Da war ich mir absolut sicher, da gab es keinen Zweifel. Das war unübersehbar. Sie war vollkommen nackt. Die anderen zwei Figuren hielt ich ihrem Verhalten nach für Kerle, die in Bezug auf die Verfolgte keine allzu guten Absichten hegten. Aufgrund der Umstände glaubte ich auch zu wissen, was sie mit ihr vorhatten. Daß das arme Ding mit den Absichten der beiden Kerle absolut nicht einverstanden war, war ebenfalls mehr als offensichtlich.
Während die Frau, oder noch eher das Mädchen, wie ich jetzt erkennen konnte, weiter bergauf in meine Richtung lief, warf sie einen kurzen Blick nach rechts über ihre Schulter zurück auf ihre Verfolger. Das war ein grober Schnitzer von ihr. Denn unmittelbar vor ihr und vielleicht so zehn Meter von mir entfernt, brach eine weitere Gestalt aus den Büschen, die sich sofort vor ihr aufbaute und ihr den Weg abschnitt.
Das Mädchen versuchte seinen Lauf abzubremsen, rutschte jedoch mit dem linken Fuß seitlich weg, verlor die Balance und plumpste mit gegrätschten Beinen direkt vor dem dritten Kerl auf ihren nackten Hintern. Ihre verzweifelten Versuche, den Kerlen zu entkommen, hatten in einem totalen Fiasko geendet. Sie saß pudelnackt auf der Straße, und ein Kerl, den sie nicht zu ihren Freunden zu zählen schien, stand zwischen ihren weit gespreizten Beinen.
„That’s right, Baby!“, stieß er keuchend hervor und ließ sich zwischen ihren Schenkeln auf die Knie fallen. Sie versuchte sich wieder aufzurichten, indem sie sich mit beiden Händen hinter sich auf dem Teer der Straße abstützte. Der Kerl packte sie jedoch an den Schultern und drückte sie gegen ihren zähen Widerstand mit dem Rücken auf den Boden.
„Non, non, je te prie, non!“, schluchzte das Mädchen erneut auf französisch.
Ich bezweifelte, daß der Kerl französisch beherrschte, der jetzt über dem Mädchen kniete und sie an ihren Oberarmen zu Boden drückte.
Ich war während dieses unschönen Schauspiels leise und unbemerkt näher herangekommen und nutzte das Überraschungsmoment voll aus. Ich nahm Anlauf und trat den quer vor mir über seinem Opfer knienden Schweinehund mit dem rechten Fuß von unten her mit voller Wucht in den Leib. Der dumpfe Ton meines Tritts wurde übertönt von seinem Aufschrei. Die Luft entwich aus seinen Lungen wie aus einem Blasebalg, und ich spürte deutlich unter meinem Fuß das Brechen von Knochen. Ich tippte auf mindestens drei bis vier gebrochene und in etwa die gleiche Anzahl angebrochener Rippen.
Mein mit voller Wucht ausgeführter Tritt befreite das Mädchen ruckartig von ihrem Peiniger. Er hob richtiggehend ab, kam vielleicht so gut zwei Meter neben dem nackten Mädchen erst wieder mit dem Boden in Berührung, überschlug sich noch einmal und blieb dann still liegen, direkt vor seinen beiden heranstürmenden Kumpanen. Die beiden hatten noch gar nicht so richtig mitbekommen, was hier so plötzlich vor sich gegangen war. Ich klärte sie nicht auf, sondern nutzte den Schwung meiner Vorwärtsbewegung, die leichte Abschüssigkeit der Straße sowie ihr staunendes Unverständnis und sprang den vorderen der beiden Helden, den mit der tollen Punkerfrisur, mit der vollen Wucht meiner 230 Pfund an. Ich traf ihn mit dem Fuß meines gestreckten rechten Beins mitten auf die Brust. Die Wirkung war vielleicht sogar noch sehenswerter als bei meinem vorherigen Tritt. Er wurde regelrecht von den Beinen gerissen. Er flog mindestens drei Meter weit. Dabei griff seine rechte Hand haltsuchend ins Leere, während er seine Linke dem Kerl schräg hinter ihm mit dem Handrücken ins Gesicht schlug, bevor er wie ein nasser Sandsack auf dem Boden aufprallte und bewegungslos liegenblieb.
Freundlicherweise hatte Punky der Nummer drei im Rennen bereits einen Schlag verpaßt, der diesen für einen zusätzlichen Augenblick ablenkte. Ich nutzte das natürlich schamlos aus. Als sich Nummer drei nun mit der rechten Hand am blutenden Mund wieder mir zuwandte, trat ich ihn mit dem linken Fuß in den Bauch, wobei ich mit einer halben Körperdrehung für zusätzliche Power sorgte. Er klappte zusammen wie ein Taschenmesser. Es sah so aus, als ob er genug hätte, als sei er voll bedient. Ich war mir jedoch nicht ganz sicher. Also schmetterte ich ihm vorsichtshalber meine rechte Faust an die Rübe, direkt hinter sein linkes Ohr, nur um eventuellen Überraschungen vorzubeugen. Das Ergebnis beruhigte mich, jetzt war ich mir seiner sicher. Ich sah mich schnell um, aber die Auseinandersetzung war beendet. Die drei Herren waren friedlich und gaben keinen Muckser mehr von sich. Weitere Verfolger waren nicht aufgetaucht.
Das nackte Mädchen saß immer noch da, wo sie vor ein paar Augenblicken zu Boden gegangen war. Sie hatte den Oberkörper leicht aufgerichtet, die Beine aber immer noch gespreizt. Sie sah zu mir her, und erst so nach und nach dämmerte ihr langsam, daß sie nichts mehr zu befürchten hatte.
Ich ging auf sie zu. „Come on, let’s go! Here is nothing more to do“, sprach ich sie an. Aber sie reagierte nicht. Ich wollte gerade versuchen, ein paar französische Brocken zusammenzukratzen, als sie plötzlich ihre Beine anzog und sich aufrichtete. Sie war noch ganz zittrig, und ihre Beine trugen sie kaum. Aber sie fing sich zusehends.
,,Merci beaucoup! Thank you very much!“, brachte sie schwer atmend hervor.
„Come to my car!“, forderte ich sie auf und streckte ihr meine linke Hand entgegen. Ihre rechte war ganz kalt. Wahrscheinlich war ihr insgesamt kalt, und wahrscheinlich machte sich zu allem Überfluß jetzt auch noch der Schock und der überstandene Schrecken bemerkbar. Sie fing an, haltlos zu zittern. Ich dachte schon, sie würde mir jetzt zusammenbrechen und wußte nicht so recht, wie ich jetzt reagieren sollte. Die Umarmung eines fremden Mannes war vielleicht nach dem überstandenen Schrecken doch nicht gerade das, was sie wieder beruhigen würde. Ich wußte mir aber nicht anders zu helfen und umarmte sie deshalb trotzdem. Scheinbar tat ich das Richtige, denn sie drängte ihren nackten Körper an mich, umklammerte mich und fing an, haltlos zu schluchzen. Ich hatte schon bemerkt, daß sie nicht sehr groß war. Aber erst jetzt, als ich sie in meinen Armen hielt, registrierte ich, wie klein sie wirklich war. Sie war höchstens 1,60 Meter groß, dabei sehr schlank und zierlich.
Ich führte sie zu meinem Lincoln, öffnete ihr die Tür und setzte sie auf den Beifahrersitz. Zum Glück hatte ich meine Windjacke mitgenommen, die ich vom Rücksitz holte und ihr jetzt reichte. Sie zog sie auch sofort an. Die Jacke war ihr natürlich um etliche Nummern zu groß, und sie verschwand richtiggehend darin. Ich fuhr los, verließ die Golden Gate National Recreation Area und den Lincoln Park. Wir erreichten auch bald den Zubringer zum Highway.
„Wo wohnen Sie? Wohin soll ich Sie fahren?“, wollte ich von ihr wissen.
„Ich weiß nicht wohin. Ich bin heute erst in San Francisco angekommen und in der Jugendherberge abgestiegen. Aber dort kann ich nicht hingehen, denn die Kerle kennen die Adresse.“ Sie schniefte ganz undamenhaft.
Читать дальше